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Ad Her Dämonenbeschwörungen

aus nachtalmudischer Zeit

inschriftlich auf Thongefässen des Königlichen

Museums ın Berlin.

Herausgegeben, übersetzt und erklärt von

Rabbiner Dr. Josef Wohlstein

Schüttenhofen (Böhmen).

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Meinen teueren Eltern

in kindlicher Liebe

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Ueber einige aramäische Inschriften auf Thon- gefässen des Königliehen Museums zu Berlin. Von Jos. Wohlstein.

Einleitung.

Das Königliche Museum in Berlin hat im Jahre 1856 einige Schalen aus Bagdad, deren innere Flächen mit aramäischen Inschriften bedeckt sind, käuflich erworben. Den allgemeinen Inbalt derselben bilden Beschwörungen und Verwünschungen gegen Dämonen und böse Geister, die Krankheiten oder sonstige Uebel am Körper und im Hause verbreiten. Die Sprache und der Gedankengang ist im Wesentlichen in allen Inschriften gleich; die Form dagegen und die Ausdrucksweise, in welcher der verderb- lichen Thätigkeit der Dämonen Einhalt geboten wird, ist auf jedem Thongefässe eine andere; ebenso treten uns auf jeder Schale andere Engelnamen entgegen. Die Ver- schiedenheit der Engelnamen rührt offenbar daher, dass nach Ansicht der Kabbalisten die Herrschaft der Engel immer wechsle und man sich stets an denjenigen zu wenden habe, der in dem bestimmten Augenblicke Macht besitzt. Darin besteht das Mysterium der Kabbalah. Im Buche Raszel p. 4 werden diesbezügliche Belehrungen und Auskünfte erteilt.

Auf einigen dieser Gefässe werden die Dämonen im Namen Gottes und einer ganzen Reihe guter Engel be- schworen und aufgefordert, den Ort ihrer schädlichen

2 Jos. Wohlstein

Wirksamkeit sofort zu räumen, damit den Leiden und Qualen des Betroffenen ein Ende bereitet und ihm die er- sehnte Ruhe gegeben werde. In manchen Fällen scheint dies auch ohne Einfluss und Erwähnung geistiger Wesen geschehen zu sein. So findet sich auf zwei Schalen der lakonische Zuruf an die bösen Geister, sofort von einem gewissen Orte sich zu entfernen und zwar aus eigener Machtvollkommenheit; weder Gott noch Engel werden darin um Hilfe und Mitwirkung angerufen. Auf einer andern Schale wird dieses Ziel nicht durch einen Exorcis- mus der Geister zu erreichen gesucht, sondern durch die Lähmung ihrer Kraft und Fähigkeit Schaden zu thun und Unheil zu stiften. Es wird ihnen zugerufen: M»IHAN} PITDN „Seid gebunden und versiegelt!*, und durch diesen Zuruf des Beschwörens wird ihre fernere schädliche Thätigkeit für immer verhindert.

Es ist jedoch anzunehmen, dass diese Abweichungen nur zufälliger Natur sind und dass die Formeln sich ihrem Wesen und ihrem Zweck nach nicht von einander unter- scheiden. Eine Ausnahme davon bildet die Inschrift Nr. 2417, die keine Dämonenbeschwörung, sondern eine Bitte an die Geister gewisser Verstorbener enthält und wahrscheinlich einem besonderen Gebiete des Aberglaubens angehört, von welchem bis heute ein analoges Stück fehlt und, da das vorliegende zum Theil corrupt ist, uns eine volle Klarheit und ein volles Verständnis abgeht. Wir müssen uns darauf vertrösten, dass ein günstiger Zufall uns noch andere Stücke ähnlicher Tendenz zu Tage fördert.

Inschriften einiger Schalen ähnlichen Inhaltes wurden schon von mehreren Gelehrten publiziert und, da deren Zahl gering ist, will ich sie hier der Reihe nach anführen, was schon deshalb angezeigt erscheint, weil die betr. Ar- beiten sich in verschiedenen Zeitschriften und Werken zer- streut finden und nicht selbständig erschienen sind.

Die erste derartige Publication liegt vor in Lavarp's Discoveries, cap. XXI p. 5ı3 ff. Lavarp fand im Amran-

Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 3

Hügel unweit Hillah sowie an anderen Stellen im süd- lichen Babylonien mehrere Thongefässe, die sich jetzt im Besitze des British Museum befinden. Sie wurden von dem englischen Gelehrten Tmomas Eıriıs transskribiert und übersetzt, dessen Arbeit in das genannte Werk aufge- nommen wurde. Die älteste dieser Inschriften wurde später von M. A. Levy vielfach berichtigt und nach einer voll- ständig abweichenden Lesung des Textes, begleitet von einem ausführlichen Commentar, in ZDMG 1885, Bd. IX p. 465 veröffentlicht.

Chworson nahm in seinem Corpus inscriptionum He- bratcarum diese vier Inschriften wieder auf (die russische Ausgabe, welche 1884 in Petersburg erschien und in vielen Punkten von der deutschen abweicht, enthält deren fünf), machte dazu einige nicht unwesentliche Bemerkungen und behandelte dieselben ganz besonders von ihrer paläogra- phischen Seite. Die Einwürfe, die er an einzelnen Punkten gegen Levy und Har£vy erhebt, sind zweifellos berechtigt, wie man ihm auch in seinem strengen Urteil über die Iransskription Ropweır’s 7r. Soc. Bibl. Lit. II, p. 114 ff. vollständig beipflichten muss. Im Grossen und Ganzen jedoch ist seine Kritik der Leistungen Levy’s und Haıtvy’s (Comptes-rendus de P’Acad. d. Inscr. et B. L. 1877, P- 288 293) eine durchaus günstige. Hinzugefügt sei noch, dass von S. LAnpaver in den GGA 1882 eine Recension über das erwähnte Werk CHworson’s erschien, in welcher auch diese Inschriften kurz gestreift werden.

FHvvernart veröffentlichte in der ZK ll, p. 113— 148 die Inschrift einer Schale, die sich im Museum zu Cannes befindet; diese Arbeit wurde von NÖöLDERE und (GGRÜNBAUM ebendaselbst eingehend besprochen: PP- 295— 297, 217—30.

