iinanzieri

Das verschollene Dokument

von Sidney Warburg über die internationalen Geldgeber des Dritten Reiches herausgegeben und eingeleitet von Ekkehard Franke-Gricksch

EN MET

VERTAALD DOOR J. G. SCHOUP

Dies ist das Titelblatt der niederländischen Erstausgabe des

ISBN 3-923864-00-0 |

VVA 226 00100

Warburg-Buches. Die drei Gespräche Warburgs mit Hitler vor der nationalsozialistischen Machtübernahme sind heute

nicht nur wegen der sogenannten Schuldfrage des deut- _

schen Volkes, sondern auch wegen der richtigen Erkennt- nis der politischen und geschichtlichen Realität unserer Zeit, von brennender Aktualität. Die Erscheinung Hitlers ist nur zu verstehen, wenn man in ihm nicht nur den

Exponenten deutscher, sondern internationaler Mächte-

gruppen und Machtkonstellationen sieht. Hitler ist keine rein deutsche, er ist eine internationale Erscheinung. Es ist mehr als fraglich, ob Hitler innenpolitisch gesiegt hätte, wenn er in der Zeit seines Aufstiegs ausschließlich auf deutsche Unterstützung angewiesen gewesen wäre. Hitler genoß bedeutende positive moralische, politische und ma- terielle Unterstützung von mächtigen westlichen Regie-

rungs- und Finanzkreisen, in deren internationaler Politik

er die Rolle eines tauglichen IIDERRAIENE spielte.

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek

So wurde Hitler finanziert: Das verschollene Dokument von

Sidney Warburg über die internationalen Geldgeber des Dritten Reiches/ herausgegeben und eingeleitet von Ekkehard Franke-Gricksch. Leonberg: Verlag Diagnosen, 1983

ISBN 3-923864-00-0

NE: Franke-Gricksch, Ekkehard (Hrsg.)

© 1983 by Verlag Diagnosen, Leonberg

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere auch des fotomechanischen Nachdrucks und der Fotokopie jeder Art.

Satz: Bauer & Bökeler Filmsatz GmbH, Denkendorf

Druck und Einband: Greiser Druck, Rastatt

Printed inGermany 1983

ISBN 3-923864-00-0

Eingescannt mit OCR-Software ABBYY Fine Reader

Vorwort

Winston Churchill schrieb einmal: «An irgendeinem Zeit- punkt ihres Lebens stolpern die meisten Menschen einmal über die Wahrheit. Der grösste Teil von ihnen springt auf, klopft den Staub von den Kleidern und eilt seinen Geschäften nach, als sei nichts geschehen.»

Wie handelt man wirklich in einer solchen Situation? Wie handelt man, wenn einem als Herausgeber des zeitkritischen Magazins «Diagnosen» der Zufall oder das Schicksal ein Buch in die Hand gibt, das vor rund 50 Jahren zum ersten Mal erschienen war?

Ich meine das Buch von Sidney Warburg «Die Geldquellen des Nationalsozialismus».

Das englische Manuskript dieses Buches ist unwiederbring- lich verschollen. Es wurde 1933 ins Niederländische über- setzt und erschien als Buch in der Van Holkema und Waren- dorfs Verlagsgesellschaft AG in Amsterdam. Kurz nach dem Erscheinen des Buches zog der Verlag es wieder zurück und erklärte es als eine Fälschung. Von der holländischen Aus- gabe überlebten bis heute wenige Exemplare. Der Übersetzer J.G. Schoup wurde ermordet.

Die Nationalsozialisten waren, nachdem sie die Macht über- tragen bekommen hatten, an der Existenz dieses Buches nicht interessiert. Es wurde alles vernichtet und verbrannt, was Aufklärung über die Geldquellen des Nationalsozialismus vor der Machtübernahme hätte geben können. Zeugen wie Gregor Strasser wurden gezwungen, aus dem Leben zu schei- den. Man hatte kein Interesse an der Wahrheit, mit welchen finanziellen Mitteln es Hitler und seiner Partei gelungen war, eine Organisation aufzubauen und sich damit so zu exponie-

ren, dass man ihm letztendlich die Macht in Deutschland an- vertrauen musste.

Nach Auskunft des ehemaligen Reichskanzlers der Weimarer Republik Heinrich Brüning lebte Sidney Warburg bald nach Ausbruch des Dritten Reiches nicht mehr. Später wurde die Existenz von Sidney Warburg überhaupt abgestritten und das Buch als Fälschung erklärt.

Um das Bekenntnis von Sidney Warburg und seine drei Gespräche mit Hitler besser verständlich zu machen, sind drei Beiträge, die einen Einblick in das Dreiecksverhältnis Gold, Dollar, Macht geben, vorangestellt. In diesen drei Kapiteln wird versucht, dem Leser Tatsachen darzustellen, die zum besseren Verständnis des Warburg-Textes dienen. Bei der Übersetzung aus dem Niederländischen wurden redaktionelle Überarbeitungen aus Gründen der historischen Authentizität vermieden.

Das Geständnis von Sidney Warburg wird vielleicht etwas Klarheit in unser heilloses Durcheinander sich widerspre- chender, verworrener Ideologien bringen. Die Wahrheit ist heute selten und so kostbar wie das Gold der Bankiers, und wenn sie immer mit derselben Leidenschaft und Sorgfalt gesucht werden würde wie das Gold, sähe unsere Welt sicher ganz anders aus.

Zur Ergänzung und Abrundung des vorliegenden Buches füge ich einen Beitrag von Dr. Georg Sand bei mit dem Thema «Kannte Brüning Hitlers Geldquellen?’»

Sozusagen als Nachwort und aktuelle Aufarbeitung der Probleme übernehme ich gern die Arbeit von Dr. Walter Nelz «Was ist wahr im Fall Warburg?»

Januar 1983 Ekkehard Franke-Gricksch

Inhalt

4.

. Einleitung des Herausgebers . Krieg als Geschäft der Bankiers 11

Alle Kriege haben wirtschaftlichen Ursprung Aus moralischen Gründen in den Krieg - Herzliche Bezie- hungen zwischen den Bankiers Geld ist die schlimmste Schmuggelware US-Kriegseintritt ret- tete die Rothschilds Der Weltkrieg als Folge wirt- schaftlicher Rivalität - Baruch bestimmte den Muni- tionspreis Von Kriegsanleihen wurden Duplikate gedruckt - Der Krieg als Geschäft der Bankiers —- Der hochmütige Naserümpfer

. Weltwirtschaftskrise als weltweite Schröpfung 26

Finanzierung der russischen Revolution - Eine kleine Gruppe kontrolliert die Währungen - Englands Rückkehr zum Gold - Regierungen hilflos gegenüber Bankiers Der Anfang des Börsenkrachs Bankiers schaffen eine Geldschwemme - Zum Nutzen einer Gruppe von Händlern

. Hitler als lukratives Geschäft 41

Hitler bietet Abhilfe - öl aus Kohle - Standard Oil heiratet I. G. Farben Hitler kommt an die Macht - Aus dem Tagebuch des Botschafters Dodd Immer mehr Geld für Kriegsvorbereitungen Literaturverzeichnis 53

I. Sidney Warburg: So wurde Hitler finanziert Vorwort des Übersetzers ins Niederländische J. G. Schoup

1929

Die ganze Welt bekam Geld von der Wall Street - Wir lebten in einer Hölle Die Reparationsschulden an Frankreich Die Raubritter aus dem Mittelalter - Zwischen zwei Feuern Das Leben hat mehr thrill - Für Deutschland eine Revolution Verlangt wurde eine aggressive Auslandspolitik Ich war mit Hitler endlich allein Alles für Geld Kraft ist Leben, Leben ist Gewalt «Ich will kein Knecht in Deutschland sein» «Sind Sie auch ein Jude?» Hundert Millionen Mark - Hitler schimpfte auf Banken und Kommunisten 10 Millionen Dollar wurden zur Verfügung gestellt -— Mit Ehrerbie- tung und Untertänigkeit

1931

Den Glauben an die finanzielle Legende verloren - Kindlich unbeholfen und naiv Die Franzosen stellten Bedingungen - Ein Brief Hitlers aus Berlin Nägel mit Köpfen Überall das gleiche Bild Es geht um den starken Mann - Uniformen für Arbeitslose - Das Wie- dersehen machte Hitler Freude Die Verträge von Versailles kennen wir nicht Alle Juden verschwinden - Jetzt sind wir an der Reihe - «Sie sollen mich auf Knien anerkennen» Alles hängt vom Geld ab - «Ihr Interesse geht mich nichts an» Es dauerte fünf Tage - Ich wurde beschattet und abgehört Schwindler seid ihr alle -— Entschuldigung von Göring Der Heldenmut eurer Leiber -— Der Segen Gottes ruht auf dem Kampf - Fünfzehn Millionen Dollar das Maximum «Amerika- ner kennen unsere Pläne nicht» Juden werden des Landes verwiesen «Was ich erreicht habe, bürgt für mich» - Italienische Kultur mit deutschem Geist Hitler ist kein Fantast Meine dritte Reise zu Hitler

1933

Das Heer vom Hakenkreuz Der Frontsoldat Hitler spricht Ein geknechtetes Volk erwacht Reichswehr nicht gegen Hitlers Truppen Nachts brannte der Reichstag Es geht um den letzten Schlag Wieviel

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82

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können Ihre Leute geben? - «Sie sind doch Jude!» So sehe ich Hitler - Hundert Millionen für den endgültigen Sieg - «Ausmisten, wählt Nationalsozialisten!» Für Hitler noch einmal sieben Millionen Dollar

IH. Rudolf Sand:

Kannte Brüning Hitlers Geldgeber? 140 «Ich habe niemals öffentlich darüber gesprochen» Es

sind vielverschlungene Pfade - Der Schleier über den Dingen Es muss eine furchtbare Wahrheit sein

IV. Walter Nelz:

Was ist wahr im Fall Warburg? 146 Ein Buch erscheint, das nie erschienen ist - Bücher haben ihre Schicksale - Um die Wahrheit zu sichern —- Papens Reinwaschung und Verhüllung Wo ist die Wahrheit? Endlich eine offene Warburg-Diskussion Das seltsame Verhalten von James P. Warburg Ohne Anklage ermordet Voraussage des Stalin-Hitler-Paktes - Ein Zeugnis von Goebbels Goebbels konnte nicht schwei- gen Die Erklärung von Warburg - Ein interessanter Stil-Vergleich - Warum wurde nicht gerichtlich geklagt? Untersuchungen im Interesse der Wahrheit Der Wahrheit eine Gasse

I. Einleitung des Herausgebers

1. Krieg als Geschäft der Bankiers

Einer der geachtetsten Volkswirtschaftler der Wall Street äusserte, dass die «US-Zentralbank selbstverständlich deshalb geschaffen wurde, um die Vereinigten Staaten aus der Umklammerung des Goldstandards zu befreien». Seit langem hatte sich der Goldstandard als ungeeignet für den modernen Handel erwiesen. Mit der Ausgabe von Gold und Kredit in genauer Anlehnung an den Goldstandard konnte die indu- strielle Entwicklung nicht finanziert werden. Die internatio- nalen Elemente, die den Goldstandard kontrollierten, er- kannten, dass sie ihn aufgeben mussten und mit ihm ihre ungeheure politische und wirtschaftliche Macht, wenn sie nicht eine geeignete Alternative anbieten konnten. Diese Al- ternative war das Zentralbanksystem.

Durch den Hokuspokus um die Reserven konnten die Zen- tralbanken, in den Vereinigten Staaten Federal Reserve Banks genannt, die Ausgabe von Geld und Kredit viele Male erhö- hen. Als dann Wertpapiere zur Grundlage der Geldausgabe gemacht wurden, steigerten sich die papiernen Kredite in ungeheurem Ausmass, und die Spekulanten errichteten phan- tastische finanzielle Kartenhäuser, die zu gegebener Zeit zusammenbrachen und den Investoren unvermeidliche Ver- luste einbrachten. Diese Missbräuche führten direkt zur Krise von 1929 unter der aktiven Mitwirkung des Federal Reserve Board. Der Zusammenbruch der Weltwirtschaft blieb lange Zeit unbehoben, mit Ausnahme dort, wo mit finanziellen Massnahmen dagegen vorgegangen wurde.

Die Zukunft einer Finanzierung durch langfristige Schuld- verschreibung ist äusserst ungewiss. Da die Bankiers der Zentralbanken die nationalen Schulden weit über den Punkt

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hinausgetrieben haben, wo sie möglicherweise zurückgezahlt werden können, sind sie praktisch nur Guthabenverwalter der jährlich anfallenden Zinsen.

Diese Bankiers sind daher verzweifelt bemüht, den wirt- schaftlichen Zustand aufrechtzuerhalten und sicherzustellen, dass sie weiterhin Zinsen einkassieren können.

Alle Kriege haben wirtschaftlichen Ursprung

Vor 1914 und vor der Einrichtung des Federal Reserve System waren die Vereinigten Staaten eine Nation von Schuldnern, das heisst, sie borgten auswärts sehr viel Geld und gaben selten internationale Anleihen heraus, vor allem deswe- gen, weil Amerikas Geld und Kredit nicht von einer Zentral- bank mobilisiert wurde. Der New Yorker Geldmarkt war wohl fähig, Industrieunternehmen im Ausland zu finanzie- ren. Er finanzierte auch einen kleinen Krieg - den für Kubas Zuckerindustrie 1898 aber er war nicht stark genug, sich selbst zu verpfänden, um nationale Anleihen herauszugeben. Das System nationaler Anleihen, das durch die Rothschilds während der napoleonischen Kriege vervollkommnet wurde, diente dazu, die kontinentalen Kriege im 19. Jahrhundert zu finanzieren, wie auch den Süden während des amerikani- schen Bürgerkrieges. Diese nationalen Anleihen wurden durch die internationale Finanzorganisation der Brüder Rothschild ermöglicht, die in allen europäischen Hauptstäd- ten Zweigstellen errichtet hatten. Auf diese Weise konnten die Risiken und auch die Gewinne jeder Anleihe verteilt werden. Ausserdem verringerte eine internationale Einrich- tung die Möglichkeit des Eingriffs oder der Kontrolle durch die Regierung.

Um 1900 war es offenbar geworden, dass die europäischen Länder keinen grossen Krieg führen konnten. Wohl hatten sie stehende Heere, die allgemeine Wehrpflicht und Zentralban- ken, die einen Krieg finanzieren konnten, doch ihre Wirt- schaft hätte sich ihn nicht leisten können. Schon im April

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1887 wiesen die Herausgeber des «Quarterly Journal of Eco- nomics» darauf hin und schrieben:

«Ein ausführlicher Überblick über die öffentliche Verschul- dung Europas zeigt eine Summe von 5‘°343 Millionen Dollar jährlich an Zinsen- und Tilgungszahlungen. M. Neymarcks Schlussfolgerung entspricht weitgehend der von Mr. Atkin- son. Die Finanzen Europas sind so in Anspruch genommen, dass die Regierungen sich fragen mögen, ob nicht ein Krieg mit all seinen schrecklichen Aussichten der Aufrechterhal- tung eines so prekären und kostspieligen Friedens vorzuzie- hen sei. Wenn die militärischen Vorbereitungen in Europa nicht in einem Kriege enden, können sie zu einem Bankrott der Staaten führen. Oder, wenn solche Torheiten weder zu einem Kriege noch zu einem Untergang führen, dann weisen sie auf bevorstehende industrielle und wirtschaftliche Revo- lutionen hin.»

Aus moralischen Gründen in den Krieg

Der Erste Weltkrieg begann 1914. Die Federal-Reserve- Banken begannen ihren in den USA 1914. Das «System» zwang die Amerikaner, den Alliierten 25 Milliarden Dollar zu leihen, die mit Ausnahme der Zinsen nicht zurückbezahlt wurden. Die Zinsen aber gingen an die New Yorker Bankiers. Das System drängte die USA auch in den Krieg gegen das deutsche Volk, mit dem sie keinen erdenklichen politischen oder wirtschaftlichen Streit hatten. Der deutsche Gesandte in _ der Türkei, Baron Wangenheim, fragte Henry Morgenthau. den amerikanischen Gesandten in der Türkei, warum die Vereinigten Staaten Krieg gegen Deutschland führen wollten, wo es doch keine Gründe für solch einen Angriff gebe. «Wir Amerikaner, erwiderte Morgenthau und sprach vermutlich für jene Gruppe von Grundstücksspekulanten in Harlem, deren Kopf er war, «wir Amerikaner gehen aus moralischen Gründen in den Krieg.»