Die Inschrift einer Vase im Louvre wurde von Schwar in der Revue de l’Ass. 1885, p. 117 veröffentlicht und über- setzt; doch sind seine erläuternden Anmerkungen dazu nicht erschöpfend genug gehalten, und seine Uebersetzung ist an manchen Stellen offenbar unrichtig. 827 smawb

4 Jos. Wohlstein

heisst nicht »dans la grande mer«, was vollständig sinn- los wäre, sondern: „bei der grossen Beschwörung (möget ihr heiligen, reinen Engel zu meiner Rechten stehen !)*. Befremdend erscheint es auch, da das Amulet für eine weibliche Person geschrieben ist, die masc. Construction mn) yt2 darin zu finden.

Diese Inschriften sind sowohl in paläographischer als auch in religionsgeschichtlicher Hinsicht von grosser Wich- tigkeit. Ihr Wert wurde anfangs sogar überschätzt, in- dem Eırıs, dem das Verdienst gebührt, der Erste gewesen zu sein, der durch seine Publication die allgemeine Auf- merksamkeit auf diese Inschriften gelenkt hat, ihr Alter bis in das babylonische Exil hinauf versetzen wollte. Die Unhaltbarkeit und Uhnrichtigkeit dieser Ansicht ist aber heute schon allgemein anerkannt.

Der Versuch LENoRMmAnNT’s, Zssar etc. I, p. 272, diese Amulette auf den Talmud zurückzuführen, wurde durch CHwoLson, als ein auf Unkenntnis des Talmuds beruhender, als falsch und irrtümlich zurückgewiesen, jedoch mehr durch den Ton der Entschiedenheit als durch die Kraft der Beweisgründe. Dadurch erscheint es erklärlich, dass HyvvernArt trotz Cuworson’s Ausspruch LENoRMANnNT als volle Autorität anerkennt und die Behauptung desselben seinen Ausführungen in der Behandlung der von ihm veröffent- lichten Inschrift zu Grunde legt. Dieser Glaube an eine falsche Autorität wurde ihm von GRÜNBAUM a. a. O. zum Vorwurf gemacht. |

Es muss demnach zunächst zu der Frage Stellung genommen werden: Sind wir berechtigt anzunehmen, dass diese Inschriften Producte der talmudischen Hochschulen zu Babylon sind, wie LENoRMAnT will, oder haben die- selben mit dem Talmud nichts gemein, wie es die Ansicht CHwoLson’s ist?

Die Wahrheit liegt, wie in vielen andern Dingen, so auch hier in der Mitte. Dass in diesen Inschriften talmu-

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dische Anklänge vorhanden sind, lässt sich nicht bestreiten. Ich habe einige Stellen aus dem Talmud in den Commen- taren zu den Inschriften angeführt und sie mit den darin enthaltenen verglichen. Aus dieser Vergleichung ergiebt sich zuweilen unleugbar eine gewisse Verwandtschaft zwischen beiden. Andererseits wieder steht nicht minder fest, dass die wenigen im Talmud befindiichen Beschwö- rungsformeln (vgl. BREcHER, Das Transcendentale im Talmud Wien 1850, p. 195-203) so grundverschieden und abwei- chend von den vorliegenden sind, dass die Verschiedenheit ihres Ursprungs, die später genau angegeben werden soll, sich dem Leser in unzweifelhafter Weise aufdrängt. Wir stehen somit vor der Frage: Fliessen diese Formeln aus einer Quelle, woher dann diese auffällige Verschiedenheit; haben sie aber keinen gemeinsamen Ursprung, wie lässt sich die Ideenverwandtschaft in so vielen Punkten erklären? Bei der Beantwortung dieser Frage müssen zwei Factoren ins Auge gefasst werden: die Schreiber dieser Amulette und die Zeit ihrer Abfassung. Dass die Schreiber Juden waren, bedarf keiner ausführlichen Beweisführung. Es geht dies aus der Sprache, dem Gedankengange, sowie aus einzelnen spezifisch jüdischen Redewendungen mit un- zweideutiger Klarheit hervor. Solche sind z. B: v2 nbD TON S’OW, welche Formel sich dem Sinne nach bis auf den heutigen Tag erhalten hat in den Worten ıM'yD2 NYaw7 „mit Hilfe Gottes“, womit jede zu beginnende oder beendete Thätigkeit begleitet wird. Auch das Wort sine als Bezeichnung für Gott ist echt jüdisch. Hier, wo sich eine Handlung von solcher Tragweite wie die Heilung eines Menschen vorbereitet, wird der Ausdruck auch dem- entsprechend verstärkt: .... »mN2. In einer Inschrift wird sogar ausdrücklich gesagt: Inner nos Denn.

Was nun den zweiten Punkt, die Abfassungszeit be- trifft, so handelt es sich nicht um die genaue Angabe eines bestimmten Datums, sondern lediglich um die F eststellung dessen, dass diese Texte nach Abschluss des Talmud ge-

6 Jos. Wohlstein

schrieben wurden, wofür namentlich paläographische Gründe sprechen; siehe NÖLDERE a.a. O.

Steht dies einmal fest, so kann es uns nicht befremden, in diesen Inschriften, obgleich sie nicht unmittelbar mit dem Jalmud im Zusammenhange stehen, talmudische An- klänge zu finden, da ja die Schreiber, wie erwähnt, Juden waren und bei diesen eine Vertrautheit mit dem nationalen Litteraturwerke von vornherein zu erwarten ist, sowie auch, dass sie ihre diesbezüglichen Kenntnisse bei ihren magischen Kuren zu verwerten strebten.

Damit hat auch die zweite Frage, wie sich der Wider- spruch in der Ideenverwandtschaft mit dem Talmud einer- seits, in der Abweichung von demselben andrerseits er- klären lasse, schon viel von ihrer Schärfe verloren, da ihre Spitze sich nicht mehr gegen den Talmud selbst, sondern gegen eine gewisse Klasse von Menschen richtet, die, ob- gleich sie in manchen Punkten eine Abhängigkeit von jenem bekunden, in andern sehr wohl von ihm abweichen konnten.

Unsere Texte unterscheiden sich der Form nach von den talmudischen Beschwörungsformeln: diese sind in la- pidarischer Kürze abgefasst, jene haben das Streben nach einer gewissen Weitschweifigkeit und Häufung von Sy- nonymen, welche oft erkünstelt und sehr weit hergeholt sind. Ein weiterer ganz charakteristischer Unterschied ist, dass in unseren Inschriften der Zweck, dem sie dienen sollen, wie auch ihr Inhalt dem Leser in einer leichtver- ständlichen Sprache mitgeteilt werden. Es werden ihm gleichsam der Weg und die Mittel gezeigt, durch welche die zu erstrebende Heilung vollzogen wird.

Besonders scharf springt der Unterschied in materieller Hinsicht in die Augen. In den Amuletten wird ein ganz neues Heilverfahren in Anwendung gebracht, in den tal- mudischen Formeln dagegen liegt die Heilkraft, die magi- sche Wirkung in ihnen selbst: man braucht nur einen gewissen Spruch, bestimmte Worte auszusprechen oder

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niederzuschreiben, und das Ziel ist erreicht, die Wirkung tritt von selbst ein. Hier dagegen werden die guten Geister zum Kampfe gegen die Dämonen angerufen und aufgefordert, sie zu vertreiben oder zu vernichten. Wohl findet sich auch im Talmud eine Stelle, dass die guten Engel ein Mittel anwandten, um die bösen Engel in der Ausführung ihrer bösen Absicht zu verhindern, Sabzssas aber dort geschah dies nicht durch Intervention und Ver- mittlung menschlicher Wesen, sondern einzig und allein auf den ausdrücklichen Befehl Gottes. Dieser Umstand führte mit logischer Notwendigkeit zu einer Bereicherung der Angelologie durch Bildung neuer Engelnamen, da mit jedem neueintretenden Falle auch dementsprechende Geister in Wirksamkeit treten mussten, sowie auch zu einem Wachsen der Autorität der Amulettenschreiber, indem bei ihnen eine Vertrautheit mit der Geisterwelt vorausgesetzt werden musste.

Diese Unterscheidungsmerkmale führen uns von selbst zu der Quelle dieser Texte, dem Mandaismus. Das Volk der Mandäer hatte eine stark ausgebildete Dämonologie, die in seinen heiligen Schriften, wie in denen des Parsis- mus, einen breiten Raum einnimmt. Sie sind im Besitze eines Iraktates, der ausdrücklich Anweisungen zur ÄAb- wehr von allerlei Krankheiten und Unfällen, welche die bösen Geister herbeiführen, erteilt; s. den Artikel Mandäer von Kessrer in Herzoc-PLitr Bd. IX, p. 207.

Wenn wir bedenken, dass die Sprache des babyloni- schen lalmuds mit der der Mandäer grammatisch und lexikalisch sehr nahe verwandt ist (vgl. NöLDERE, Mand. Gr. p. V), so erkennen wir schon daraus die nahen Be- ziehungen beider Völker zu einander, und es ist selbst- verständlich, dass unter solchen Verhältnissen ein Einfluss wenigstens auf gewisse Kreise sich geltend machen musste und zwar von beiden Seiten aus. Die jüdischen Bestand- teile im Mandaismus hat bereits Branpr, Die mandäische Religion 3 69—74 behandelt. Ich möchte seinen Ausfüh-

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rungen noch folgendes hinzufügen. Die mandäische An- schauung von den 0% N'PYEN, Wasserbächen, die sich der Seele als letztes Hindernis auf ihrem Wege in das Haus des Lebens entgegenstellen, deren Ursprung bis heute noch nicht klar und bestimmt erkannt ist, dürfte vielleicht mit einer Stelle im Talmud im Zusammenhange stehen. Diese knüpft an ı 32 an: ny» N on 52 bban'. nt Sy YyN v5 Ybbs 0999 D% ala P7 012. Hierzu bemerkt nun der Talmud Ber. 8b, sin nyb sei der Tag des Todes. Einen Sinn erhalten diese Worte erst dann, wenn wir die mandäische Anschauung voraussetzen. Noch eine andere Stelle ist nach dieser Seite hin beachtenswert. In einem Liede, das aller Wahrscheinlichkeit nach zur Totenliturgie der Mandäer gehört, wird der Seele auf dem Wege zur Lichtwelt Trost und Mut zugesprochen mit den Worten: 78N1280) PT TSINDIPN TON u. s. w. „dein Lohn, deine Thaten, deine Gerechtigkeit und dein gutes Handeln (werden dich dahin geleiten)*. Der Ge- danke, dass die guten Werke als Begleiter mit der Seele ziehen, findet sich auch im Talmud (Abdoth 6): Nnyw2 Day [npme] sas Int so ND> SD DANS TNDD TR DIN SW InIOB ana a3 |

Die Gleichheit der Anschauung und der Ausdrucks- weise nötigt uns, an eine gewisse Abhängigkeit zu denken. Dazu tritt nun noch die Wahrnehmung, dass die Methode, die bei der Bildung von Engelnamen befolgt wurde, im Mandaismus und im Talmud die gleiche gewesen ist. Als Beleg hierfür dürften folgende Beispiele genügen: Die Worte 8”N)Y und 8% bedeuten nichts weiter als: „Reich- tum“, „Glanz“. Da nun beide Dinge dem Menschen be- gehrenswert erscheinen und der Besitz derselben als ein hohes Glück gedacht wird, so wurden diese Worte zu nomina propria guter Greister.

Ganz in derselben Weise verfährt der Talmud: saw, das einfache Wort „Flamme* wurde ohne Weiteres zum nomen proprium eines Dämons, des Dämons der Schmiede

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gemacht,'‘) und das Wort 72 „rein“ wurde in den Rang eines Geisterfürsten erhoben, der den unwürdigen (rebrauch von Speisen mit bitterer Armut ahndet: /es. p.ıııb. Es tritt uns somit hier eine Erscheinung entgegen wie bei den Juden während des babylonischen Exils, die That- sache nämlich, dass die Juden ihre Bekanntschaft mit den Engelnamen den alten Chaldäern verdanken, wie es in der oft zitierten Stelle im Talmud ausdrücklich und un- umwunden ausgesprochen wird: np D’WANM Dianbur ninw 532% Onny Talm. Jerus. Rosch haschschanah 1, 4; Genesis rabbah c. 48, jedoch mit dem Unterschied, dass hier den Greistern ein spezifisch-jüdisches Gepräge aufgedrückt wurde, um durch die Namensprägung ihren Ursprung vollständig: zu verwischen, was eine Folge des erstarkten National- gefühls ist, das durch die ausgedehnte Lehrthätigkeit der babylonischen Hochschulen erweckt worden war und stets neue Impulse erhielt. Dies dürfte auch den Hauptgrund für die Schreiber gebildet haben, aus ihrem nationalen Litteraturwerke Einzelnes herauszugreifen und talmudische und mandäische Gedanken mit einander zu einem harmo- nischen Ganzen zu verschmelzen. Damit wurde in der Kunst der Dämonenbeschwörung, die, wie aus den In- schriften hervorgeht, einen wichtigen Zweig damaliger Heilwissenschaft bildete, ein neuer Weg eingeschlagen. Es trat eine Umwälzung und Neugestaltung in der etwa bis dahin üblich gewesenen Amulettenschreiberei ein. Sie wurden von nun an weder nach den Mustern im Talmud noch nach denen der Mandäer allein abgefasst, sondern es wurde eine ganz neue Form herausgebildet, die das Gute beider vereinigte, also eine Art Eklekticismus geübt. Diese innere Reform musste natürlich nach Aussen hin, auf die Verhältnisse derjenigen Kreise, in welchen dieser Zweig des Aberglaubens gepflegt wurde und Lebensberuf

I) Siehe jedoch BAETHGEN, Beiträge zur semitischen Religionsgeschichte,

Berlin 1888, p. 50, der das Wort auf den Namen der phöniz. Gottheit ala zurückführen will.