Jener moralische Grundsatz barg eine beträchtliche Menge

Gold in sich. Mr. Morgenthaus moralische Grundsätze stammten aus den New Yorker Slums, wo er Wohnungen zu hohen Preisen an arme Neger vermietet hatte. Ein weiteres Studium der moralischen Grundsätze, die den Eintritt der Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg veranlassten, offenbart, dass die Duponts nach der Kriegserklärung den Preis des Schiesspulvers für die Regierung verdoppelten und dass J. P. Morgan Co. die Ausgabe der ersten «Freiheitsanlei- he» gestattet wurde, um dieser Firma 400 Millionen Dollar zurückzuzahlen, die ihr England schuldete.

Herzliche Beziehungen zwischen den Bankiers

Woodrow Wilsons inoffizieller Kurier und Vertrauter wäh- rend der ganzen Zeit seiner Regierung war Colonel House, der ihm von dem deutsch-amerikanischen Bankier Paul War- burg aufs Wärmste empfohlen worden war. Colonel House war mehrere Jahre hindurch Wilsons privater Abgesandter in Europa und hielt die herzlichen Beziehungen zwischen den beiden Bankiers Felix und Paul Warburg vom Bankhaus Kuhn, Loeb & Co. in New York und dem Rest der Familie in Amsterdam und Hamburg aufrecht, einschliesslich des Bru- ders, der Chef des deutschen Geheimdienstes war.

Die Funktion der internationalen Bankhäuser wie Roth- schilds in London, J.P. Morgan, Bliss & Co. und von J.P. Morgan, Drexel & Co. wurde auch nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges kaum beeinträchtigt. Auch die Arbeit der Federal-Reserve-Banken verringerte den Einfluss der Bank- häuser nicht. Vielmehr wurden die internationalen Finanz- verbindungen durch das Vorhandensein von Zentralbanken in den Ländern sehr erleichtert.

Die von Rothschild beherrschte Bank of England konnte jetzt direkt mit ihrem Hauptvertreter in den Vereinigten Staaten, Paul Warburg, in dem von den Rothschilds finanzierten Hause Kuhn, Loeb & Co. verhandeln. Nach dem Krieg bewies der Völkerbund seine Ergebenheit gegenüber den

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Präsident Wilson und Colonel House. Colonel House war Wilsons Ver- trauter, und er hielt auch die herzlichen Beziehungen zwischen den bei- den Bankiers Felix und Paul Warburg vom Bankhaus Kuhn, Loeb & Co. in New York und dem Rest der Familie in Amsterdam und Hamburg auf- recht, einschliesslich des Bruders, der Chef des deutschen Geheimdiens- tes zu Zeiten Kaiser Wilhelms II. war.

Interessenten dadurch, dass er sich weigerte, Anleihen an jene Nationen zu vergeben, die keine Zentralbank hatten oder den Goldstandard nicht anerkannten.

In den Jahren 1915/16 hielt der US-Präsident Wilson den Bankiers, die ihm die Präsidentschaft in den Vereinigten

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Staaten erkauft hatten, die Treue und weigerte sich, auf die Anklagen seines Ministers William Jennings Bryan zu hören, der sich dagegen wandte, dass den Alliierten über die Roth- schilds Anleihen gegeben wurden. «Geld», sagte Bryan, «ist die schlimmste Schmuggelware», und die amerikanischen Anleihen an die Verbündeten wäh- rend der zweieinhalb Jahre vor dem Eintritt in den Ersten Weltkrieg bedeuteten einen schlimmeren Angriff als die ver- spätete Einschiffung von Truppen im Jahre 1917, nachdem Wilsons Kriegserklärung der Angelegenheit den Anschein von Legalität gegeben hatte. Bis 1917 hatten die Morgans und Kuhn, Loeb & Co. einein- halb Milliarden Dollar als Anleihen an die Alliierten ausgege- ben, verkauft in Schuldscheinen durch die grossen Finanziers von New York. Die Bankiers gaben Hunderttausende von Dollar aus, um die Amerikaner zum Krieg zu bewegen; sie benutzten dazu die Veröffentlichungen der belgischen Hilfs- kommission, die Greuelmärchen erfand, und der «League to Enforce Peace», einer Carnegie-Organisation, die den Krieg schürte. Eine Schiffsladung mit Munition nach der anderen wurde nach England und Frankreich verschickt, und man forderte Deutschland geradezu heraus, diese Schiffe zu ver- senken; und eines von ihnen, die Lusitania, wurde versenkt. Bei der Versenkung der Lusitania starben Amerikaner; doch die Ware an Bord, die Kriegsmunition aus den Werken von Cleveland H. Dodge, war bezahlt. Doch war das nichts im Vergleich zu den vielen Amerikanern, die in Frankreich sterben mussten, und zu den Vermögen, die durch den Tod amerikanischer Soldaten gewonnen wurden. Walter Hines Page, Gesandter in Grossbritannien, beklagte sich, dass er sich diese Position nicht leisten könne. Sofort wurden ihm 25’000 Dollar jährlich von Cleveland H. Dodge gespendet. H. L. Menchen klagte Page öffentlich an, im Jahr 1916 britischer Agent gewesen zu sein. Am 5.März 1917 sandte Walter Hines Page einen vertraulichen Brief an Woo- drow Wilson, in dem es hiess:

«Ich glaube, dass der Druck der herannahenden Krise die

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finanziellen Möglichkeiten Morgans zugunsten der Briten und Franzosen übersteigt. Der Geldbedarf wird zu gross und zu dringend für jede private Agentur, die immer mit Eifer- sucht der Rivalen und Behörden rechnen muss. Die grösste Hilfe, die wir den Verbündeten geben könnten, bestünde in einem Kredit. Unsere Regierung könnte eine beträchtliche Summe des Geldes in einer französisch-britischen Anleihe anlegen oder die Bürgschaft für eine solche Anleihe überneh- men. Natürlich kann sie diesen Kredit nur gewähren, wenn wir an dem Krieg gegen Deutschland teilnehmen.»

US-Kriegseintritt rettete Rothschilds

Noch innerhalb dieses Monats verlangte Woodrow Wilson vom Kongress die Kriegserklärung, um amerikanische Ban- kiers vor dem Verlust von eineinhalb Millionen Dollar zu bewahren und um einen Absatzmarkt für Waffen zu schaf- fen. Die erste Freiheitsanleihe (Liberty Loan) von 400 Millio- nen Dollar ging an J.P. Morgan, um eine britische Anleihe zurückzuzahlen.

Das war aber erst der Anfang. Eineinhalb Jahre lang ström- ten die Bankiers und die Manager der Schwerindustrie und des Transport- und Verkehrswesens nach Washington, wo sie 25 Millionen Dollar amerikanischen Vermögens ausgaben. Diese ganze Summe ging an Unternehmungen, die ihnen gehörten. Das Schauspiel, das Eugene Meyer Jr., Direktor der War Finance Corporation, bot - er benutzte seine Ernennung dazu, sich selbst für viele Millionen Dollar Staatsanleihen zu verkaufen -, ist ein Massstab für die Ränke, die während des Krieges in Washington geschmiedet wurden.

Der wirkliche Grund von Pages Brief an Wilson war die Tatsache, dass die Rothschilds über das Ausmass der militäri- schen Erfolge Deutschlands beunruhigt waren und fürchte- ten, die Deutschen könnten schliesslich den Krieg doch noch gewinnen. Das Fman/chaos, das ihre Agenten die Familie, Warburg, die die kaiserliche Kriegführung finanzierte) in

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Deutschland herbeiführten, berührte die deutsche Kriegsma- schine nicht wesentlich, ebensowenig wie die Stellung von Paul Warburgs Bruder, der es als Chef des deutschen Geheim- dienstes genehmigte, dass Lenins Zug durch Deutschland an die russische Front fuhr, was entscheidend dazu beitrug, die bolschewistische Revolution zu ermöglichen. Der drastische Schritt Amerikas, in den Krieg einzutreten, war notwendig, um die übersteigerten Anleihen Rothschilds zu retten und die Gefahr von ihren privaten Banken in Frankreich und England abzuwenden und um sie dem ameri- kanischen Volk aufzubürden. Die finanzielle Zukunft der Vereinigten Staaten wurde also verpfändet, um Sicherheit für die Anleihen der Alliierten zu schaffen. Die amerikanische Schwerindustrie hatte sich nach den Wor- ten des Marinestaatssekretärs, Franklin D. Roosevelt, etwa ein Jahr auf den Krieg vorbereitet. Das Armee- und Marine- ministerium hatten seit Anfang des Jahres 1916 grosse Kriegs- vorräte eingekauft. Cordell Hull bemerkte dazu in seinen Me- moiren: «Der Krieg erzwang die Entwicklung des Einkommensteu- ergesetzes. Es trat gerade zur rechten Zeit in Kraft, um den Forderungen des Krieges gerecht zu werden. Ebenso unter- stützte der Krieg den Beginn der Tätigkeit des Federal-Re- serve-Systems.»

Das «Journal of Political Economy» vom Oktober 1917 stellte

fest: «Der Einfluss des Krieges auf die Geschäfte der Federal-Re- serve-Banken bewirkte eine ungeheure Erhöhung des Perso- nalbestandes mit einer entsprechenden Erhöhung der Aus- gaben. Die Schöpfer des Federal-Reserve-Gesetzes hatten da- für gesorgt, dass die Federal-Reserve-Banken als fiskalische Agenten der Regierung handeln sollten, aber sie waren selbstverständlich nicht imstande, so rasch in dieser Rich- tung so weitreichende Forderungen zu erfüllen.»

Sowohl Hull wie die Herausgeber des «Journal of Political Economy» stellten befriedigt und überrascht fest, dass das Federal Reserve System und der Erste Weltkrieg, die beide zur gleichen Zeit begannen, sehr gut zueinander passten.

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«Wir gehen aus moralischen Grundsätzen in den Krieg», hiess die Devise für die Teilnahme der Vereinigten Staaten am Ersten Weltkrieg. Dieser «moralische Grundsatz» barg für die Soldaten Tod und Leid in sich und für die internationalen Bankiers eine Menge Gold.

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Der Weltkrieg als Folge wirtschaftlicher Rivalität

Was auch immer Wilsons Gedanken über Amerikas Eintritt in den Krieg waren, er lieferte sein Land während des Krieges rücksichtslos den Bankiers aus. Das Schicksal des amerikani- schen Volkes wurde in die Hände von drei Diktatoren gelegt, die alle drei Spekulanten der Wall Street waren und niemals in ein Amt gewählt worden waren. Bernard Baruch, Eugene Meyer Jr. und Paul Warburg, alle von ihrem Strohmann Wilson ernannt, übten grössere Macht über das amerikani- sche Volk aus als irgendein Präsident; denn hinter ihnen stand die Finanz-Oligarchie, die seit 1863 unbestrittene Macht im Land besass.

1890 lenkte Bernard Baruch zum ersten Mal die Aufmerk- samkeit auf die Wall Street, wo er als gewandter junger Mann für die Börsenmakler A. A. Housman & Co. arbeitete. Bör- senmakler wie Thomas Fortune Ryan und Henry H. Rogers erkannten in ihm einen aussergewöhnlichen Organisator von Gesellschaften. 1896 vereinte er die sechs wichtigsten Tabakge- sellschaften der Vereinigten Staaten zur Consolidated Tobacco Co. und zwang James Duke von der American Tobacco Co., diesem gigantischen Trust beizutreten.

Der zweite grosse Trust, den Baruch organisierte, war der Kupfertrust, der für die Familie Guggenheim gebildet wurde, die seit jeher die Kupferindustrie Amerikas beherrschte. Baruchs erster Kontakt mit der Firma Kuhn, Loeb Co. bot sich an, als er und Edward H. Harriman der Frontkämpfer in Jacob Schiffs erfolgreichen Feldzug, um die Eisenbahnen Amerikas für die Rothschilds zu gewinnen - ihre Talente vereinten, um die Kontrolle über das öffentliche Verkehrswe- sen der Stadt New York zu bekommen.

1901 gründeten Bernard Baruch und sein Bruder Hermann in New York die Firma Baruch Brothers, Bankers. 1917 wurde sie wieder aufgelöst, damit Bernard den Vorsitz im War Industries Board übernehmen konnte, aus ihr wurde die Firma Hentz Brothers“ Bankers.

In einer Biographischen Skizze des «New Yorker» wurde über

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Baruch berichtet, dass er einmal an einem Tag 750‘000 Dollar durch Stahlaktien der Vereinigten Stahl gewann, nachdem ein falsches Friedensgerücht in Washington in Umlauf ge- bracht worden war. Mit der Verbreitung des Friedensge- rüchts fielen die Aktien, und Baruch kaufte von ihnen auf, soviel er konnte. 50‘000 Dollar hatte er für Woodrow Wilsons Wahlfeldzug Ueig Besteuert, ünd als’ Gegenleistung erhielt er die Kontrolle über Amerikas Schwerindustrie.

Baruch bestimmte den Munitionspreis

Bernard Baruch war auch das entscheidende Mitglied der Kommission, die die Preise für Munition festsetzte. Das bedeutete, dass er bestimmte, zu welchem Preis die Regierung der USA auch Kriegsmaterial von Baruchs eigenen Gesell- schaften kaufte. Jedoch übte er als Vorsitzender des War Industries Board vor allem geradezu diktatorische Gewalt über die amerikanischen Fabriken aus. Bei den Verhören des Nye Committee im Jahre 1935 bezeugte Baruch: «Präsident Wilson ermächtigte mich in einem Brief, jede Industrie und jedes Werk zu übernehmen. Mit Richter Gary, dem Präsidenten der United States Steel, hatten wir Unan- nehmlichkeiten,; doch als ich ihm jenen Brief zeigte, sagte er: ‚Ich glaube, wir müssen das anerkennen‘, und er erkannte es an.»

Woodrow Wilson zahlte Baruchs Wahlgelder in Höhe von 50‘000 Dollar zurück, indem er die gesamte amerikanische Regierung Baruchs Manipulationen auslieferte. Im Kongress gab es jedoch Abgeordnete, für deren Wahl Baruch keine 50‘000 Dollar ausgegeben hatte, und sie wollten wissen, welche Qualitäten er besitze, dass ihm während des Krieges Gewalt über Leben oder Tod der amerikanischen Industrie gegeben wurde. Er war kein Fabrikant und hatte in seinem Leben kaum eine Fabrik berieten. Von einem Komitee des Kongresses nach seinem Beruf gefragt, nannte er sich einen «Spekulanten».

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Von Kriegsanleihen wurden Duplikate gedruckt

Der zweite der drei Imperatoren der Vereinigten Staaten im Jahre 1917 war Eugene Meyer Jr., der Sohn des dominieren- den Teilhabers im internationalen Bankhaus Lazard Freres in Paris und New York. Meyer und Baruch kauften 1915 ge- meinsam die Alaska-Juneau-Goldmine und waren Partner in anderen Finanzspekulationen.

Auf Betreiben Baruchs wurde Meyer von Woodrow Wilson zum Vorsitzenden der War Finance Corporation (Kriegsfi- nanzgesellschaft) ernannt. Das Spezialgebiet von Meyers Stammhaus Lazard Freres war der internationale Goldhan- del, und sein Eigentumsrecht an der Alaska-Juneau-Gold- mine und seine Goldminenbesitzungen in Südafrika machten ihn zu einem geachteten Mitglied des auserwählten Kreises internationaler Finanzleute.

Als Vorsitzender des War Finance Committee war er damit beauftragt, grosse Mengen von Staatspapieren an Handelsfir- men abzusetzen. Die Mitgliedsbanken des Federal Reserve System standen unter der Herrschaft von Paul Warburg; doch Meyer betrieb die Kriegsfinanzierung durch jene Geld- agenturen und Banken, die sich nicht unter der Kontrolle des System befanden. Meyer benutzte seine Stellung ausserdem dazu, an sich selbst, das heisst an Eugene Meyer Jr., New York, für Millionen Dollar Obligationen der Vereinigten Staa- ten zu verkaufen.

Bei der Untersuchung des Senats, aufgrund welcher Qualifi- kation Meyer dem Federal Reserve Board angehörte - für diese Position hatte ihn Herbert Hoover vorgeschlagen -, stellte ein alter Freund aus London, Senator Robert L.Owen, der Vorsitzende des Senatskomitees für das Bank- und Wäh- rungswesen, am 27. Januar 1931 fest, dass Meyer ein Schwa- ger George Blumenthals war, eines Mitglieds der Firma J. P. Morgan Co., dem Agenten von Rothschild.

Weitere Beweise enthüllten, dass unter Meyers Leitung min- destens für 24 Millionen Dollar Liberty Bonds als Duplikate gedruckt worden waren und dass für 10 Milliarden First War

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Obligations heimlich vernichtet worden waren. Als die Bücher dem Komitee zur Prüfung ausgehändigt waren, ent- deckte man, dass sie jeden Abend in das Finanzministerium zurückgebracht und Änderungen in den laufenden Protokol- len vorgenommen worden waren. Obwohl das einige Kon- gressmitglieder bezeugten, wurde Meyers Berufung in das Federal Reserve Board aufrechterhalten und Hoovers Urteil damit gerechtfertigt. Das dritte Mitglied des Triumvirates, das die USA während des Ersten Weltkrieges regierte, war Paul Warburg. Im Hin- blick auf seine militärische Bedeutung für die Vereinigten Staaten während des Krieges berichtete am 12. Dezember 1918 der Marinegeheimdienst über ihn: «Warburg, Paul, New York City, Deutscher, 1911 als Ameri- kaner eingebürgert, 1912 vom Kaiser mit einem Orden ausge- zeichnet, war stellvertretender Vorsitzender des Federal Re- serve Board, verfügte über grosse Summen, die ihm von Deutschland für Lenin und Trotzki beschafft wurden. Hat ei- nen Bruder, der Leiter der deutschen Spionage ist.»

Der Krieg als Geschäft der Bankiers

Paul Warburg blieb Finanzdiktator der Vereinigten Staaten während des Ersten Weltkrieges bis zum Mai 1918. Wie die «New York Times» berichtete, gab er in seinem Entlassungs- gesuch an, dass einige Bedenken gegen ihn erhoben worden waren, weil er einen Bruder im schweizerischen Geheimdienst hätte. Die USA befanden sich nicht im Krieg mit der Schweiz. Aber Warburg wagte es nicht zuzugeben, dass sein Bruder zur selben Zeit Chef des deutschen Geheimdienstes war, als er selbst im Vorstand des Federal Reserve Board sass. Aufjeden Fall hätte ein Mann, der vom Kaiser ausgezeichnet worden war, mit einigem Argwohn angesehen werden müssen, beson- ders nachdem die USA durch die antideutsche Propaganda ihrer führenden Zeitungen in den Jahren 1917/18 sich in einem hysterischen Zustand befanden. Da Warburg noch

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fünf Jahre vor dem Krieg deutscher Staatsangehöriger gewe- sen war, wäre er unter der liberalen Politik Franklin D. Roo- sevelts in ein Internierungslager gebracht worden.

Diese drei von Wilson ernannten Männer beherrschten wäh- rend des Ersten Weltkrieges die Finanzen und die Industrie - der Vereinigten Staaten.

Baruch beherrschte die Industrie, Meyer beherrschte Geld und Kredit jener Banken, die nicht zum Federal Reserve System gehörten, und Warburg beherrschte das amtliche Ban- kensystem der amerikanischen Nation.

Präsident Woodrow Wilson, der Deutschland den Krieg erklärte, hatte für einen Mann, der als Verteidiger des einfa- chen Volkes in die Geschichte eingegangen ist, eine unge- wöhnliche Laufbahn. Sein grösster Befürworter in beiden Wahlkämpfen für seine Präsidentschaft war Cleveland H. Dodge. Dieser kam aus der von Kulm. Loeb Co. kontrol- lierten National City Bank von New York und war zugleich Präsident der Rüstungsfirmen Winchester Arms Company und der Remington Arnis Company. Dodge war sehr eng mit Präsident Wilson befreundet, solange dieser Demokrat eine Rolle im politischen Leben spielte. Am 12. Februar 1914 hob Wilson das Waffenembargo gegen Mexiko auf, so dass Dodge für eine Million Dollar Waffen und Munition nach Carranza verschiffen und damit die mexikanische Revolution fördern konnte. Kuhn, Loeb Co., denen das mexikanische Eisenbahn- netz gehörte, waren mit der Regierung Huerta unzufrieden ge- worden.

Als 1915 das britische Marinehilfsschiff Lusitania versenkt wurde, war es mit Munition aus den Fabriken von Dodge beladen.

Dodge war dafür bekannt, dass er sich gegen Streikende in seinen Werken berufsmässiger Gangster bediente, doch den liberalen Wilson scheint das nie gestört zu haben.

adge wurde Vorsitzender des «Fonds für die überlebenden Opfer der Lusitania», und er ist es gewesen, der in hohem Masse dazu beitrug, die Öffentlichkeit gegen Deutschland aufzustacheln.

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Londoner im Siegestaumel nach Beendigung des Ersten Weltkrieges. Sie wurden um des Profits willen missbraucht und waren die Statisten, damit der Erste Weltkrieg das erhoffte grosse Geschäft wurde.

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Der hochmütige Naserümpfer

Den Schlüssel zu Wilsons angeblichem Liberalismus kann man in Chaplins Buch «Wobbly» finden, das davon berichtet, wie Wilson das Wort «Verweigert» quer über das Gnadenge- such des alternden und kränkelnden Eugen Debs kritzelte. Debs war ins Atlanta-Gefängnis eingeliefert worden, weil er «gegen den Krieg sprach und schrieb».

Der italienische Minister Pantaleoni gab den Gefühlen der europäischen Völker treffend Ausdruck, als er schrieb: «Woo- drow Wilson ist der Typ eines hochmütigen Naserümpfers, der sich nun inmitten eines allgemeinen Zusammenbruchs aus dem Staub macht.»

Es ist das Unglück der USA, dass sein subventioniertes Presse- und Schulwesen sich darum bemühte, einem Mann ein ehren- des Andenken zu bewahren, mit dessen Einverständnis so viel Not und Tod in der ganzen Welt verursacht wurde.

2. Weltwirtschaftskrise als weltweite Schröpfung

Die zwölf Federal-Reserve-Banken der Vereinigten Staaten unterscheiden sich in ihren geschäftlichen Grundprinzipien nicht von anderen Notenbanken wie der Bank von England, der Bank von Frankreich, der alten Deutschen Reichsbank oder der heutigen Bundesbank. Die Federal-Reserve-Banken in den USA leiten ihr Bestreben und ihre Rechte von Gesetzen ab, die durch den amerikanischen Kongress verabschiedet wurden. Sie dienen unter Aufsicht der Regierung öffentli- chen Interessen.

Anfang der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts spielte das Federal Reserve System bei dem Wiedereintritt Russlands in die internationale Finanzstruktur eine entscheidende Rolle. Winthrop und Stimson waren hierbei die Verbindungsleute

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zwischen den russischen und amerikanischen Bankiers, und Henry L. Stimson führte die Verhandlungen nach Roosevelts Wahl, die zur Anerkennung der Sowjets führten. Schon lange zuvor hatten die amerikanischen und russischen Bankiers ihre Finanzbeziehungen wieder aufgenommen. Das Federal Reserve System begann schon 1920 russisches Gold einzukaufen, und die russische Währung wurde an den Börsen wieder notiert. Nach der Selbstbiographie von Colo- nel Ely Garrison und nach dem Bericht des Marinegeheim- dienstes der Vereinigten Staaten ist die russische Revolution von den Rothschilds und Warburgs finanziert worden, und ein Mitglied der Familie Warburg trug die Kosten, die Lenin und Trotzky in Stockholm 1918 verursachten. In einem Artikel der englischen Monatszeitschrift «Fort- nightly» vom Juli 1922 steht: «Während des vergangenen Jahres ist praktisch jede kapi- talistische Einrichtung wiederhergestellt worden. Das be- zieht sich auf die Staatsbank, auf das private Bankwesen, auf die Börse, auf das Recht, Geld in unbegrenzter Höhe zu besitzen, auf das Erbschaftsrecht, auf das Wechselsystem und auf andere Einrichtungen und Praktiken, die sich auf die Führung privater Industrie- und Handelsbetriebe bezie- hen. Einen grossen Teil der vorher verstaatlichten Industrie kann man jetzt in halb-unabhängigen Trusts finden.»

Die Organisation mächtiger Trusts in Russland unter der Maske des Kommunismus machte es möglich, ihnen beträchtliche finanzielle und technische Hilfen aus den Ver- einigten Staaten zukommen zu lassen. Die russische Aristo- kratie war ausgelöscht worden, da sie zu kraftlos gewesen war, einen modernen Industriestaat aufzubauen. Die interna- tionalen Finanziers versorgten Lenin und Trotzky mit Geld- mitteln, um das zaristische Regime zu stürzen und Russland die Fortführung des Ersten Weltkrieges zu ermöglichen.

Peter Drucker, der Sprecher der Oligarchie in den USA, erklärte 1948 in einem Artikel der «Saturday Evening Post»: «Russland ist das Ideal einer geleiteten Volkswirtschaft, auf die wir uns zubewegen.»

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Die Ausgabe von ausreichend Geld konnte in Russland erst geschehen, nachdem alle Macht in die Hände einer Regierung gelegt worden war, die die absolute Kontrolle über das Volk hatte. Während der zwanziger Jahre gab Russland grosse Mengen sogenanntes «Inflationsgeld» heraus, das eine mani- pulierte Währung war. Im Juli 1922 wurde in demselben Artikel der «Fortnightly» die Bemerkung gemacht: «Da wirtschaftlicher Druck die astronomischen Zahlen der Währung hervorgebracht hat, kann er sie niemals zerstö- ren. Für sich genommen, ist das System in sich abgeschlos- sen, logisch perfekt, sogar intelligent. Es kann nur durch einen Zusammenbruch oder eine Vernichtung des politi- schen Gebäudes, das es ziert, zu Grunde gehen.»

Admiral Koltschak, der Führer der weissrussischen Armeen, wurde eine Zeitlang von jenen internationalen Bankiers unterstützt, die britische und amerikanische Truppen nach Sibirien schickten, um einen Vorwand zu haben. Koltschak Rubel zu drucken. 1920 manipulierten die Bankiers an der Londoner Börse gleichzeitig die alten Zaren-Rubel, die Kerensky- und die Koltschak-Rubel, je nach der Bewegung der alliierten Truppen, die Koltschak halfen.

Finanzierung der russischen Revolution

Koltschak besass auch eine beträchtliche Goldmenge, die von seinen Armeen erbeutet worden war. Nach seiner Niederlage verschwand ein ganzer Zug dieses Goldes in Sibirien. Bei den Senatsanhörungen im Jahre 1921 über das Federal Reserve System kam heraus, dass das System dieses Gold erhalten hatte. Das Kongressmitglied Dubar stellte dem Mitglied W. P. G. Harding vom Federal Reserve Board folgende Frage: Dubar: «Mit anderen Worten, Russland schickt den euro- päischen Staaten sehr viel Gold, die es ihrerseits nach Amerika senden?» Harding: «Das geschah, um das zu bezahlen, was in Amerika gekauft

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nn I s > nn Lenin und Stalin: Gold kennt keine Nationalität und keine Rasse. Die internationalen Finanziers beschafften die Geldmittel, um die russische Revolution zu ermöglichen.

worden war, und um einen Dollaraustausch zu schaffen.»

Dubar: «Und zur selben Zeit kam jenes Gold aus Russland durch Eu- ropa?»

Harding: «Einiges hielt man für Gold von Koltschak, das durch Sibi- rien kam; aber das geht die Federal-Reserve- Banken nichts an. Der Finanzminister hatte Anweisungen erlassen, dass die Kontrollbüros kein Gold annehmen sollten, das nicht die Prägemarke einer befreun- deten Nation trüge.»

Was Gouverneur Harding unter dem Ausdruck einer «be- freundeten Nation» verstand, ist nicht klar. 1921 befand sich Amerika, militärisch wenigstens, mit keinem Land im Krieg. Auf jeden Fall begann der Kongress jetzt, sich mit dem internationalen Goldhandel des Federal Reserve System zu befassen. Harding konnte wohl mit den Achseln zucken und

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sagen, dass es nicht Sache der Federal-Reserve-Banken wäre, danach zu fragen, woher das Gold käme.

Gold kennt keine Nationalität und keine Rasse. Seit 1906 interessierten sich die Vereinigten Staaten nicht mehr dafür, woher ihr Gold kam. Finanzminister Shaw hatte mit mehre- ren grösseren New Yorker Banken (an denen er selbst Inter- esse hatte) Vereinbarungen getroffen, Gold mit Vorschüssen des Finanzministeriums der Vereinigten Staaten zu kaufen, das dann vom Finanzministerium von diesen Banken gekauft wurde. Das Finanzministerrum konnte dann mit Recht behaupten, es wüsste nicht, woher das Gold käme, da sein Büro nur die Bank registriere, bei der es den Kauf getätigt hatte. Seit 1906 weiss das US-Finanzministerium nicht, von welchem internationalen Goldhändler es sein Gold bezieht.

Eine kleine Gruppe kontrolliert die Währungen

Der Erste Weltkrieg änderte den Status der Vereinigten Staaten. Früher waren sie Schuldner, jetzt wurden sie der Welt grösste Gläubigernation und verdrängten die Engländer von diesem Platz. Da nach den Worten des Gouverneurs Marriner Eccles vom Federal Reserve Board Schuld gleich Geld ist, wurden die USA zugleich die reichste»Nation der Welt. Der Krieg veranlasste auch die Verlegung des wichtig- sten Wechselmarktes der Welt von London nach New York. Die Hauptstütze der internationalen Finanzleute war, wie immer, dieselbe: Der Goldstandard war weiterhin die Basis für die Wechselkurse, und die kleine Gruppe von Internatio- nalen, denen das Gold gehörte, kontrollierte das Währungs- systein der westlichen Nationen.

In den zwanziger und dreissiger Jahren war der Völkerbund die Hauptwaffe der Bankiers für den Goldstandard. Durch diese Institution wurden die meisten Demokratien zwischen 1924 und 1928 gezwungen, zum Goldstandard zurückzu- kehren. Diese Länder brauchten nach dem Ersten Weltkrieg Geld zum Wiederaufbau, und der Völkerbund war bereit, es

ihnen zu geben. Die einzigen Bedingungen waren, dass die sich bewerbenden Nationen eine Zentralbank besassen und den Goldstandard anerkannten. Kredite wurden nicht gewährt, wenn diese Bedingungen nicht erfüllt wurden. Infolgedessen wurden Zentralbanken in Ländern eingerichtet, in denen sie zuvor unbekannt gewesen waren, besonders in Südamerika. Paul Einzig schreibt im Londoner «Economist»: «Der Völkerbund und die Zusammenarbeit der Zentralban- ken brachten Europa zum Goldstandard zurück. Obwohl das Finanzkomitee des Völkerbundes die internationalen Kredite vergab, wurde seine Arbeit im Allgemeinen von der Bank of England gelenkt. Die internationale Zusammenarbeit der Nachkriegsjahre bewirkte auch einen ausserordentlich engen Kontakt der Zentralbanken. Es bestand ein regelmässiger internationaler Austausch von Informationen, und wichtige Entscheidungen, wie die Änderung des Diskontsatzes, wur- den gewöhnlich im Voraus den führenden Zentralbanken mitgeteilt. Die Internationalisierung der Finanzen seit dem Krieg war im Allgemeinen für die Anhäufung eines riesigen Umlaufkapitals bei Regierungen und Banken verantwort- lich.»

Englands Rückkehr zum Gold

Die internationalen Goldgeschäfte des Federal Reserve System und seine dem Völkerbund geleistete aktive Unter- stützung, um alle Staaten Europas und Südamerikas zum Goldstandard, und zwar zum Nutzen internationaler Gold- händler, zurückzugewinnen, werden am besten durch ein klassisches Ereignis, den Sterling-Kredit von 1925, bewiesen. J.E. Darling schrieb am 10. Januar 1925 in der englischen Zeitschrift «Spectator»: «Anscheinend ist das Wichtigste für die Vereinigten Staaten, England so bald wie möglich zur Wiederaufnahme des Gold- standards zu zwingen. Ein von Amerika kontrollierter Gold- standard müsste unweigerlich dazu führen, dass die Vereinig- ten Staaten die oberste Finanzmacht der Welt werden.»