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war, eine tiefgehende Wirkung ausüben. Diese Wissen- schaft wird wohl bis dahin, das lässt sich mit einiger Sicherheit annehmen, nicht das Ansehen einer esoterischen, geheimnisvollen genossen haben. Es hat auch keine be- sonderen Schulen gegeben, in denen man darin eingeweiht und ausgebildet wurde, da besondere Vorkenntnisse hierzu nicht erforderlich waren. Bei einiger Vertrautheit mit dem Talmud war es jedem Einzelnen ermöglicht, im Bedürfnis- falle die betreffenden Stellen zum Gebrauche abzuschreiben. Mehr brauchte er nicht und konnte ihm auch von anderer Seite nicht geboten werden, da den Juden ausser dem Talmud keine anderen Quellen zu Gebote standen.

Mit dem Momente aber, wo die Dämonen nicht mehr durch einen magischen Spruch allein bekämpft und ver- drängt werden konnten, sondern hierzu die Mitwirkung zahlloser Engelklassen erforderlich war, wurde die Kunst, sie zu beschwören, in den Rang einer esoterischen Wissen- schaft erhoben, die einigen Auserwählten den Blick in die innere Oekonomie des Himmels gewährte Es ergab sich von selbst die Notwendigkeit, Schulen zu bilden, in denen jene immer mehr erweitert und fruchtbar gemacht werde.

Hier haben wir meines Erachtens die ersten Keime und Anfänge der späteren Kabbalah zu suchen, deren Wiege ohne Zweifel in Babylon gestanden hat. Ist doch die künstliche Construktion von Engelnamen mit Hilfe des Wortes 58, die in unsern Inschriften eine so wesentliche Rolle spielt für die der schon Dan. capp. 8. 16. 9. 21 genannte Engelname Gabriel vorbildlich gewesen sein dürfte ein hervorragend charakteristisches Specificum der Kabbalah. Hiezu kommt der Umstand, dass die eine der zehn Sephiroth, die NNEN, dem 827 0718 der Mandäer entspricht, und ferner, dass wir in der Bezeichnung des Mittlers bei den Mandäern (N'%0D78D NT2N2) und in der Kabbalah (}%7p DS) eine fast wörtliche Uebereinstimmung gewahren.

Was nun die Bildung der Engelnamen betrifft, so

Ueber einige aram, Inschriften auf Thongefässen, I

weichen unsere Inschriften in der Methode sowohl von der des Talmud als auch der des Mandaismus ab, während die beiden letzteren darin vollkommen miteinander über- einstimmen (vgl. oben S. 8). Wir können daher mit einiger Berechtigung die Kabbalah als eine Weiterent- wicklung des in diesen Inschriften keimartig enthaltenen Ideen- und Vorstellungskreises betrachten. Wenn auch die Kabbalah im Laufe der Zeit die Beschäftigung mit metaphysischen Problemen mit in den Kreis ihrer Be- trachtung zog und zu einer Art Religionsphilosophie wurde, so hat sie doch trotz des hohen Aufschwunges, den sie später genommen hat, trotz der weiten Entfernung von ihrem Ursprunge, einen erkennbaren verwandten Zug mit jenen beibehalten. Schon Reuss macht (Artikel Kabdalah bei Hzrzoc-PLiTT) die richtige Bemerkung, „dass praktischer Aberglaube, Beschwörung, Magie mit in die Geschichte der Kabbalah hineingezogen werden dürfen‘. Die rich- tige Auffassung des Entwicklungsbegriffes als eines Auf- steigens vom Niederen zum Höheren erfordert es anzu- nehmen, dass dies in ihren ersten Anfängen geschah. Bekanntlich zerfällt die Kabbalah in eine theoretische und eine praktische; die letztere würde mithin die Grundlage und den Ausgangspunkt der ersteren bilden.

Damit stimmt die Thatsache überein, dass wir in der Geschichte der jüdischen Litteratur zuerst der praktischen Kabbalah begegnen, und zwar ist R. Hai Gaon der erste, der ihrer Erwähnung thut (vgl. Orient. Litteraturblati 1845, p- 195). Ich begnüge mich mit dieser kurzen Andeutung und beschränkte mich auch auf den Hinweis weniger Bei- spiele, die sich bei einer eingehenden Vergleichung zwischen dem Mandaismus und der Kabbalah zweifellos bedeutend vermehren liessen, da hier nicht der Ort ist, diesen Punkt erschöpfend zu behandeln. Für meinen Zweck genügt es, die Aufmerksamkeit der Fachgelehrten darauf hingelenkt zu haben, und ich stelle es ihrem Urteile anheim, ob da- durch in das Dunkel der Entstehungsgeschichte dieser

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Greheimwissenschaft einiges Licht fällt. Nur einen Punkt möchte ich noch berühren, der für den Entwicklungsgang der Kabbalah von Interesse ist, dass nämlich statt der in den folgenden Texten so häufig gebrauchten Worte ea mn in der späteren Kabbalah 'IsDp m auftritt. Dieser Namenswechsel ist recht bezeichnend. Es ist darin offenbar das Bestreben zu erkennen, den Ursprung der Dämonen, dessen Spuren in dem Namen „böse Geister“ deutlich zu erkennen ist und dessen Entstehen nur im Parsismus und mittelbar im Mandaismus erklärlich ist, zu verwischen.

Soviel über den Inhalt dieser Inschriften, die Schreiber und die Zeit ihrer Abfassung und deren mögliche Ver- wertung zur Aufhellung eines dunklen Punktes auf dem Grebiete der Religionsgeschichte der Kabbalah!