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Mr. Darling versäumte, darauf hinzuweisen, dass weder das amerikanische noch das britische Volk etwas mit der Wieder- aufnahme des Goldstandards zu tun hatten, dass dies viel- mehr nur jener kleinen Gruppe von internationalen Gold- händlern zugute kommen würde, die das Gold der Welt besit- zen. Es war darum kein Wunder, dass das «Banker’s Maga- zine» im Juli 1925 frohlockend bemerkte:

«Das überragende Ereignis im Finanzwesen des letzten hal- ben Jahres war die Wiederherstellung des Goldstandards.»

Im Mai 1925 erliess das britische Parlament das Goldstan- dard-Gesetz, das Grossbritannien zum Goldstandard zurück- brachte. Die massgebende Rolle, die dabei das Federal Re- serve System spielte, wurde am 16. März 1926 von George Seay, dem Gouverneur der Federal Reserve Bank von Rich- mond, enthüllt, als er vor dem Bank- und Währungskomitee des Repräsentantenhauses aussagte: «Eine mündliche Abmachung, durch Briefe bestätigt, ge- währte Grossbritannien einen Kredit in Höhe von 200 Millio- nen Dollar in Gold. Alle Besprechungen wurden zwischen dem Gouverneur der Federal Reserve Bank von New York, Benjamin Arong, und Mr. Montagu Norman, dem Gouver- neur der Bank von England, getroffen und schriftlich bestä- tigt. Dieser Kredit sollte England helfen, zum Goldstandard zurückzukehren, und er sollte durch Anlage von Federal Reserve Fonds in Wechseln und ausländischen Wertpapieren gedeckt werden.»

Das wird durch das Federal Reserve Bulletin vom Juni 1925 bestätigt: «Nach Übereinkunft mit der Bank von England verkauft die Federal Reserve Bank von New York in den nächsten zwei Jahren von Zeit zu Zeit auf Kredit Gold an die Bank von Eng- land, doch nicht mehr als höchstens 200 Millionen Dollar.»

Zu dieser Zeit war es offensichtlich, dass dem Federal Reserve System andere Interessen am Herzen lagen, als die Bedürf- nisse des amerikanischen Handels und der Industrie zu befrie- digen.

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£ «Trägt er so viel, wird er das auch noch tragen!»

Fritz Koch-Gotha, 1920)

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Regierungen hilflos gegenüber Bankiers

Grossbritanniens Rückkehr zum Goldstandard wurde ausser- dem durch einen zusätzlichen Kredit erleichtert, den die J. P. Morgan Company in Höhe von 100 Millionen Dollar in Gold gewährte. Winston ( hurchill, damals britischer Finanz- minister, klagte später, dass dieses Darlehen die britische Regierung bereits im ersten Jahr 1‘125‘000 Pfund kostete, eine Summe, die dem damaligen Gewinn der J.P. Morgan Company entsprach.

Die 1928 stattfindenden Anhörungen im amerikanischen Kongress bezüglich der Stabilisierung des Geldwesens bewei- sen überzeugend, dass die Gouverneure des Federal Reserve System Konferenzen und Absprachen mit den führenden Männern der grossen europäischen Zentralbanken vornah- men. Eine Anzahl von Kongressmitgliedern wusste, dass et- was Grosses bevorstand; doch sie hatten keinen Begriff davon, wie gross und wie vernichtend seine Wirkung sein würde. Und selbst wenn sie die Einzelheiten der Verschwörung ge- kannt hätten, die ihren Höhepunkt in der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1931 erreichte, sie hätte wirklich nichts tun kön- nen, um sie aufzuhalten. Die internationalen Bankiers, die die Goldbewegungen kontrollierten, konnten jedem Land ihren Villen aufzwingen. Die Vereinigten Staaten waren ihnen ge- genüber ebenso hilflos wie andere Regierungen.

Beweis dafür sind Auszüge aus den Protokollen im amerika- nischen Kongress.

Der Anfang des Börsenkrachs

Vorsitzender McFadden: «Woher kamen die Anregungen, die zur Änderung des Zins- satzes führten?»

Gouverneur Adolph Müller: «Die drei grössten Zentralbanken Europas sandten ihre Ver- treter nach Amerika: Montagu Norman, den Gouverneur der Bank von England, Hjalmar Schacht, den Präsidenten der

34 Deutschen Reichsbank, und Professor Rist, den Vize-Gouver-

neur der Bank von Frankreich. Diese Herren konferierten zu- nächst mit Bankiers der New Yorker Federal Reserve Bank. Nach einer oder zwei Wochen erschienen sie in Washington. Sie kamen abends, am nächsten Tag waren sie Gäste der Gou- verneure des Federal Reserve Board und fuhren noch am sel- ben Nachmittag zurück nach New York.»

Mr. King: «Was wollten Sie?»

Gouverneur Miller: «Sie beantworteten sehr offen unsere Fragen. Ich wollte mich mit Mr. Norman unterhalten, und wir blieben deshalb beide nach dem Essen zurück, doch da gesellten sich die anderen ausländischen Vertreter und die Herren der New Yorker Fe- deral Reserve Bank zu uns. Diese Herren interessierten sich vor allem dafür, wie sich der Goldstandard auswirkte. Sie wünschten daher dringend billiges Geld und niedrige Zinsra- ten aufdem New Yorker Markt, was das Einströmen von Gold nach Amerika verhindern würde. Das war im Interesse der da- mals herrschenden internationalen Geldsituation.»

Vorsitzender McFadden:

«Es ereignete sich aber etwas sehr Bestimmtes?»

Gouverneur Miller. «Ja.»

Vorsitzender McFadden: «Es handelte sich um eine Änderung der Politik bezüglich un- seres gesamten Finanzsystems, die zu einer der ungewöhn- lichsten Situationen führte, denen dieses Land je gegenüber- stand [dem Spekulationsboom an der Aktienbörse von 1927 bis 1929]. Mir scheint, eine derart wichtige Angelegenheit hätte in Washington zum Gegenstand eines Berichts gemacht werden sollen.»

Gouverneur Miller: «Ich bin ganz Ihrer Meinung.»

Abgeordneter Strong: «Wäre es nicht gut gewesen anzuordnen, das Federal Reserve System solle seine Macht dazu benutzen, für eine dauerhafte Kaufkraftstabilisierung des amerikanischen Dollars zu sorgen, anstatt sich von europäischen Interessen beinflussen zu las- sen?»

Gouverneur Miller: «Ich wende mich gegen den Ausdruck ‚beeinflussen‘. Ausser- dem gibt es keine Stabilisierung des Dollars ohne Stabilisie-

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rung jeder anderen Goldwährung. Sie sind durch den Gold- standard miteinander verknüpft.» Mr.Steagall: «Hatte der Besuch jener ausländischen Bankiers zur Folge, dass das Geld in New York billiger wurde?» Gouverneur Miller: «Ja, ganz richtig.»

Das geheime Treffen der Gouverneure des Federal Reserve Board mit den führenden Köpfen der europäischen Zentral- banken fand nicht statt, um irgendetwas zu stabilisieren. Man wollte darüber sprechen, wie man am besten das Gold, das in den Vereinigten Staaten vom System gelagert wurde, zurück nach Europa bringen könnte, um zu erreichen, dass die dortigen Staaten zum Goldstandard zurückkehrten.

Der Völkerbund hatte das nicht erreicht, obwohl er haupt- sächlich deswegen gegründet worden war. Das lag vor allem daran, dass der Senat der Vereinigten Staaten es abgelehnt hatte, durch Woodrow Wilson an eine internationale Geld- macht verraten zu werden. Es bedurfte dazu des Zweiten Welt- krieges und eines Franklin D. Roosevelt.

Doch inzwischen musste Europa das Gold haben, das die USA besassen, und das Federal Reserve System gab es ihm im Wert von 500 Millionen Dollar. Die Ausfuhr dieses Goldes führte zum Börsenkrach, beendete die Wirtschaftsblüte der zwanzi- ger Jahre und verursachte die Weltwirtschaftskrise von 1928 bis 1931, das grösste Elend, das die USA und Deutschland tref- fen konnte.

Das amerikanische Volk musste diese Krise als Folge und Strafe erleiden, weil es dem Völkerbund nicht beigetreten war. Die Bankiers wussten, was eintreten würde, wenn Gold im Wert von 500 Millionen Dollar nach Europa geschickt würde. Sie wollten diese Krise, weil durch sie Handel und Finanzen der Vereinigten Staaten völlig in ihre Hände fielen. Die finanzielle Lage der Vereinigten Staaten wurde in den zwanziger Jahren bestimmt durch eine Überflutung mit speku- lativen Waren.

Die Preise für Gebrauchsgüter blieben ziemlich niedrig, trotz der unglaublichen Überbewertung von Wertpapieren an der

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«Familiensilber nach Gewicht.» Karikatur von Fritz Koch-Gotha

Börse, die weit die Grenzen überschritt, bei denen sie einen Ertrag eingebracht hätten. Die Verkäufer erwarteten von ihren Wertpapieren keine Dividende. Ihre Gedanken waren nur darauf gerichtet, die Papiere eine Weile zu halten, um sie dann wieder mit Gewinn zu verkaufen.

Bankiers schaffen eine Geldschwemme

Das musste irgendwann aufhören. Aber die Wall Street hörte nicht auf, bis das Volk alle seine Ersparnisse in die preislich überhöhten Wertpapiere gesteckt hatte. Es gab sogar das traurige Schauspiel, dass der Präsident der Vereinigten Staa- ten, Calvin Collidge, als Antreiber für die Börsenmakler auftrat, als er nämlich 1927 dem Volk empfahl, weiter Käufe an der Börse zu tätigen. Es gab wohl einiges Unbehagen an

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der Börse, doch die Bankiers zeigten ihre Macht, indem sie den Präsidenten der Vereinigten Staaten, den Finanzminister und den Aufsichtsratsvorsitzenden des Federal Reserve Sys- tems zu Erklärungen veranlassten, dass die Darlehen der Mak- ler nicht zu hoch und die Bedingungen auf dem Börsenmarkt völlig gesund wären. Nach dem geheimen Treffen des Board mit den führenden Männern der ausländischen Zentralbanken im Jahr 1927 verdoppelten die Federal-Reserve-Banken in wenigen Mona- ten ihre Bestände an Staatspapieren und Wechseln, was in jenem Jahr den Export von 500 Millionen Dollar in Gold zur Folge hatte. Das billige Geld des Systems und die Käufe der Staatspapiere am offenen Markt hielten die Zinsen für tägli- ches Geld an der Börse niedrig und schafften das Gold aus dem Land. Auch Ausländer nahmen die Gelegenheit wahr, für billiges Geld in grossem Stil Staatspapiere zu kaufen. Am 6. Februar 1929 kam Mr. Montagu Norman, Gouver- neur der Bank von England, nach Washington und führte ein Gespräch mit Andrew Mellon, dem Finanzminister. Unmit- telbar nach diesem geheimnisvollen Besuch änderte das Fede- ral Reserve Board seine Politik des billigen Geldes in die des teuren Geldes. Der Börsenkrach und die Deflation der ameri- kanischen Finanzstruktur wurden für den März 1929 geplant. Um die Kugel ins Rollen zu bringen, gab der Bankier Paul Warburg den Händlern den Rat, aus dem Markt auszu- steigen. In seinem Jahresbericht für die Aktionäre seiner Inter- national Acceptance Bank schrieb Warburg im März 1929: «Wenn es den Orgien ungezügelter Spekulationen gestattet wird, sich auszubreiten, wird der unvermeidliche Zusam- menbruch nicht nur die Spekulation selbst, sondern das ganze Land in eine allgemeine Krise stürzen.»

Während einer drei Jahre andauernden «ungezügelten Speku- lation» hielt es Paul Warburg nicht für nötig, etwas über die Lage auf dem Aktienmarkt zu sagen. Eine befreundete Zei- tung, die «New York Times», stellte für diesen Bericht nicht nur zwei Spalten ihrer Titelseite zur Verfügung, sondern

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kommentierte im Leitartikel die Weisheit und Wissenschaft- lichkeit der Beobachtungen Warburgs.

Jetzt war seine Sorge echt, denn der Börsenschwindel hatte ein viel grösseres Ausmass angenommen, als man beabsichtigt hatte. Die Bankiers fürchteten nun die Folgen, wenn das Volk begriff, was man ihm angetan hatte. Als aufgrund eines Berichtes in der «New York Times» eine Verkaufswelle auf dem Börsenmarkt einsetzte, gerieten die Bankiers in Panik und beschlossen, den Markt ein wenig zu beruhigen. Infolge- dessen warf die National City Bank Warburgs 25 Millionen Dollar in bar auf den Markt und vertagte so den Börsen- krach.

Zum Nutzen einer Gruppe von Händlern

Wohl hatte am 6. Februar 1929 das Federal Reserve Board die Aktionäre der Federal-Reserve-Banken gewarnt und ihnen geraten, aus dem Aktiengeschäft auszusteigen. Es gab sich aber keine Mühe, der übrigen Bevölkerung irgendetwas zu sagen. Niemand wusste, was wirklich vorging, bis auf die Bankiers der Wall Street, die das Schauspiel inszenierten. Die Goldbewegungen, die die Lage hätten erkennen lassen, wur- den in fast völliger Geheimhaltung durchgeführt, und amtli- che Berichte darüber waren völlig unzuverlässig. Der ehrenwerte Reginald McKenna stellte fest: «Das Studium der Beziehungen zwischen den Goldvorräten und den Bewegungen des Preisniveaus zeigt, was an sich leicht ersichtlich ist, aber unter keinen Umständen aner- kannt wird, dass nämlich der Goldstandard keineswegs au- tomatisch wirkt. Der Goldstandard kann und wird nutz- bringend angewandt und kontrolliert zum Nutzen einer kleinen Gruppe internationaler Händler.»

Als die Federal Reserve Bank von New York am 9. August 1929 den Diskontsatz auf sechs Prozent erhöhte, begannen jene Zustände am Börsenmarkt, die in den ungeheuren Ver- kaufsaufträgen vom 24. Oktober bis in den November hinein

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gipfelten und 160 Milliarden Dollar an Wertpapieren ver- nichteten. Das waren 160 Milliarden Dollar, die das ameri- kanische Volk in dem einen Monat noch besass und im anderen bereits verloren hatte. Man kann sich eine Vorstel- lung von der Grösse der Verluste machen, wenn man sich erinnert, dass die gesamten Kosten des Zweiten Weltkrieges in den USA kaum mehr als 200 Milliarden Dollar betrugen, wobei ein grosser Teil als börsenfähige Wertpapiere zu Lasten des Staates übrigblieb. Der Börsenkrach von 1929 ist das grösste Unglück, das die Vereinigten Staaten je getroffen hat. Gründe für die Erhöhung des Diskontsatzes durch das Fede- ral Reserve Board waren schwer zu klären, aber leicht zu er- klären. Dr. Friday schrieb darüber in der Septemberausgabe 1929 der «Review of Reviews»: «Die Erklärung des Federal Reserve Board vom 7. August 1929 beweist, dass die Bedürfnisse für den Herbst gedeckt sind. Die Goldvorräte sind beträchtlich höher als im voran- gegangenen Jahr, und zum finanziellen Verdruss Deutsch- lands und Englands strömt weiterhin Gold ins Land. Die Gründe für das Vorgehen des Board müssen also anderswo gesucht werden. Der Öffentlichkeit wurde nur der Hinweis gegeben, dass «gewisse besondere Bedingungen das Problem schwierig gestaltet hätten“. Alle Gründe, die Gouverneur Young letztes Jahr für die Senkung der Zinsen vorbrachte, liegen jetzt vor. In den vergangenen vier Monaten stiegen bereits die Importe des gelben Metalls, eine Erhöhung des Zinssatzes erhöht nur die Gefahr, Gold vom Ausland her- einzuziehen. Eine Förderung dieses Vorganges hiesse die Verantwortung einer weltweiten Geldverknappung auf sich laden.»

Daraus ergibt sich, dass das amerikanische Federal Reserve System nicht nur für den Ersten Weltkrieg verantwortlich war, weil es den Vereinigten Staaten die Möglichkeit gab, die Verbündeten zu finanzieren, sondern es war auch für die Weltwirtschaftskrise 1929 bis 1931 verantwortlich.

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3. Hitler als lukratives Geschäft

Im Herbst 1929 war es an der Zeit, dass die internationalen Bankiers auf den Knopf drücken sollten, mit dem die Maschi- nerie in Bewegung gesetzt wurde, die zum Zweiten Weltkrieg führte. Nachdem sie selbst ihre Agenten und Freunde auf der Welle eines künstlich aufgeblasenen Aktienbooms ausver- kauft hatten, zogen die internationalen Bankiers dem ganzen System den Boden unter den Füssen weg und stürzten die Vereinigten Staaten in eine grosse Depression. In den folgenden Jahren verlangsamte sich die Wirtschaftsentwicklung überall in der Welt, bis praktisch nichts mehr lief.

Der Börsenkrach von 1929 beendete Amerikas Kreditver- gabe an Deutschland. Dadurch wurde eine empfindliche «Flucht aus der Mark» ausgelöst, da die Leute übereinander herfielen, um die Mark gegen günstigere Währungen einzu- tauschen, denen sie ein grösseres Vertrauen schenkten. Daraus ergab sich eine empfindliche Belastung für Deutschlands Goldre- serven. Da diese abnahmen, musste die Höhe der Kredite und des Bargeldumlaufes gesenkt werden, und zwar über höhere Zinsen.

Bis zum Ende 1931 wurde in Deutschland der Diskontsatz Schritt für Schritt angehoben, bis er schliesslich die schwindelerregende Höhe von 15 Prozent erreichte, ohne dass dadurch der Abfluss von Goldreserven aufgehalten wor- den wäre. Als Deutschlands Appell, die Reparationszahlun- gen zu verringern, von seinen Gläubigern aus verschiedenen Gründen abgelehnt wurde, verschlimmerte sich das Dilemma noch weiter. Während «mehrere Komitees internationaler Bankiers» wie zum Beispiel der Kreis um Sidney Warburg - das Problem diskutierten, spitzte sich die Krise zu. Die Darm- stadter Bank und die Schroder Bank brachen zusammen.

Deutschland wand sich auch weiterhin in einem Meer von Schulden, Furcht und Schwierigkeiten, und jedermann ver- suchte, den Kopf über den immer weiter steigenden Fluten des Unheils zu behalten. An dieser Stelle nun trat Adolf Hitler

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Vom 24. Oktober 1929 bis in den November wurden über die Börse rund...

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...16 Mio. Dollar an Wertpapieren vernichtet.

und seine Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter-Partei (NSDAP) in das Rampenlicht der deutschen Politbühne. Seine Botschaft fand in den Herzen von Millionen Deutschen ein Echo.

Hitler bietet Abhilfe

Seine mit Kraft vorgetragenen Versprechungen, Deutschland aus den Fesseln des Versailler Vertrages, dem fremden Finanzmoloch, zu befreien und der erheblich eingeengten und krisenmüden Bevölkerung «Lebensraum» zu geben, fan- den zu Beginn der dreissiger Jahre Aufmerksamkeit im Volk. Er bot den Menschen etwas an, wonach sie sich sehnten. Seine Reden erweckten Hoffnung auf ein neues Leben. Das Deutschland der frühen dreissiger Jahre war eine von den internationalen Bankiers gebaute Zeitbombe, die auf eine Person vom Schlage Hitlers zugeschnitten war, der die Szene betreten und die Kontrolle ergreifen würde. Aus detaillierten Aussagen vor dem Kilgore Committee des US-Senats im Jahr 1945 im Hearing zum Thema «Elimina- tion of German Resources for War» (Beseitigung von Krieg- führungsquellen in Deutschland) geht hervor, dass, «als die Nazis 1933 an die Macht kamen, sie feststellen konnten, dass man seit 1918 enorme Fortschritte in der Vorbereitung Deutschlands für den Krieg in wirtschaftlicher und industriel- ler Hinsicht gemacht hatte». Die gewaltigen Beträge amerikanischen Kapitals, die unter dem Dawes-Plan ab 1924 nach Deutschland geflossen waren, hatten teilweise die Grundlage gebildet, auf der Hitler seine Kriegsmaschine aufbauen konnte. Wie Anthony C. Sutton in seinem Buch «Wall Street and the Rise of Hitler» ausführt, «lässt sich der vom amerikanischen Kapitalismus an Deutsch- land geleistete Beitrag zur Vorbereitung des Krieges vor 1940 nur als phänomenal beschreiben. Er war zweifellos entschei- dend für die militärische Vorbereitung in Deutschland.

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Beweise legen es nahe, dass nicht nur ein einflussreicher Sektor der amerikanischen Wirtschaft sich über die Natur des Nazi- tums bewusst war, sondern ihm auch, wo immer möglich und lukrativ —, aus Eigennutz Vorschub leistete in dem vol- len Wissen, dass am Ende Krieg stehen würde, in den Europa und die USA gezogen würden. Auf Unwissenheit zu plädieren ist mit den Fakten unvereinbar.»

Die sehr sorgfältig dokumentierten Beweise darüber, dass amerikanische Banken- und Industriekreise an dem Aufstieg von Hitlers Drittem Reich höchst massgeblich beteiligt waren, sind öffentlich zugänglich. Sie sind in den Protokollen und Berichten über I learings der Regierung der Vereinigten Staaten zu finden, die von verschiedenen Senats- und Kon- gressausschüssen in den Jahren von 1928 bis 1946 veröffent- licht wurden. Zu den wichtigsten zählen: «House Subcom- mittee to Investigate Nazi Propaganda» im Jahre 1934 (Kongressunterausschuss zur Untersuchung der Nazipropa- ganda), der Bericht über Kartelle, herausgegeben vom House Temporary National Economie Committee (Vorläufiger Nationaler Wirtschaftsausschuss des Kongresses) im Jahre 1941 sowie vom Senate Subcommittee on War Mobilization (Senats-Unterausschuss für Mobilmachung) im Jahre 1946.

Öl aus Kohle

Ein Teil dieser faszinierenden Geschichte ist mit der Entste- hung eines internationalen Kartells, mit Schwerpunkt in Deutschland, verbunden, das die Chemie- und Pharmaindustrie in der ganzen Welt kontrollierte. Beteiligungen bestanden in 93 Ländern, und es war eine mächtige wirtschaftliche und politi- sche Macht in allen Erdteilen. Es hiess I.G. Farben. 1.G. steht fur «Interessengemeinschaft» beziehungsweise «gemeinschaftli- che Interessen» oder einfacher «Kartell». Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hatte sich die I.G. Farben zum grössten Chemieunternehmen der Welt entwickelt.

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Deutschlands Führung beschloss, seine Abhängigkeit vom Ausland in Bezug auf Benzin ein für allemal zu beenden. Zwar besass Deutschland im Inland keine nennenswerten Olvor- kommen, aber es verfügte über mehr als genug Kohle. Daher gehörte es nach dem Ersten Weltkrieg zu den ersten Zielen der deutschen Chemie, ein Verfahren zur Umwandlung von Kohle in Benzin zu finden. 1920 hatte Dr. Bergius ein Verfahren entdeckt, um grosse Mengen Wasserstoff herzustellen und sie unter hohem Druck bei hohen Temperaturen und mit Hilfe von bestimmten Katalysatoren in flüssige Kohleprodukte zu verwandeln. Da- mit waren die letzten Schritte zur Benzinveredlung vorgezeich- net. Es war nur noch eine Frage der Verfeinerung dieses Hydrierprozesses. Schlagartig war 1.G. Farben im Olgeschäft. I. G. Farben benutzte diese Neuentdeckung von lebenswichti- ger Bedeutung, um die Türen zu öffnen, die zur Gründung eines weltweiten Kartells führten. Frank Howard von der Standard Oil wurde zu einem Besuch der grossen badischen Werke in Ludwigshafen im März 1926 eingeladen. Was er sah, liess ihn staunen Benzin aus Kohle! Völlig konsterniert schrieb er an Walter Teagle, Präsident der Standard Oil: «Aufgrund meiner heutigen Beobachtungen und Diskussio- nen glaube ich, dass diese Sache das Wichtigste ist, was unser Unternehmen angeht. Die Badische kann aus Braunkohle und anderen minderen Kohlesorten hochwer- tiges Motorenbenzin herstellen, und zwar in Mengen, die fast der Hälfte der Kohle entspricht. Dies bedeutet die ab- solute Unabhängigkeit Europas in Fragen der Benzinver- sorgung. Es bleibt nur der knallharte Preiswettbewerb.»

Standard Oil heiratet I. G. Farben

In den nächsten drei Jahren fanden zwischen I.G. Farben und Standard Oil intensive Verhandlungen statt. Diese führten schliesslich am 9. November 1929 zur «Heirat» zwischen

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Die Weltwirtschaftskrise brachte den totalen Zusammenbruch der deut- schen Wirtschaft. Die demokratischen Kräfte der Weimarer Republik bil- deten eine Fraktion der Ratlosen und sahen letztlich in der Machtüber- gabe an Hitler und seine Nationalsozialisten den einzigen Ausweg.

diesen beiden Industriegiganten. Der Vertrag gab Standard Oil die eine Hälfte der Weltrechte an dem Hydrierverfahren, mit Ausnahme Deutschlands. Standard gab I.G. Farben dafür 546‘000 Stammaktien im Wert von mehr als 30 Millionen. Beide Seiten vereinbarten in den Bereichen Chemie und Ölge- winnung niemals gegeneinander zu konkurrieren. Das Ziel war dabei, den Wettbewerb zu beseitigen und einen Auf- schwung der Gewinne zu garantieren.

Zwei Jahre später unterzeichnete I.G.Farben mit Alcoa das als «Alig» bekannte Abkommen, wodurch die beiden Unter- nehmen alle ihre Patente und ihr ganzes Know-how in der Magnesiumherstellung zusammenlegten.

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Als Henry Ford in Deutschland eine Autofabrik erbaute, beteiligte sich I.G. Farben mit 40 Prozent. In den USA trat Henry Fords Sohn Edsel in den Vorstand der I.G.Chemi- cal Company ebenso wie Walter Teagle, Präsident der Stan- dard Oil, Charles E. Mitchell, Präsident der Rockefeiler Bank «National City Bank of New York», sowie Paul War- burg, Cheferbauer der amerikanischen «Federal Reserve Bank».

Hitler kommt an die Macht

Bereits 1925 brachte Dr. Karl Duisburg, der erste Vorsit- zende der I.G. Farben und Gründer der American Bayer Company, seinen Wunsch nach einem «starken Mann» zum Ausdruck, der Deutschland in der Stunde seiner Bewährung anführen sollte: «Seit einig, einig. Dies sollte der beständige Aufruf an alle Parteien im Reichstag sein. Wir hoffen, dass unsere Worte von heute wirken und wir den starken Mann finden werden, der schliesslich alle unter einem Schirm zusammenbringt, denn der starke Mann ist für uns Deutsche immer notwendig, wie wir es im Falle Bismarck gesehen haben.»

Im Herbst 1932, als die Weimarer Republik am Zerbröckeln war, wurde es offensichtlich, dass Hitler am besten für die Rolle des «starken Mannes» geeignet war. Folglich «erhielt Hitler eine weit stärkere Unterstützung, als er sich jemals zu hoffen gewagt hatte. Die industrielle und finanzielle Führung Deutschlands, an der Spitze I. G. Farben, schlossen die Rei- hen und gaben Hitler ihre volle Unterstützung.»

Zwei Kartelle, die I. G. Farben und die Vereinigten Stahlwer- ke, stellten in den Jahren 1937 bis 1939, also am Vorabend des Zweiten Weltkriegs, 95 Prozent der deutschen Explosiv- stoffe her. Die Produktion kam aus Anlagen, die amerikani- sche Kredite und begrenzt auch amerikanische Technologie gebaut hatten.

Im Buch «Wall Street and the Rise of Hitler» heisst es: «Die

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Zusammenarbeit von I. G. Farben und Standard Oil zur Her- stellung von synthetischem Ol aus Kohle sicherte dem I. G.- Farben-Kartell während des Zweiten Weltkrieges ein Mono- pol auf die Benzinherstellung. 1945 wurde knapp die Hälfte des deutschen hoch-klopffesten Benzins direkt von I.G.- Farben hergestellt und der Rest fast gänzlich von verbundenen Gesell- schaften.» Die internationalen Bankiers pumpten weiter Geldströme in die deutsche Wirtschaft. Die drei grössten von den amerikani- schen Bankiers vergebenen Kredite waren für die Entwicklung der drei deutschen Kartelle bestimmt, die Hitler und seine Nati- onalsozialisten bei ihrem Aufstieg zur Macht unterstützten. Dazu führte James Martin, Chef des Referats für Wirtschafts- krieg im amerikanischen Justizministerium, aus: «Diese Kredite für den Wiederaufbau wurden zu einem Trä- ger für Arrangements, die den Zweiten Weltkrieg mehr gefördert haben als die Schaffung des Friedens nach dem - Ersten Weltkrieg.»

Das Hauptverbindungsglied zwischen Hitler und den Wall- street-Bankiers war Hjalmar Horace Greely Schacht, Präsi- dent der Deutschen Reichsbank, dessen Familie schon viele Jahre lang mit der internationalen Finanzelite verflochten war. Schacht war der kluge Kopf hinter dem Wiederaufbau- plan für Deutschland, dem Young-Plan, und auch der Bank für Internationalen Zahlungsverkehr. Anfang des Jahrhunderts hätte sein Vater in der Berliner Filiale der von Morgan kontrollierten Equitable Trust Company of New York gearbeitet. Der von Schacht konzipierte Plan funktionierte perfekt und half, die Ereignisse in der Weimarer Republik auf die explodierende Spitze zu treiben. Dr. Fritz Thyssen, der deutsche Industrielle, erklärt, er habe «sich an die Nationalsozialistische Partei erst dann gewandt, als ich zu der Überzeugung gelangt war. dass der Kampf gegen den Young-Plan unausweichlich war, wenn der vollständige Zusammenbruch Deutschlands verhindert werden sollte.

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Die Annahme des Young-Plans und seiner finanziellen Grund- sätze erhöhte die Arbeitslosigkeit mehr und mehr. Die Menschen waren verzweifelt. Hitler sagte, er werde die Arbeitslosigkeit besei- tigen. Die damalige Regierung war in einer hoffnungslosen Lage, und die der Bürger verschlimmerte sich von Tag zu Tag. Das war einer der Gründe für den enormen Erfolg Hitlers bei den Wahlen.»

1932 beherrschten Hitlers Nationalsozialisten den Reichs- tag. Da eine interne Krise die andere jagte, gewannen Hitlers kräftige Versprechungen unter den Deutschen immer mehr Beachtung. Für viele schien er der einzige Ausweg für die deutsche Nation zu sein. Er war die einzige Figur auf der politischen Bühne Deutschlands die einen zielgerichteten Weg des Handelns hatte und denselben lautstark verkündete, um die Nation aus der immer entsetzlicher werdenden Not- lage herauszuführen.

Hitler wurde am 30. Januar 1933 von Hindenburg zum Reichskanzler berufen und löste ihn nach seinem Tode als «Führen und Reichskanzler ab. Im folgenden Monat benutzte Hitler den vorsätzlich verübten Reichstagsbrand zum Vor- wand, um die verfassungsmässigen Rechte abzuschaffen und sich zum diktatorischen Führer der deutschen Nation zu er- nennen.

Nachdem mögliche Rivalen in einer Reihe von Säuberungs- aktionen beseitigt worden waren, setzte Hitler zu einem massiven Feldzug an, um Deutschland wirtschaftlich, militä- risch und psychologisch aufzubauen. Mit der Widerrufung der Bedingungen des Versailler Vertrages und der massiven Reparationszahlungen, die Deutschland in dem vorangegan- genen Jahrzehnt in einem Zustand der finanziellen Leibeigen- schaft gehalten hatten, erreichte Hitler eine bemerkenswerte Wende des Wirtschaftslebens in Deutschland. Der Lebens- standard des Durchschnittsbürgers verbesserte sich ganz ent- schieden, und man führte mit Erfolg eine Kampagne durch, die Lebensgeister der Deutschen zu neuer Kraft zu entfalten. Da sie nunmehr etwas hatten, wofür es sich zu arbeiten lohnte, machten die Deutschen sich mit der ihnen eigenen

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Gründlichkeit an die Sache. Die Arbeitlosigkeit verschwand praktisch, als die Produktion der Industrie auf Touren kam. Zeitgenössischen Beobachtern wurde jedoch bald deutlich, dass Hitler und seine internationalen Beschützer einen ausser- gewöhnlich hohen Prozentsatz an verschiedenen Produkten vom Bandrollen liessen, die sich zur Kriegführung verwenden liessen.