Es erübrigt noch eine Frage, die mehr mit Hilfe der Phantasie als des Verstandes beantwortet wurde, woraus sich die Menge von Antworten erklärt, die sie von den verschiedensten Seiten erfahren hat, ohne jedoch bisher befriedigend beantwortet zu sein, die Frage nämlich, welchem Zwecke eigentlich die Schalen dienten. Darauf wurde entgegnet, dass Wasser oder eine andere Flüssig- keit hineingeschüttet wurde, um von dem Patienten ge- trunken zu werden (Lavarvp, Nineveh and Babylon p. 511). Die Widerlegung dieser Ansicht bieten die Inschriften selbst und deren Deutlichkeit und Lesbarkeit, die unmög- lich in dem Grade vorhanden sein könnten, wenn die Schalen zu einem derartigen Gebrauche gedient hätten; die Buchstaben müssten in diesem Falle verlöscht und ver- wischt sein und würden keinesfalls ausgenommen, wir wir glaubten selbst an die Zauberkraft dieser Amulette so frisch und unversehrt erhalten geblieben sein. LAvArD, der die Haltlosigkeit dieser Hypothese nachwies, gelang es nicht, eine bessere an ihre Stelle zu setzen. Denn diese Amulette mit Ausnahme von Nr. 2414, wofür die Ansicht Lavarp’s zutrifft, das aber auch in eine ganz andere Kate-

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gorie gestellt werden muss und mit den andern Amuletten offenbar nichts gemein hat, bezeichnen sich selber als NMIDN „Heilmittel“, auch werden darin einzelne Krank- heiten namhaft gemacht, gegen welche sie angewandt werden sollen. Damit aber fällt die Annahme, wonach sie Zaubermittel wären, die dem Toten mitgegeben wurden. Ebensowenig befriedigt aber auch die von M. A. Levy aufgestellte Vermutung, dass diese Inschriften blos den allgemeinen Zweck gehabt haben, die Dämonen aus dem Hause zu bannen. Denn damit ist die eigentliche Frage noch immer nicht gelöst. Hätte das blosse Nieder- schreiben der Formel schon genügt, um den beabsichtigten Zweck auch wirklich zu erreichen, so erscheint es uns um so unbegreiflicher, warum hierzu eine Schale gewählt werden sollte, die beim Schreiben gar keine Vorteile, sondern im Gegentheil erhebliche Schwierigkeiten bietet. Auch von Hyvernxart a.a. O. wird zur Lösung dieser Frage ein Versuch gewagt, aber als verfehlt wiederum aufge- geben.

Die Erfolglosigkeit aller bisherigen Versuche erklärt sich daraus, dass die Lösung der Frage auf subjectivem Wege gesucht wurde, während doch auf eine solche Frage nur die Quellen selbst Antwort geben können. Wenn uns nun auch keine solchen aus jener Zeit zu Gebote stehen, so sind doch in der Kabbalah nebst vielem Neuen auch einige Reste sehr alten Aberglaubens erhalten geblieben, die uns über manches Dunkle und Rätselhafte Aufschluss zu geben vermögen. So findet sich im Buche Raszel, eines freilich nicht sehr alten kabbalistischen Werkes, eine Stelle, die auf obige Frage eine einigermassen befriedigende Ant- wort zu geben vermag. Kein Zauberwerk, heisst es dort P- 32, kann ohne Zuhilfenahme eines Gefässes vollbracht werden. Begründet wird dieser Satz allerdings sehır schwach und zwar mit dem Hinweise auf den Vers „37 on 2y buy 2277 Jesaia XIX, ı, in welchem das Wort 37 dem Zahlenwerte des Wortes '53 entspricht. Diese

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Motivierung ist freilich jüngeren Ursprungs und hat das echte Gepräge der späteren kabbalistischen Methode. Dies hindert uns jedoch nicht anzunehmen, dass die Anschau- ung selbst älteren Ursprungs ist, und es ist nicht unwahr- scheinlich, dass dies der Grund gewesen, der die Exor- zisten bestimmte, um dem Zauberbann wirksam zu be- gegnen, dieses Merkmal zu wählen und ihre Exorzismen auf Schalen niederzuschreiben. Etwas Bestimmtes lässt sich aber hierüber nicht sagen.

In Bezug auf das Alter dieser Inschriften ist bereits erwähnt, dass sie alle der gleichen Zeit und zwar wahr- scheinlich dem siebten Jahrhundert angehören. Das Ar- gument, welches von Erris ins Treffen geführt wurde, um denselben ein recht hohes Alter beizulegen, weil sie näm- lich ohne Punktation geschrieben sind, bedurfte kaum einer Widerlegung, wie der M. A. Levy’s a.a. O. p. 474, da es ja allgemein bekannt ist, dass „die Gewohnheit ohne Vokalzeichen zu schreiben sich bis auf den heutigen lag bei den Juden erhalten hat“. Dieser Einwand fällt jedoch weg, wenn darauf hingewiesen wird, dass Worte wie mmw2 nach 3, N257NN nach dem ersten N matres lec- tionis haben. Denn es lässt sich wohl annehmen, dass von der Zeit an, wo die Vokalzeichen eingeführt wurden, diese Schreibung aufhörte und gänzlich ausser Grebrauch kam, gleichviel ob das betreffende Schriftstück mit oder ohne Punktation geschrieben war. Doch ist diese An- nahme viel zu unsicher, um darauf eine feste Behauptung stützen zu können. Auch der Umstand, dass das D in der talmudischen Zeit dieselbe Form hatte wie in diesen In- schriften, ist für ihre Zeitbestimmung nur von problema- tischem Werte. Die Stelle, aus welcher dies hervorgeht, lautet im Talmud, Sabd. 1oga: MT MEN ID NHYD 'ND van „Weshalb ist die Vorderseite des Koph abgewandt vom Resch?‘ Diese Frage ist nur dann verständlich, wenn die Form des Buchstabens in der talmudischen Zeit diejenige war, welche wir in unseren Inschriften vorfinden.

Ueber einige aram, Inschriften auf Thongefässen. 15

Doch wer vermöchte die genaue Zeitgrenze beider Formen anzugeben? Jedenfalls dürfen wir die Abfassung der In- schriften nicht weit vom Abschlusse des Talmud entfernen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass in der talmudischen Zeit zweierlei Formen des N im Gebrauche waren, eine, mit Inkem offenem Fuss und eine, in welcher der linke Fuss bis zur Horizontallinie emporragt; letztere wurde stets von den DWPYT, den sorgfältigen Schreibern ge- braucht (Menachoth 29b). Der Umstand, dass diese Form auch in unseren Inschriften erscheint, lässt sich vielleicht als Zeichen für die Correktheit und Sorgfalt, welche die Schreiber bei ihrer Thätigkeit beobachteten, anführen, wo- durch einerseits ihr paläographischer Wert wesentlich er- höht wird und wir andrerseits in der Annahme der oben gegebenen Zeitbestimmung bestärkt werden.

Was die Anordnung der folgenden Texte betrifft, so habe ich mich nicht von einem bestimmten Prinzip leiten lassen können, da die Inschriften aller Wahrscheinlichkeit nach gleichzeitig sind, demnach eine chronologische Auf- einanderfolge ausgeschlossen ist, und da auch ihr Inhalt im Wesentlichen der gleiche ist, mit Ausnahme von Nr. 2417, das, wie bereits bemerkt, eine ganz isolierte Stellung ein- nimmt und daher an’s Ende gesetzt wurde. Die Nummern an der Spitze der Texte beziehen sich auf die Signaturen des Königlichen Museums.

Herrn Greheimerat Prof. Dr. Sacnau erlaube ich mir auch an dieser Stelle meinen aufrichtigen Dank für die vielfache Anregung auszusprechen, die er dieser meiner Erstlingsarbeit hat zu Theil werden lassen.

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Nr. 2422.

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Ueber einige aram, Inschriften auf Thongefässen, 17

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Anmerkungen zum Originaltexte.

ı) Wird wohl so genannt im Gegensatz zu einem rationellen Heilmittel, da hier die Heilung der Krankheit nicht auf natürlichem Wege, sondern durch die Thätigkeit himmlischer Mächte erwartet wird. Es wird diese Voraus- setzung und Versicherung sogar notwendig, da der Volks- glaube bekanntlich an allen Orten einen Unterschied zwischen Beschwörungen und Heilungen durch die Ver- mittlung und Mitwirkung heiliger und unheiliger Mächte machte. Letztere werden im Talmud 78»107 nnWw ge- nannt. Auch Paracelsus äussert sich in ähnlichem Sinne: „Dieweil aber sie selbst nit sondern ihre Amptleut den stand vertraten, da erfuhr ich, dasz derselbigen Artzney nicht himmelisch sondern Bübisch war‘; Grosse Wund- artzney 1ll Teil fol. ı7. Für die Talmudstelle s. Sanh. gıa (die Geschenke Abraham's).

2) Die Buchstaben 7 und 7 sind durch Verlängerung der Horizontallinie mit einander verbunden.

3) Dieses Wort ist wahrscheinlich eine Verschreibung des nächstfolgenden.

4) Die mandäische Theologie kennt eine ganze Reihe von Wesen, die böse sind von Anfang bis in Ewigkeit, darunter auch die s’@'n. Den Ursprung dieses Wortes erklärt NorLbek£e, Mand. Gr. S.76 Anm. ı folgendermassen:

18 Jos. Wohlstein

„Die Mandäer sehen die Zauberwirkung gewisser Gegen- stände in den sie bewohnenden Dämonen und benennen diese gradezu mit dem Namen jener; so brauchen sie NN2Yy „Altäre* ... und 8Din... „Kügelchen, Wirbel“ ... als Namen gewisser böser Geister.“

5) Dieses Wort in der Bedeutung „Fürst“ begegnet uns auch im Talmud Zes. ıııa: HT ID.

6) Unter 300 wird gewöhnlich die verführerische Macht verstanden, die den Menschen zur Sünde verleitet. Es verbindet sich mit diesem Worte aber auch der Begriff eines quälenden Plagegeistes; s. DirrLmann, Commentar zum Buche Henoch, Leipzig 1853, p. 147. Im Buche Iob wird die Wirksamkeit des Satans nach beiden Seiten hin dargestellt. Dass dieses Wort, wenigstens in der Bibel und ursprünglich, keine Nachbildung des persischen Ahri- man ist, beweist Reuss, Geschichte des Alten Testaments ze M0l., D: 497.

7) Der vorletzte Buchstabe dieses Wortes ist nicht deutlich geschrieben und hat durchaus keine Aehnlichkeit mit 7, vielmehr mit N, was aber keinen Sinn geben würde.

8) Fehlt das vw.

9) Nach Frazrnker (W.Z. f. d.K.M. 1893, p. 79) ist dieses Wort 72127 zu lesen, was auch mir wahrschein- licher erscheint. Vgl. unten die Inschrift Nr. 2410.

10) FRAENKEL a. a. O. liest dieses Wort: pm. Gegen die Richtigkeit dieser Lesung ist jedoch einzuwenden, dass das 3 in dieser Inschrift gar keinen Kopf hat, während hier der zweite Buchstabe oben eine horizontale Linie hat; die Form desselben ist ungefähr diese: pP, und es hat den Anschein, als hätte der Schreiber ein > durchgestrichen. Auch kann ich den letzten Buchstaben nicht für 7 halten, weil dieser ebenfalls in dieser Inschrift eine andere Form hat; vielmehr ist hier [7 und ‘]) die aram. Pluralendung zusammengezogen genau wie im Worte 7'DN vor WIN By

Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 19

ır) Zwischen ' und 7 fehlen ein oder zwei Buchstaben.

ı2) Ueber die Lesung dieser schwierigen Stelle siehe unten S. 338.

ı3) Hier fehlen zwei oder drei Buchstaben. Möglich ist zu lesen: NIS} un» mn „der Geist des Todes und des Fluches“. Letzteres Wort findet sich auch in der Inschrift Nr. 2426.

ı4) Das 3 fehlt.

ı5) An dieser Stelle folgt dem 2 als Hilfsvokal ein , in dem darauffolgenden Worte mw aber fehlt ein solcher. Es scheint, als genüge es den Schreibern, die richtige Lesung eines Wortes durch Setzung einer zmater lectionts ein für allemal anzudeuten.

ı6) Vor dem 7 ist ein Tintenfleck, wodurch dieser Buchstabe die Form eines Ö erhält. Doch wird die Richtig- keit der Lesung durch das vorhergehende YPNWT sowie auch durch den Zusammenhang bestätigt.

17) Fehlen ungefähr drei Buchstaben, möglicher Weise 107, das dem Worte In>% entspräche.

18) DW heisst im Mandäischen „Name“. Ebenso im Targum und Talmud; s. Giztin 79b: mww mabn Dieb ana MIN.

19) Dieses Wort ist wahrscheinlich "272% zu lesen und vom Stamme "> „umgeben“ abzuleiten.

20) Der Text gestattet die Lesung: DOWN HDD wären diese Worte: „heile und lindere (beruhige)* zu übersetzen.