Aus dem Tagebuch des Botschafters Dodd

Der höchste diplomatische Vertreter Amerikas im Hitler- Deutschland war nach 1933 Botschafter Dodd.

Am 15. August 1936, also mehr als dreieinhalb Jahre nach Hit- lers Machtergreifung, berichtete Dodd an den amerikani- schen Präsidenten Roosevelt:

«Zurzeit haben hier mehr als 100 amerikanische Unterneh- men Tochtergesellschaften oder Kooperationsabkommen. Du Pont hat drei Verbündete in Deutschland, die das Rüs- tungsgeschäft unterstützen. Ihr Hauptverbündeter ist die I. G. Farben.

Standard Oil Company hat im Dezember 1933 zwei Milli- onen Dollar hierher geschickt und erhält jährlich 500’000 Dollar dafür, den Deutschen bei der Herstellung von Er- satzbenzin für Kriegszwecke zu helfen; aber Standard Oil kann Waren. Davon machen sie wenig Gebrauch. Zwar berichten sie ihre Erträge an die Muttergesellschaft, aber sie berichten nicht die Tatsachen.

Der Präsident der International Harvester Company sagte mir, ihr Umsatz sei hier um 33 Prozent pro Jahr gestiegen (Waffenhersteller, glaube ich), aber sie holen sich nichts da- von zurück. Selbst unsere Flugzeugleute haben ein Ge- heimabkommen mit Krupp. General Motors Company und Ford erzielen hier mit ihren Tochtergesellschaften Rie- senumsätze, aber entnehmen keine Gewinne. Ich erwähne diese Fakten, weil sie die Dinge komplizieren und die Kriegsgefahr vergrössern.»

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Immer mehr Geld für Kriegsvorbereitungen

In seinem Tagebuch notierte Botschafter Dodd, dass Dr. En- gelbrecht, Leiter der Rockefeller-Tochter Vacuum Oil Com- pany in Hamburg, ihm erzählte: «Die Standard Oil Company of New York baut eine Grossraf- finerie in der Nähe des Hamburger Hafens.»

Die amerikanischen internationalen Bankiers und Rockefel- lers Insider gingen aber in ihren Bemühungen um den Aufbau der deutschen Kriegsmaschine noch sehr viel weiter. Bei seinen Recherchen zu dem Buch «Wall Street and the Rise of Hitler» deckte Anthony C. Sutton die Tatsachejtuf, dass «die beiden grössten Panzerhersteller im Hitler-Deutschland Opel, eine hundertprozentige Tochter der General Motors - ih- rerseits von J. P. Morgan kontrolliert - und die Ford AF, Toch- ter der Ford Motor Company in Detroit, waren. 1936 wurde Opel von den Nazis Steuerfreiheit eingeräumt, damit General Motors seine Produktionsanlagen erweitern konnte. Gefällig re- investierte General Motors die anschliessenden Gewinne in die deutsche Industrie.»

Obwohl amerikanische Unternehmen verantwortlich für die Bereitstellung eines Grossteils der Technologie und des Kapi- tals in Deutschland waren, das Hitler für den militärischen Aufbau benötigte, gab es doch auch viele begüterte Europäer ausserhalb Deutschlands, die mehr als genug das Ihrige für dieselbe Sache taten. Aus europäischen Quellen flössen enorme Geldmengen in das nationalsozialistische Deutsch- land, und zwar über die von Warburg kontrollierte Mendel- sohn Bank in Amsterdam und später über die J. Henry Schröder Bank mit Filialen in Frankfurt am Main. London und New York.

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4. Literaturverzeichnis

U. S. Federal Reserve Board Annual Reports, 1914 bis 1950

U.S. Federal Reserve Board Bulletins, 1914 bis 1951

Senate Committee Hearings on Federal Reserve Act 1913

House Committee Hearings on Federal Reserve Act 1913

House Committee Hearings on the Money Trust 1913

House Report on Nomination of Thomas D. Jones to be a

Governor ofthe Federal Reserve Board 1914

House Investigation of Federal Reserve System 1927-1928

Senate Investigation on Fitness of Eugene Meyer to be a

Governor ofthe Federal Reserve Board 1930

Senate Gearings on Office of Price Administration 1941

Senate Hearings on Office of Price Administration 1944

House Committee Hearings on Extension o Public Debt

1945

Senate Hearings on Thomas B. Mc Cabe to be a Governor of the Federal Reserve System 1948

In deutscher Sprache:

Gary Allen: «Die Insider», VAP-Verlag, Wiesbaden, 1971 und «Die Rockefeller-Papiere», VAP-Verlag, Wiesbaden 1978

Des Griffin: «Die Herrscher», VAP-Verlag, Wiesbaden 1980 und «Die Absteigem, VAP-Verlag, Wiesbaden 1981

Eustace Mullins «Die Bankierverschwörung», Verlag für ganzheitliche Forschung, Wobbenbühl 1980

Heinz Pfeifer: «Brüder des Schattens», Roland Uebersax Ver- lag, Zürich 1982.

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II Sidney Warburg: So wurde Hitler finanziert

Vorwort

zur niederländischen Ausgabe «Die Geldquellen des Natio- nalsozialismus drei Gespräche mit Hitler» von Sidney War- burg, übersetzt von J.G. Schoup, erschienen 1933 im Verlag Van Holkema und Warendors Verlagsgesellschaft AG. Am- sterdam.

Wie es kam... . Sidney Warburg hatte wenig gesprochen,

solange die anderen Gäste noch anwesend waren. Jetzt, mit

mir allein, begann er, über den Sinclair-Skandal zu sprechen: «Es gibt Augenblicke, in denen ich aus der Welt von Intrigen, Börsenmanövern und Betrügereien weglaufen möchte. Mit meinem Vater sprach ich schon mal über diese Dinge, auch mit anderen Bankleuten und Maklern. Und wissen Sie, was ich niemals begreifen kann? Wie es möglich ist, dass Menschen, gut und ehrlich von Charakter dafür habe ich zahllose Beweise —, sich für Betrug hergeben, sich an Betrügereien beteiligen, von denen sie doch wissen können, dass Tausende durch sie getroffen werden. Die Manipulationen im Sinclair-Trust haben der Wall Street Mil- lionen Dollar eingebracht, aber Tausende von Sparern rui- niert. Aber Sie bekommen niemals eine Antwort, wenn Sie nach den Motiven der unehrlichen und sittlich nicht zu verteidigenden Handlungen der Grossen in den Finanzkreisen fragen. Es kann doch nicht sein, dass die Leute, in ihrem Privatleben edel und gut, ihren Charakter ablegen, sobald sie in die Finanz- welt eintreten, und wegen des Geldes, alle Begriffe von Ehrlich- keit und Moral beiseiteschieben.»

Dem Gewissenszwiespalt in den Worten Sidney Warburgs, Sohn eines der grössten Bankiers in den Vereinigten Staaten,

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des Firmen-Mitinhabers im Bankhaus Kuhn, Loeb & Cie. New York, war zu entnehmen, dass dies die Tragik seines Lebens ist. Dennoch konnte er sich aus dem Milieu freima- chen, dessen tiefste Antriebe er selbst nicht ermitteln konnte. Die Worte, 1928 gesprochen, geben vielleicht die Erklärung dafür, wenn ich mich jetzt, 1933, selbst frage, warum Sidney Warburg der Welt sagen wollte, wie der deutsche National- sozialismus finanziert wurde. Er hat dabei seine eigene Rolle und Mitverantwortlichkeit nicht in den Hintergrund gescho- ben, sondern ehrlich das Bekenntnis der persönlichen Mit- täterschaft abgelegt.

Als ich das Manuskript von ihm erhielt mit der Bitte, es zu übersetzen, fühlte ich, dass die Lebenstragik des Autors zu einer Stärke angewachsen war, die ihn zum ehrlichen Bekenntnis zwang, das sich auf den hier folgenden Seiten wiederfindet. Möge es der erste Schritt sein auf dem Weg zur Befreiung, die ich für den wünsche, der den Mut hat, der Welt zu sagen: «Sie machten es möglich, aber ich war dabei ihr feiges Werkzeug.»

Sollte dann die «arme Welt» oder die «arme Menschheit» Worte, mit denen Sidney Warburg sein Werk beschliesst seinen Ruf nicht verstehen, bleibt doch sein Bekenntnis eine Tat, die zu wagen notwendig war.

Denn ein Wagnis ist es, mit den eigenen Kreisen zu brechen und die Freunde von gestern vor dem Weltforum als Gewis- senlose zu brandmarken, vor allem, wenn die eigene Mit- schuld dabei nicht bemäntelt wird.

Oktober 1933 J. G. Schoup

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1929

Geld ist Macht. Der Bankier weiss es zu konzentrieren und zu manipulieren. Der internationale Bankier beteiligt sich an internationaler Politik. Die zentrale Regierung des Landes, in dem er sich niedergelassen hat, verpflichtet ihn dazu, denn sie übt Einfluss auf die zentrale Bank aus. In anderen Ländern heisst diese Bank Nationalbank. Wer begreift, was mit dem Wort «national» in den letzten Jahren kaschiert wurde und was sich dahinter verbirgt, der weiss auch, warum ein interna- tionaler Bankier sich nicht abseits der internationalen Politik halten kann.

Die ganze Welt bekam Geld von der Wall Street

Die amerikanische Bankwelt entwickelte sich seit Monaten in heftigem Tempo. Wir erlebten einen Aufschwung, wir wuss- ten es. Pessimisten hatten einen plötzlichen Umschwung vorhergesagt, jeden Tag grössere Aufträge, Wall Street lachte die Pessimisten aus. Die ganze Welt bekam Geld von der Wall Street, selbst fernab gelegene Balkanstaaten, deren Na- men wir früher einmal auf der Schule gehört und sofort wieder vergessen hatten, bekamen Kredit, und ihre Schuldverschrei- bungen wurden gekauft, die Spekulanten warfen sich darauf, die Kurse stiegen. Wirtschaftsleute sind sich heute, im Jahre 1933, noch nicht einig, warum die Pessimisten just im Jahre 1929 recht bekamen, kein Jahr früher und kein Jahr später. 1929 war für Wall Street der Beginn einer Periode elender Jahre, die noch immer nicht abgeschlossen ist.

Die Kurse brökelten nicht ab wie der gebräuchliche Aus- druck für ein normales Sinken der Notierungen lautet. Sie brachen geradezu zusammen, und nach einigen Wochen war es mit der Geldverleihmanie New Yorks vorbei. Unterhänd- ler aus Europa, deren Staaten Kredit brauchten, fuhren unver- richteter Dinge wieder nach Hause. Amerika schien kein Geld mehr zu haben.

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Wir lebten in einer Hölle

Es ist bei uns üblich, dass grosse Leute in schweren Zeiten mit ihrem Wissen nicht hinter dem Berg halten. In führenden Zeitungen wurden Interviews mit Hoover, McCormick, McKenna, Dawes, Young und zahlreichen anderen veröffent- licht, aber uns in der Wall Street machte das nicht klüger. Wenn man wegen eines Telefongespräches weggerufen wor- den war, sah man bei der Rückkehr, dass Steels, Anaconda, Bethlehem und die führenden ölwerte um 10 oder 20 Punkte gefallen waren. Ob man wollte oder nicht, die Baisse zog einen an, und ich kenne manchen seriösen Bankier von vorzüglichem Ruf, der früher eine Baisse-Spekulation als einen verbrecherischen Taschenspielertrick betrachtet hätte, aber jetzt die Baisse mitmachte, öffentlich, ohne seine Makler aufzufordern, seine Baisse-Aufträge für den Markt zu tarnen oder gar zu verschweigen.

Wie gesagt, wir lebten in einer Hölle. 1933 wurde wohl viel über diese Zeit nachgedacht, aber niemand, der die Tage nicht selbst in Wall-Street-Kreisen erlebt hat, kann sich vorstellen, wie es damals tatsächlich war. Man darf nicht vergessen, dass die ganze Welt auf Wall Street sah und dass London, Paris, Amsterdam, Berlin das Geschehen angespannt verfolgten, denn dort war man von New York abhängig. Der Krach in Wall Street bekam dadurch internationale Bedeutung.

Ich überlasse es anderen, die Ursachen dieses plötzlichen Kursumschwungs aufzuspüren. Ich will nur kurz den Zu- stand des amerikanischen Finanzmarktes im Jahre 1929 wiedergeben. Ohne einen Blick darauf würde das Folgende grossenteils unbegreiflich bleiben.

Die Federal-Reserve-Banken hatten in Deutschland gewaltige Beträge ausstehen. Seit der Aufhebung der Darmstädter und der Nationalbank, dem Nordwollekrach, der Wiederherstel- lung der D-Banken, der Plazierung der Young-Obligationen, der Einrichtung der Bank für Internationalen Zahlungsver- kehr waren die Kredite in Deutschland eingefroren. Dasselbe war der l all mit Österreich seit der Krisis der Kredit-Anstalt.

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Die Ausgleichszahlungen der französischen, belgischen, rumänischen und italienischen Kriegsschulden liefen zwar noch ein, aber stets mit Verzögerung, und bei jedem Fällig- keitstermin drangen verschiedene Schuldnerländer immer wieder auf eine Veränderung der Jahresraten und des Zinsfu- sses. Jahre zuvor schon war der Abtrag französischer Kriegs- schuld auf Bedingungen gegründet worden, die sich später als übertrieben günstig für Frankreich erwiesen.

Kurzum, im Ganzen hatten die Vereinigten Staaten 1929 ausländische Forderungen, sowohl an Regierungen wie auch an Privatleute, von ungefähr 85 Milliarden Dollar. Das war im April. 1 Jie amerikanische Bankwelt hat niemals für Wilson geschwärmt. Seinen Idealismus sahen Bankiers und Finan- ziers als ehrenwert für die Studierstube an, aber als unbrauch- bar für die internationale Geschäftswelt. Darum hat der Vertrag von Versailles, der auf Wilsons Ideen gebaut war, nie die Sympathie der Wall Street gehabt. Vornehmlich wurde dieser Vertrag deswegen missbilligt, weil Frankreich durch ihn zweifellos unbegründet bevorrechtigt worden war.

Die Reparationsschulden an Frankreich

Das war die Meinung im Jahre 1920. 1929 war sie in Hinsicht auf den Vertrag ausgesprochen feindselig gewor- den. Inzwischen waren zwar zahlreiche Änderungen an den ursprünglichen Bestimmungen angebracht worden (Dawes, Young), aber es blieb immer noch eine Tatsache, dass Frank- reich durch eine Priorität bezüglich der Reparationszahlun- gen und durch seinen Anspruch, diese in Gold und nicht in Handelsgütern zu empfangen, nach Meinung der amerikani- schen Bankwelt den Schlüssel für die wirtschaftliche Wider- herstellung Deutschlands in der Hand hielt.