21) Hier fehlen einige Buchstaben; wahrscheinlich lautete die Stelle: 985 In.

Uebersetzung.

In deinem Namen!) mache ich ein himmlisches Heil- mittel?) dem Achdebuj3), dem Sohne der Achathabu aus Dajthos!) mit dem Erbarmen des Himmels. Amen, Amen, Selah. Gebunden, gebunden, gebunden sollen sein alle

20 Jos. Wohlstein

männlichen Gespenster), und die weiblichen Istharten und die bösen Geister, Mächte der Widersetzlichkeit, die Fürsten des Versammlungshauses°), die Satane alle, von West und Ost, von Nord und Süd. Gebunden, gebunden sollen sein alle bösen Zauberer’) und alle, die Gewaltthaten verüben 8 Grebunden und versiegelt®) alle Verbannungen'°) und Ver- fuchungen, Beschwörungen'') und Verwünschungen. Ge- bunden seien die Engel des Zornes'?), die Engel des Ver- sammlungshauses und des Irrtums, ihr alle, die gewaltigen Fürsten und die harten Fürsten, die zahllosen Krankheiten und Leiden’), der Abscess*), die Hautflechte, die Meta- morphose'5), die Krätze, ....., der Ausschlag, schlechte Flüssigkeit, eiternde Brandwunden und die Flut, die fliesst aus dem . .?'°) in den Körper'’), der Geist der Gräber- stätte, der Geist der Toten, der Geist der Krankheiten und der Gespenster, der Geist der Gespenster und der

Gebunden und versiegelt sollet ihr alle sein vor Achdebuj, Sohn Achathabu’s. Gehet und entfernet euch auf Berge und Höhen und auf das unreine Vieh'®)! Wenn ihr am ersten des Nissan'®) kommet, gehet weg von Achdebuj, Sohn Achathabu’s im Namen Gabriels, der ge- nannt wird Elpassas”), und im Namen des Michael, der genannt wird Demuthja, und im Namen Elbenmez und im Namen Elbabaz. Beim grossen Kidron‘) und Man Amen. Die Fliegen des Brandes...) dass sie ihn nicht umgeben, und wenn sie ihn umgeben, sei dieses heilsame Werk, dieser Anblick eine Heilung und Beruhigung; verschaffet Ruhe dem Achdebuj, Sohn Achathabu’s von allen Bann- flüchen, Verfluchungen, Beschwörungen und Verwünsch- ungen, von Aussatz und von allem Bösen! Amen, Amen, Selah.

Commentar.

ı) Eine Anrufung Gottes, in dessen Namen und mit dessen Beistand der Schreiber den Akt der Geisterbeschwö- rung vornehmen will. Dieselbe feierliche Einleitung findet sich auch auf einer anderen Schale (Nr. 2434) mit reinem

Ueber einige aram, Inschriften auf Thongefässen. 21

und deutlichem Schriftcharakter, die aber nur als Bruch- stück erhalten ist.

2) Cuworson, Corpus inscrr. Hebrr. will in diesem Aus- druck, der das unmittelbare Eingreifen himmlischer Mächte bedeutet, heidnischen Ursprung erkennen. Doch s. oben Ber alt.

3) Ein in Babylonien sehr gebräuchlicher Name. Es werden auch einige Gresetzeslehrer im babylonischen Tal- mud so genannt: Chullin ı1ı3b u. a. a. OÖ. Der Sinn ist offenbar: „der Bruder seines Vaters*, 7287 MS, während der zweite, ein Frauenname, die „Schwester des Vaters“ bedeutet.

4) Dieses Wort kann wohl ein nomen gent. bilden. Es ist jedoch viel wahrscheinlicher, dass es ‘DN‘57 zu lesen ist. In diesem Falle muss diese Stelle „der geheilt werden möge mit der Barmherzigkeit Gottes“ u.s. w. übersetzt werden. Dieselbe Formel findet sich auch in der Inschrift Nr. 2426: now wrnn2 »DN’>= und bildet den Schluss eines dem Beschwörungsakte vorangehenden Monologes.

5) Im Syrischen hat dieses Wort die Bedeutung „G@ötze“, und es ist genügend bekannt, dass eine grosse Anzahl von Dämonennamen ursprünglich einen derartigen Sinn hatte. Die, welche einst als Götter verehrt und an- gebetet wurden, sind später zu verderbenbringenden Mächten, zu Dämonen degradiert worden: Baruch IV, 7; _XX zu Deuteronomium 32, ı7 und Psalm 06, So rln diesem Sinne hat die Sage von den gefallenen Engeln ihre volle Berechtigung. Die Worte 727 'ı>2'N5 finden wir auf der Inschrift einer Schale, die Cuworson a.a.O. p- 1IO anführt. Er deutet sie dort, von "nd „zerstören“, als „zerstörend wirkende Dämonen‘, ÖSNAMD’YS; doch ist die Annahme viel wahrscheinlicher, dass dieser Dämon mit der altbabylonischen Gottheit der Isthar identisch ist.

6) Wie weiter unten ersichtlich, ist diese Beschwörung zur Heilung eines mit dem Aussatze Behafteten angefertigt

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worden. Die epidemische Wirkung dieser im Orient mit furchtbarer Gewalt und verheerender Kraft auftretenden Krankheit zeigte sich am stärksten in Räumen, die zu Öffentlichen Versammlungen dienten. An solchen Orten hielt sie eine nur allzu reiche Ernte und verbreitete sich oft durch Ansteckung auf den grössten Teil der An- wesenden. Daher die Annahme, dass es besondere Mächte seien, die an diesen Orten eine unheilvolle, verderben- bringende Herrschaft ausüben. Ebenso legen die Chaldäer gewissen Winden, deren glühender und ungesunder Hauch in Verbindung mit den besonderen klimatischen Verhält- nissen Chaldäa’s die Entwicklung und Verbreitung vieler Krankheiten begünstigte, Geister bei, die sie ‚an sich selbst böse Geister“ nennen; s. LENORMANT a.a. O. 93% Diese Annahme verliert aber durch das folgende sM1yV) an Wahrscheinlichkeit; denn statt dessen wäre 285%) NMYOT zu erwarten, da dieses Wort ein selbständiges, von dem vorhergenannten völlig getrenntes und unab- hängiges Gebiet ausdrückt. Es ist daher wahrscheinlich, dass ein Schreibfehler vorliegt: der erste Buchstabe ist nicht ein Waw copulativum, sondern ein Daleth genetivi. Dazu ist zu bemerken, dass im Mandäischen 878, das unserem Worte entspricht, „Götze“ bedeutet (NOELDEKE a.a. OÖ. p. 145). Der Sinn der Stelle wäre demnach: „Die Engel des Versammlungshauses des Götzen“, womit die heidnischen Tempel gemeint sind. In der Uebersetzung hielt ich mich an den Originaltext.

7) Oder auch deren schädliche Wirkungen. Auch in den ältesten Beschwörungsformeln der Chaldäer, die in akkadischer Sprache abgefasst sind, werden Zaubereien gleichzeitig mit den Dämonen und Krankheiten genannt; es werden entweder die Zauberer selbst oder deren Wir- kungen verbannt (LEnoRMANT, Magte p. 69).

8) Die Werke der Zauberei und der Schwarzkunst werden von den Chaldäern unter andern verächtlichen Bezeichnungen auch „das Gewaltsame“ genannt (LENORMANT

Ueber einige aram, Inschriften auf Thongefässen. 25 ib. p. 79). Demselben Ausdrucke begegnen wir im Buche Henoch; s. DıLımann, Commentar cap. 15 V.II.

Die Worte ‘29% und wm kommen in diesen In- schriften noch mehrmals vor: Beide zusammen: Nr. 2416, Z2. ı0. 12. ı8; wAn allein ibid. Z. ı; wann und T721Y ibid. Z. 20 und 30; einmal kommt 'wn mit ’ı2P vor. Es lässt sich jedoch aus den angeführten Stellen nicht mit Sicher- heit feststellen, ob sie im konkreten oder abstrakten Sinne zu nehmen sind. In Nr. 2416, Z. ı, wo 'wn allein steht, ist es unzweifelhaft ein Abstraktum, doch weiss ich nicht, welche Form das sein sollte. Bei "21% könnte man an ein Part. pass. Pael denken. Dagegen würde das Wort als Konkretum gefasst Schwierigkeiten machen.

9) Diese Phrase ist mandäischen Ursprungs und findet sich im Oolasta (Stuttgart 1867) 16, 9: NA’AM STDY SNNAWI von. Dass die Dämonen durch Versiegelung unschädlich gemacht werden, wird auch in der Asmedai- sage des Talmud erwähnt, Gzi#n 68b.

10) Harz£vr übersetzt die Worte 7) und nnobus durch engagement mit dem Hinweis auf den Talmud, der unerfüllte Gelübde und Versprechungen als Ursache zahl- reichen Familienunheils angibt. Zur Erhärtung dieser Er- klärung könnte auf eine ähnliche Erscheinung in der hebräischen Sprache hingewiesen werden, nämlich auf das Wort ?1Y, dessen eigentliche und ursprüngliche Bedeutung „Sünde, Unrecht“ ist; es dient aber zugleich auch zur Bezeichnung der daraus entstehenden Folgen und kann daher auch mit „Unheil“ übersetzt werden. Es muss je- doch zugegeben werden, dass dieser Vergleich etwas hinkt, da es sich dort um Begriffe allgemeiner Natur handelt, während hier ein ganz bestimmter, spezieller Fall, der als Ursache angenommen wird, zugleich zur Bezeichnung einer Wirkung dienen soll, die nicht gleich determinierten Cha- rakters ist. Warum sollte ferner gerade dieses Vergehen als Benennung für Unheil gewählt werden, da doch auch bei andern ähnliche Strafen angedroht werden ? Ich glaube,

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dass das Wort ‘971 hier in dem Sinne von „Bann“ zu nehmen ist, wie es sich in dieser Bedeutung auch im Tal- mud Sankı. 68a findet: 7 ann mn ann „der Bann sei gelöst‘, indem die verschiedenen Synonyma für „Ge- lübde, Versprechungen“ in diesen Beschwörungsformeln in der übertragenen Bedeutung „Bann“ gebraucht werden. In der Ihat gehen diese Begriffe leicht in einander über, und bei jedem Zauberakte wurde irgend ein Gelübde von dem Zauberer gethan, damit das Werk gelänge. ınubwn dürfte einen ähnlichen Sinn haben; vielleicht ist das Sy- rische alx..< „überliefern‘ zu vergleichen; also: die Ueber- lieferung in die Gewalt des Zauberers oder des Zaubers, aus welchem zu befreien der Zweck dieser Beschwörung ist. Das Wort unbbn,, das sich in unserer Inschrift nicht findet, ist nebenbei gesagt nichts anderes als „Worte“, da ein ausgesprochenes „Wort“ des Schwarzkünstlers schon genügt, um den Zauber zu bewirken (LENoRMANT ibid. Po72).

ı1) Die Etymologie dieses Wortes ist sehr zweifel- haft; doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass es von ale’ „klopfen“ abstammt, aber nicht den Begriff dieser Hand- lung, sondern einen dieselbe begleitenden Nebenumstand ausdrückt. Denn bekanntlich gingen in der Regel dem Zauberakte (seräuscherregungen voraus, wodurch die Auf- merksamkeit der erforderlichen Geister wachgerufen und deren Mitwirkung erlangt wurde. Noch einleuchtender dürfte diese Etymologie werden durch den Hinweis darauf, dass das Wort NnB1pW im Mandäischen einfach „Schlag“ bedeutet, was unwillkürlich an unser Wort „Zauberschlag“ erinnert.

ı2) Im Talmud Dada bathra 16a wird die Ihätigkeit des Satan dahin zusammengefasst: 737%) map mpno) 70° „er steigt hernieder, den Menschen zur Sünde und zu bösen Handlungen zu verführen‘. Hatte er seine Absicht erreicht, war der Mensch zu schwach, der Verführung hinreichenden Widerstand zu leisten, dann trat er als An-

Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 25

kläger vor den Weltenrichter, um den göttlichen Zorn gegen den Schuldigen zu erwecken.

ı3) Hier folgt eine ganze Reihe verschiedener Arten und Formen, vielleicht auch Graden des Aussatzes, von denen jeder einzelne eine besondere Bezeichnung hat. Manche treten nur selten in Europa auf und nehmen nie den bösartigen Charakter an, welchen sie in der heissen Zone haben. Es liegt mir fern, für jeden einzelnen der hier erwähnten Namen die entsprechende Krankheitsform festzustellen; ich verweise statt dessen auf I[rusen’s Sziten, Gebräuche und Krankheiten der Hebräer, Breslau 1853, wo die Arten dieser im Orient sehr häufig auftretenden Krankheit angeführt und ausführlich beschrieben