Da wir heute wissen, dass diese wirtschaftliche Wiederherstel- lung Einfluss auf die Wohlfahrt Amerikas und Grossbritan- niens, ja sogar der ganzen Welt hat, versteht man, wie dringend es den Amerikanern war, mittels Krediten an

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Deutschland und Mitteleuropa diese Wiederherstellung zu fördern. Aber Frankreich warf Amerika hierbei Knüppel zwischen die Beine, weil alles Geld, was Amerika direkt oder durch Londons Vermittlung an Deutschland zahlte, und alles, was London direkt zur Finanzierung des Wiederaufbaus leistete, doch früher oder später in Form von Reparations- zahlungen seinen Weg nach Frankreich fand. Deutschland konnte nie so viel exportieren, dass seine Handelsbilanz einen ausreichenden Überschuss erzielte, um damit die Reparations- schulden an Frankreich leisten zu können. Es musste also seine Schuld von seinem Kapital bezahlen, aber das Kapital war in Form von grossen Krediten von Amerika und England bereit- gestellt worden. Der Zustand wurde unhaltbar. Deutschland konnte nicht in alle Ewigkeit fortfahren Geld aufzunehmen, Amerika und England konnten nicht unbegrenzt ausleihen. Infolge der schon genannten Schwierigkeiten in Deutschland, Österreich und Zentraleuropa waren die ausländischen For- derungen Amerikas zum grossen Teil eingefroren. 85 Milliar- den Dollar sind selbst für ein Land wie die Vereinigten Staaten kein Pappenstiel. Eingefroren waren hiervon schät- zungsweise mindestens 50 bis 55 Milliarden Dollar, der Rest war wie gesagt nicht sicher, denn mehr und mehr begann man am guten Willen der vormaligen Alliierten was die Rück- zahlung ihrer Schulden an Amerika betraf zu zweifeln, mit Ausnahme Englands. Wir müssen noch ein Stückchen in die Geschichte der Nachkriegsjahre zurückgehen. Vom Tag der Unterzeichnung des Vertrages von Versailles an hat Frank- reich seine Bedingungen als ewig und heilig angesehen, nicht aus Gefühlserwägungen, sondern aus wohlverstandenen, eigenen Interessen. Was in den letzten Jahren auch Versucht' worden ist, sei es in Gesprächen oder schriftlichen Notizen, die französische Regierung und die französischen Sachver- ständigen zu der Einsicht zu bringen, dass von Deutschland in den Worten dieses Vertrages auf finanziellem Gebiet mehr gefordert wird, als es geben konnte, es ist noch nicht gelun- gen, dieser Erkenntnis in den machthabenden Kreisen von Paris Eingang zu verschaffen.

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Die Raubritter aus dem Mittelalter

Solange sich die Franzosen diese Wahrheit nicht zu eigen gemacht haben, ist keine internationale Zusammenarbeit möglich. In diesem Jahr wird in London eine Weltkonferenz abgehalten, aber ich gebe keinen Pfennig für ihr Gelingen, wenn die französische Regierung ihren Standpunkt nicht gründlich revidiert. In allen Verhandlungen, die seit 1920 geführt wurden, um zu einer Revision des Versailler Vertra- ges zu kommen, hat Frankreich sich stets gegen einen Nach- lass der deutschen Reparationsschulden aufgelehnt. Zwar sind Nachlässe durchgesetzt worden, aber Frankreich gab hierbei nicht mehr auf als das, was es ohnehin nicht bekom- men hätte. So bekam das Land beim Anlaufen des Young- Planes den grössten Teil der unabdingbaren Jahresleistungen und wusste dadurch seine Übermacht über Deutschland auf- rechtzuerhalten.

Ich verurteile die Haltung Frankreichs nicht. Die Staatsfüh- rer und die Finanzsachverständigen des Landes werden von Motiven geleitet, die für alle Zeiten der Möglichkeit einer Wiederholung von 1914 zuvorkommen wollen, und ein Deutschland im Wohlstand die Deutschen waren und werden für Europa immer die Raubritter aus dem Mittelalter bleiben vergrössert die Möglichkeit einer Wiederholung. Darum musste nach der französischen Ansicht Deutschland wirtschaftlich schwach bleiben.

Aber die Welt braucht cm wirtschaftlich gesundes Deutsch- land, vor allem Amerika. Warum? Man findet die Antwort nicht in wirtschaftswissenschaftlichen Abhandlungen, in Betrachtungen über praktische internationale Wirtschaft, denn dicke Bücher über dieses Gebiet bringen allenfalls den Beweis eines vollständigen Mangels an Einsicht in die Wirk- lichkeit der Dinge. Wirtschaftswissenschaftler sind nun mal zumeist Stubengelehrte. Sie kennen eine Bank, eine Fabrik, ein Handelshaus, eine Börse nur von aussen. Man bedenke nur, dass Wilson, als er noch Professor in Princeton war, als der tüchtigste Wirtschaftler Amerikas galt.

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Zwischen zwei Feuern

Aber ich bin abgeirrt. Also: Frankreich will kein Deutschland im Wohlstand, weil es Befürchtungen wegen der eigenen Sicherheit hat. Amerika und England aber bedürfen eines wirtschaftlich gesunden Deutschland, weil anders in diesen Ländern selbst kein Wohlstand möglich ist. Um Deutschland wirtschaftlich schwach zu halten, beharrt Frankreich auf seinen rechtlich verbrieften Reparationsforderungen, die wegen Wilsons Mangel an Realitätssinn im Überschwang des Sieges und der Nachkriegseuphorie von 1918 bis 1920 im Vergleich zu allen anderen viel zu hoch veranschlagt worden waren und für Deutschland ein fortwährender Alpdruck ist.

Alle deutschen Regierungen haben zwischen zwei Feuern gestanden, den Forderungen des Auslandes Frankreich voran auf der einen Seite und dem Unwillen im eigenen Land auf der anderen. Gaben sie dem Ausland nach, dann schrie das deutsche Volk Verrat - und es kann hart schelten und laut schreien -—, taten sie es nicht, dann drohte eine Besetzung durch französisches Militär. So kam es zum Ruhr- Abenteuer.

Frankreich hatte damit wenig Erfolg und wiederholte Ähnli- ches dann nie mehr, fand aber einen anderen Weg, um mit seinen Reparationsforderungen den gewünschten Zweck zu erzielen.

Ich kann in diesem kurzen Abriss nicht die ganze französische Politik analysieren. Ich will darüber nur sagen, dass Frank- reich, indem es sich jeder Kürzung hartnäckig widersetzte oder nur Nachlässe hinnahm, wenn an deren Stelle andere Vorteile traten, so lange seine Reparationsforderungen bean- spruchen konnte, dass die Darlehen Amerikas und Englands an Deutschland und Österreich niemals ausreichen konnten, um erstens eine wirtschaftliche Wiederherstellung dieser Länder zu bewirken und sie zweitens in die Lage zu versetzen, ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag von Versailles selbst abgeschwächt und abgeändert - erfüllen zu können.

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Es wird niemanden wundern, dass die Finanzwelt in Amerika nach Mitteln Ausschau hielt, Frankreich auf diesem Feld schachmatt zu setzen. Erst wenn die Waffe der Reparations- zahlungen Frankreich aus den Händen geschlagen war, konnte sich Deutschland durch finanzielle Hilfe von Amerika und England wirtschaftlich wieder erholen, und dann würde auch in den zwei grössten Ländern der Welt Wohlstand wieder möglich werden. Zwischen den Federal-Reserve- Banken und führenden Privatbankiers in den Staaten kam es im Juni 1929 zu einem Gedankenaustausch. Wenig später erfuhr ich, zu welchem Ergebnis die Gespräche geführt hatten. Zuvor möchte ich noch etwas zum internationalen Olgeschäft sagen.

Das Leben hat mehr «thrill»

Dass eine internationale Ölwelt ebenso existiert wie eine internationale Bankwelt, dürfte allgemein bekannt sein. Ölmagnaten sind gierige Herren. Standard Oil und Rpyal Dutch sind gute Freunde. Diese zwei Unternehmen haben die Welt in Interessenzonen aufgeteilt, und jeder hat davon eine bestimmte Anzahl belegt.

In ihrer Zone ist das Unternehmen, der sie zugewiesen ist, auf dem Ölsektor Herr und Meister. So haben diese Gesellschaf- ten Jahr für Jahr grosse Gewinne machen können. Sowjetruss- land hat dann die ganze Sache verdorben und einen ungestü- men Konkurrenzkampf gegen Standard und Royal Dutch begonnen.

Seitdem erzielen die Unternehmen nur noch sechs oder sieben Prozent Gewinn aus ihrem investierten Kapital. Das ist nicht ausreichend, um die Gier von Direktoren zu befriedigen. Die Konkurrenz aus Sowjetrussland hatte vor allem in Deutsch- land Erfolg, weil die verschiedenen Regierungen dieses Lan- des stets Annäherung an die neuen Herrscher in Russland suchten und mit Handelsverträgen und Krediten den deut- schen Markt bequemer zugänglich machten.

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Noch einige Absätze Geduld und sie werden begreifen, wie es kam, dass Vertreter von Standard Oil und Royal Dutch bei den Besprechungen anwesend waren, die die Federal-Reser- ve-Bank im Jahre 1929 mit verschiedenen amerikanischen Bankiers führten. Ich werde nun die internationalen finan- ziellen Angelegenheiten nicht mehr so weitläufig erörtern, sondern einfach erzählen, was im Jahre 1929 mein Anteil an den schon erwähnten Besprechungen war, welcher Auftrag daraus für mich erwuchs und wie ich diesen ausgeführt habe. Für Liebhaber phantastischer Erzählungen wird dieser Be- richt trocken und langweilig sein; wenn Sie sich zu ihnen rechnen, dann werfen Sie dieses Buch besser gleich weg! Für die, die wissen, dass das wirkliche Leben mehr «thrill» bieten kann als die kühnste Phantasie eines Romanschreibers, ist mein Bericht ebensowenig geeignet, denn «thrill» setzt Mord, Totschlag, Diebstahl, Erpressung, Betrug, Ehebruch und Sex- appeal voraus. Mein Bericht ist nicht mehr als die treue Wiedergabe von vier Gesprächen, die ich mit dem «kommen- den Mann» Europas, Adolf Hitler, geführt habe.

Ich habe keine Literatur schreiben wollen, ich erzähle nur, was ich selbst erlebt habe, alles, was ich gehört habe, und hier und da werde ich zur besseren Orientierung meiner Leser meine persönlichen Einsichten hinzufügen. Ich beabsichtige nicht, mit der Veröffentlichung meiner Erfahrungen Hass gegen Personen zu züchten, ich will nur das Verbrechen eines Systems herausstellen, das die Welt regiert und worin sich das ereignen kann, was ich mitbetrieben habe. «Ereignen kann» ist nicht genau genug; sich ereignet hat, meine ich.

Für Deutschland eine Revolution

Im Juli 1929 erhielt ich die Aufforderung, am folgenden Tag in das Büro des Guarantee Trust in New York zu kommen, zu einer Unterredung mit Carter, dem Aufsichtsratsvorsitzen- den dieser Bank. Carter war allein und fiel sofort mit der Tür ins Haus.

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Am folgenden Tag sollte im Konferenzzimmer des Guarantee Trust eine Versammlung stattfinden, bei der die Aufsichts- ratsvorsitzenden der anderen Federale-Reserve-Banken, fünf Privatbankiers und der junge Rockefeller und Glean für die Royal Dutch anwesend sein würden. Carter hatte in einer vorangegangenen Versammlung das war die bewusste Zusammenkunft im Juni mit den Herren über mich gespro- chen, und alle waren sich darüber einig, dass ich der Mann war, den sie brauchten.

Ich kann perfekt Deutsch und war vier Jahre in Hamburg in einem uns befreundeten Bankhaus tätig gewesen. Carter erzählte mir, worum es ging. Die internationalen Finanzver- hältnisse waren mir vollständig bekannt, darüber brauchte er also nicht zu sprechen. Auch wusste ich genau, dass man in der New Yorker Bankenwelt nach Mitteln Ausschau hielt, um jetzt endlich dem Missbrauch ein Ende zu setzen, den Frank- reich mit seinen überzogenen Reparationsforderungen gegenüber Deutschland betrieb. Ich bekam einen kurzen Abriss über das, was Frankreich auf dem Gebiet der interna- tionalen Geldpolitik unternommen hatte. Carter wusste auch, dass man darüber in London ebenso dachte wie in New York. Weiter erfuhr ich, was am folgenden Tag noch zur Sprache kommen sollte. In jedem Fall rechnete er mit meinem Erschei- nen.

Natürlich war ich am folgenden Tag anwesend. Carter und Rockefeller führten das grosse Wort, die anderen hörten zu und pflichteten ihnen bei. Die Sache, um die es ging, war - nach Carters Worten - sehr einfach. Alle waren sich einig, dass es nur ein Mittel gab, um Deutschland aus dem finanzi- ellen Würgegriff Frankreichs zu lösen, und das war eine Re- volution.

Die Revolution konnte durch zwei verschiedene Gruppen bewirkt werden. Erstens kam hierfür die deutsche Abteilung der kommunistischen Internationale in Betracht. Aber wenn eine kommunistische Revolution in Deutschland Erfolg hat- te, würde die Macht Sowjetrusslands in Europa verstärkt und die bolschewistische Gefahr vergrössert werden.

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Blieb nur eine Revolution, durchgeführt von einer Gruppe deutscher Nationalisten. Zuvor gab es verschiedene Gruppen mit dieser politischen Ausrichtung, aber nur eine Bewegung war radikal genug, um eine wirkliche Umwälzung der Staats- ordnung in Deutschland zustande bringen zu können, not- falls mit Gewalt. Carter hatte von einem Bankdirektor aus Berlin über einen gewissen Hitler gehört.

Verlangt wurde eine aggressive Auslandspolitik

Rockefeiler hatte einen kurzen Bericht in einem deutsch- amerikanischen Blatt über die nationalsozialistische Bewe- gung unter Führung dieses Mannes Hitler (er sprach diesen Namen: Heitler) gelesen. Bei dem vorangegangenen Treffen war beschlossen worden, mit «diesem Mann Hitler» Verbin- dung aufzunehmen, um herauszufinden, ob er für eine finan- zielle Unterstützung aus Amerika zugänglich war.

Jetzt wurde mir klar die Frage gestellt, ob ich bereit war, nach Deutschland zu reisen, mich mit diesem Hitler in Verbindung zu setzen und die notwendigen Massnahmen für diese finan- zielle Hilfe zu treffen. Es musste schnell gehandelt werden, denn je schneller die Entwicklung der Nationalistengruppe in Deutschland vorangetrieben werden konnte, desto besser.

In den Verhandlungen mit Hitler sollte vor allem darauf Nachdruck gelegt werden, dass von ihm eine aggressive Auslandspolitik, die Entwicklung einer Revanche-Idee gegen Frankreich erwartet wurde. Hiervon versprach man sich zunehmende Angst auf französischer Seite und als Folge davon eine grössere Nachgiebigkeit der französischen Regie- rung in internationalen Fragen. Im Tausch dafür sollte dann Frankreich für den Fall eines deutschen Angriffs amerikani- sche und englische Unterstützung zugesagt werden. Hitler durfte natürlich von dieser Absicht nichts erfahren. Dies herauszufinden musste seinem eigenen Verstand und seiner Findigkeit überlassen bleiben. Es wurde abgesprochen, dass ich Hitler über die Höhe des Betrages, den er für einen totalen

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Umsturz der deutschen Staatsordnung als nötig erachtete, auf den Zahn fühlen sollte.

Sobald ich Genaueres wüsste, sollte ich im Geheimcode des Guarantee Trust an Carter kabeln, worauf der Betrag nach Bewilligung bei einer europäischen Bank auf meinen Namen zur Verfügung gestellt werden würde. Ich konnte dann zur Wei- tergabe an Hitler darüber verfügen.

Ich habe diesen Auftrag angenommen. Warum? Wenn ich mir jetzt diese Frage stelle, dann weiss ich darauf keine Antwort. Im Jahre 1929 hätte ich gesagt: Um mit Carter übereinzustimmen. Aber wann weiss ein Mensch, ob er gut oder schlecht handelt? Darum geht es hier auch nicht, und ich erzähle weiter.

Drei Tage später war ich an Bord der «Ile de France» mit Bestimmungshafen Cherbourg. Zwölf Tage danach kam ich in München an. Ich besass diplomatische Pässe, Empfehlungs- schreiben von Carter, von Tommy Walker (damals noch nicht kompromittiert), von Rockefeiler, von Glean und von Hoover. Die diplomatische Welt stand mir damit ebenso offen wie die Geschäftswelt, die Bankwelt und nicht zuletzt die Regierungs- kreise.

Endlich war ich mit Hitler allein

Hitler war nicht leicht zu erreichen. Der Mann war scheu oder fürchtete, sich käuflich zu machen. Der amerikanische_ Konsul in München liess sich nicht darauf ein, eine Verbin- dung mit den Nationalsozialisten Hitlers herzustellen. Das hatte einen Zeitverlust von etwa acht Tagen zur Folge.

Ich beschloss, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, und ging zum Oberbürgermeister von München, Herrn Deutz- berg, mit einer Empfehlung des amerikanischen Konsuls. Er versprach mir, dass ich schon am folgenden Tage unterrichtet werden würde, wo und wann Hitler mich empfangen könnte, aber ich zweifelte an seinen Worten. Doch hatte er nicht zuviel versprochen, denn bereits im Verlauf des folgenden

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Vormittags lag beim Pförtner meines Hotels ein freundliches Briefchen Deutzbergs, in dem er mir Tag und Stunde nannte, zu denen mich Hitler im Bräukeller empfangen wollte. Ich sollte dem Keller nur meinen Namen angeben und wurde dann zu Hit- ler gebracht.

Es glich der Geheimniskrämerei einer Maffiabande. Ich ging zu dem Termin und alles lief schnell über die Bühne. Hinter dem grossen Saal des Bräukellers befindet sich ein grosses altertümliches Zimmer, dort sass Hitler zwischen zwei Män- nern an einem länglichen Tisch. Ich hatte den Mann schon ein- mal abgebildet gesehen, aber auch ohne das Bild zu kennen hätte ich gewusst, dass Hitler der mittlere war.

Die drei Männer standen auf und stellten sich vor. Vom Kellner wurde mir eine grosse Mass Bier gebracht, und ich konnte be- ginnen. Natürlich wollte ich mit meinem Auftrag nicht in Ge- genwart der zwei Beisitzer herausrücken. Deshalb verlangte ich von Hitler ein Gespräch unter vier Augen.

Er flüsterte kurz mit den zwei Männern und sagte dann scharf: «Das ist nicht meine Gewohnheit. Wenn Sie sich ordentlich le- gitimieren können, werde ich es mir überlegen.»

Ich zeigte ihm ein paar Empfehlungsschreiben. Er überlegte nicht lange. Ein Blick genügte, und die zwei Männer verschwan- den. Dann legte ich sämtliche Empfehlungsschreiben auf den Tisch und bat Hitler, sie zur Kenntnis zu nehmen. Gewissen- haft las er die Briefe und fragte mich dann, ob ich plane, in einer amerikanischen Zeitung über meine Unterhaltung mit ihm zu schreiben. Ich verneinte es. Das erleichterte ihn offen- sichtlich. «Ich halte nichts von Journalisten», sprach Hitler wei- ter, «vor allem nicht von amerikanischen.»

Ich fragte nicht, warum, es interessierte mich nicht. Vorsich- tig stellte ich nun einige Fragen. Auf alle bekam ich auswei- chende Antworten oder ein schlichtes Ja oder Nein. Inzwi- schen hatte Hitler seinen grossen Bierkrug ausgetrunken und klingelte. Sofort kam der Kellner, der mich hereingeführt hatte, und nahm eine Bestellung auf. Der neue Krug schien Hitler die Zunge zu lösen, denn jetzt kam er in Fahrt:

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Alles für Geld

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«Von allen Fremden sind mir die Amerikaner noch die sym- pathischsten. Sie waren die ersten, die uns nach dem Krieg halfen. Das wird Deutschland niemals vergessen. Ich spreche von dem neuen Deutschland. Was denkt man in Ihrem Land über unsere Bewegung? . .. Unser Programm ist doch ins Englische übersetzt worden. Die Zeit wird euch wohl lehren einzusehen, was wir wollen.

Das deutsche Volk ist durch die Bestimmungen des Vertrages von Versailles in die Sklaverei getrieben worden. Es gibt für uns Deutsche keine Freiheit mehr, weder im eigenen Land noch im Ausland. Unsere Regierungen seit 1918 sind zusammenge- setzt aus Feiglingen und Verrätern. Jeder ist bestechlich.

Das Volk hat seinen Glauben in die neuen Führer gesetzt. Juden und Marxisten sind hier Herr im Hause. Alles für Geld. Zucht und Ordnung bestehen nicht mehr. Der deutsche Beamte ist unzuverlässig. Eine Katastrophe für das Land. Das Quasseln nimmt kein Ende. Vom Reichstag und von den Landtagen ist nichts mehr zu erwarten.

Alle politischen Parteien betreiben schändlichen Kuhhandel. Die Regierung lässt sich die Gesetze durch das Ausland vor- schreiben, statt die Zähne zu zeigen und fühlen zu lassen, dass das deutsche Volk noch zur Abwehr imstande ist...

Wie es anders werden soll? Wir führen eine intensive Propa- ganda gegen Verrat und Bestechung. Wir haben schon zwei Zeitungen, und unsere Organisationen wachsen zusehends. Man glaubt nun, mit Uniformverboten unsere Tätigkeit unterbinden zu können. Unsinn. Die Uniform ist allemal nicht der Geist. Wir werden weiter den Geist des Volkes bearbeiten.

Die Unzufriedenheit muss noch grösser werden. Die Arbeits- losigkeit muss noch zunehmen. Dann eben können wir vor- wärtsJcoommem_Die Regierung ist ängstlich geworden, weil wir bewiesen haben, dass wir den richtigen Weg zum Herzen des Volkes kennen. Wir bieten Arbeit und Brot. Das können

wir auch geben, wenn wieder wie früher ein bewusst deut- sches Volk besteht, das sein Lebensrecht in der Reihe der Na- tionen zu erobern weiss.

Die Reichswehr ist in unserer Hand, und unsere Abteilun- ‚gen haben sich überall in strenger Zucht entwickelt. Wir kle- ben nicht fest an der Utopie eines Judenbastards wie die Marxisten, sondern unser Programm ist deutsch, und von Verhandeln ist bei uns keine Rede.»

«Kraft ist Leben, Leben ist Gewalt»

Hitler machte auf mich einen eigenartigen Eindruck. Seine kurzen verbissenen Sätze, das zusammenhanglose Gehaspel ohne jede ernsthafte Beweisführung liessen mich annehmen, dass dieser Mann innerlich leer war und Schwierigkeiten mit grossen Worten und Demagogie lösen wollte. Ich brachte wieder die Organisation seiner Bewegung zur Sprache. «In unserer Bewegung herrscht ein grosser Geist von Solidari- tät. Viele Arbeitslose haben sich uns in den grossen Städten angeschlossen, in den kleineren Orten viele Mittelständler, auf dem Lande viele Bauern. Unsere Menschen opfern gern von dem Wenigen, was sie haben, um der Bewegung vorwärts zu helfen. Und Unehrlichkeit und Betrug können bei uns nicht vorkommen, denn ich habe alles selbst in der Hand. Die vorbildliche Zucht bei unsern Leuten lässt alle finanziellen Mittel wie von selbst dem Mittelpunkt hier in München zu- fliessen, und dieser Mittelpunkt bin ich... Gewalt? Aber das ergibt sich doch von selbst. Eine grosse Be- wegung hat nie ohne Gewalt praktischen Nutzen gebracht. Das klägliche Geschwätz von Pazifisten ist lachhaftl. Die Leute leben nicht. Kraft ist Leben, Leben ist Gewalt. Sehen Sie nur in der Natur, sehen Sie nur in der Tierwelt. Da gilt nur ein Recht, das Recht des Stärksten. Nach aussen hin? Das wird wohl nicht anders sein können. Ich will Amerika ausser Betracht lassen. Aber was die anderen Länder angeht, dachten Sie, dass Deutschland je ohne Gewalt seine Kolonien

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wiederbekommt, oder Elsass-Lothringen, oder die grossen Teile Polens oder Danzig?

Geld? Gerade darum geht es. Darum muss das deutsche Volk frei werden, um sich wirtschaftliche Geltung verschaffen zu können, dann nur kann das Geld verdient werden, um, so- bald die Gelegenheit dazu günstig ist, mit dem Recht der Waffen unsere Rechte zu erreichen.

Frankreich ist unser Feind, die anderen früheren Alliierten sind unsere Konkurrenten, das macht einen grossen Unter- schied. Der Schwindel der jüdischen Banken ist zu beenden. Galizische Spekulanten streichen das Vermögen des Mittel- standes ein. Die grossen Warenhäuser machen den Handel für den Kleinbürger unmöglich. Zinsen und Mieten sollten geregelt und abgeschafft werden.»

Hitler steckte eine Hand in den Spalt seines braunen Hemdes: «Hier ist unser Programm, darin können Sie alles finden, was wir uns zum Ziel gesetzt haben.»

«Ich will kein Knecht in Deutschland sein»

Es war Zeit für mich, mit dem wahren Zweck meines Besu- ches ans Licht zu kommen. Er liess mich nicht einmal ausre-

den:

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«Schwierigkeiten? Natürlich gibt es Schwierigkeiten, aber die halten mich nicht zurück. Ich habe die Beseitigung der Bevormundung des deutschen Volkes zu meiner Lebensauf- gabe gewählt, und ich werde siegen oder dabei untergehen. Die grösste Schwierigkeit ist für uns, dass das Volk durch den jahrelangen Zustand der Herabsetzung gleichgültig ge- worden ist. Dagegen ist eine starke Propaganda notwendig, die die Geister aufrüttelt. Solch eine Propaganda kostet Geld. Nein, hohe Beiträge können wir unseren Leuten nicht auferlegen. Ich habe die Beiträge schon ändern müssen, weil es viele gab, die sie nicht aufbringen konnten. Es gibt wohl bestimmte Sympathien für unsere Bewegung, vor allem beim Adel, aber diese Sympathien sind nicht rein.

Ich will kein Knecht der monarchischen Bewegung in Deutschland sein. Alle Adeligen hier sind mit monarchi- schen Ideen angesteckt, und darum lasse ich sie nicht in die Bewegung herein, ohne ihrer Absichten sicher zu sein, und auch dann stehen sie noch unter Kontrolle unserer Führer. Mit Sympathie der Grosskapitalisten können wir vorläufig noch nicht rechnen. Doch werden sie uns unterstützen müs- sen, wenn unsere Bewegung eine Macht geworden ist.

Was denkt man in Amerika über unsere Bewegung?»

Die amerikanische Meinung über seine Partei schien Hitler besonders zu interessieren. Ich gab ihm dieselbe Antwort wie zuvor, nämlich dass wir in Amerika zu wenig von seinen Absichten wüssten, um uns ein Urteil bilden zu können. Wieder begann er über die Schwierigkeiten zu sprechen: «Es gibt viele Arbeiter, die für unsere Propaganda zugäng- lich sind. Aber Eigennutz hält sie davon ab, in unsere Bewe- gung einzutreten. Die sozialdemokratischen Gewerkschaften haben starke Streikkassen. In dieser Zeit ist es für viele fast unmöglich, die Unterstützung der Gewerkschaft zu entbeh- ren. Aber wir suchen jetzt nach einem Mittel, die gutgesinn- ten Elemente aus den Gewerkschaften doch in unsere Bewe- gung aufnehmen zu können. Sie können da für uns nützliche Arbeit leisten und den Geist ihrer Mitglieder mit gutem Erfolg bearbeiten.

Ich arbeite augenblicklich einen grossen Plan aus für ein eigenes Pressebüro hier in München und einen eigenen Ver- lag mit Filialen in Berlin, Hamburg und in einer Stadt am Rhein. Norddeutschland ist für uns noch unbearbeitet, und auch in der Rheinprovinz ist unsere Bewegung noch kaum gewachsen. Bayern ist uns im Allgemeinen günstig gesinnt, ebenso Sachsen.»

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«Sind Sie auch ein Jude?»

Es wurde immer schwieriger für mich, meinen Auftrag auszu-

führen. Hitler schien sich selbst gern sprechen zu hören, und

wenn ich versuchte, ein kurzes Wort anzubringen, das die

Übermittlung meines Auftrages einleiten sollte, sprang er zu

einem anderen Thema über.

So ging es nacheinander weiter: «Präsident Hindenburg steht unserer Bewegung nicht sym- pathisch gegenüber, wird sich aber zur rechten Zeit nicht dem Volkswillen widersetzen. Die Aristokratenclique, die ihn umgibt, fürchtet sich vor der aufkommenden Macht des deutschen Volkes, weil wir wohl einmal Rechenschaft ver- langen könnten wegen ihrer laschen Haltung gegenüber dem Ausland und den jüdischen Kapitalisten.»

Er schweigt plötzlich, sieht mich lange an und sagt dann bissig: «Sind Sie auch ein Jude? Nein, Gott sei Dank, wohl deut- scher Herkunft, ja, das leite ich von Ihrem Namen ab.»

Nun bekam ich doch noch Gelegenheit, auf die Schwierigkei- ten von Hitlers Bewegung zurückkommen zu können, und ich unterbreitete ihm ohne Umschweife meinen Vorschlag einer finanziellen Unterstützung. «Wenn das möglich wäre. Was würden wir dann alles errei- chen können? Ohne Waffen muss sich unsere Bewegung doch totlaufen. Uniformen können sie uns abnehmen, den- noch wird unser Gedanke wachsen, aber wir haben Waffen nötig. An die Bestimmungen von Verträgen halte ich mich nicht, und mit genügend Geld kann man überall Waffen kaufen. Hier in München haben wir für eine ausgesuchte Abteilung eine Schiessschule errichtet, die von der Bewegung hoch gepriesen wird.»

Ich erklärte nun meinen fest umschriebenen Auftrag und fragte nach Hitlers Meinung über die Höhe des Betrags. Dies schien ihn in Verlegenheit zu bringen. Er klingelte. Ein Ge- spräch mit dem Kellner im Flüsterton. Nervös spielte Hitler mit seinem Notizbuch und schien in Gedanken versunken.

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Adolf Hitler: Vom unbekannten Sol- daten des Ersten Weltkriegs stieg er auf zum unumschränkten Herrscher fast ganz Kontinentaleuropas und endete gescheitert im Selbst- mord.

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Ein langer magerer Mann von schätzungsweise vierzig Jah- ren, ganz Soldat in brauner Uniform, kam herein. Hitler nötigte ihn, an seiner Seite Platz zu nehmen. Ich wurde nicht vorgestellt, hörte aber wohl den Namen, mit dem Hitler ihn ansprach: von Heydt. Ohne Einleitung fragte Hitler ihn, wieviel nach seiner Mei- nung nötig war, um die Bewegung intensiv in ganz Deutsch- land propagieren zu können: «Wir müssen an den Norden und ans Rheinland denken. Wir müssen bedenken, dass wir mit der Möglichkeit einer Unterstützung für die Arbeitslosen, die jetzt noch den Ge- werkschaften angeschlossen sind, viel erreichen können, und wir dürfen nicht vergessen, wieviel nötig sein kann, um den Plan der Sturmabteilungen gründlich auszuführen. Bewaff- nung kostet viel Geld, und die Schmuggler stellen hohe For- derungen.

Hundert Millionen Mark

Von Heydt nahm einen langen Bleistift vom Tisch und begann, auf der Rückseite eines Pappkartons zu rechnen. Hitler lehnte mit dem Arm auf seinem Stuhl und folgte seiner Berechnung. Dann übernahm er das Kartonblatt von von Heydt, dankte ihm in einem Ton, der deutlich die Anweisung enthielt, uns allein zu lassen: «Sehen Sie mal her. Unter unseren Umständen einen Vor- anschlag aufzustellen, ist nicht leicht. An erster Stelle möch- te ich gern wissen, wie weit zu gehen Ihre Auftraggeber bereit sind. Ferner ist die Frage, ob sie, wenn ihre Unterstützung aufgebraucht ist, bereit wären, uns weiter beizuspringen. Von Heydt hat hier eine Kostenaufstellung gemacht. In der Hauptsache kann ich dem zustimmen, ich möchte aber vor- her wissen, wie Sie zu diesen Punkten stehen. Dann kommt noch dazu, dass wir unsere Berechnung nur nach den beste- henden Plänen gemacht haben. Danach kommen aber noch verschiedene, die erst im Werden sind, die erst ausgearbeitet werden, sobald die ersten geglückt sind.

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Ich denke an die Ausbildung in unserer geplanten Segelflug- Abteilung, ich denke auch an die Beschaffung von Unifor- men für Arbeitslose die Uniformverbote sind doch nur von zeitlicher Art - und an weitere Pläne.»

Ich musste die Antwort hierauf natürlich schuldig bleiben und machte nochmal deutlich, dass diese erste Unterhaltung nur einen Kontakt herstellen sollte. Von seinen Vorstellungen über die Höhe der finanziellen Unterstützung würde es abhängen, ob meine Auftraggeber wirklich zur Beschaffung der Geldmittel bereit sein würden, und erst dann könnte ein Höchstbetrag genannt werden. Das schien Hitler nicht zu gefallen, oder er fand es vielleicht zu verwickelt, denn mit verstörtem Tonfall fragte er mich, ob ich persönlich denn keine Vorstellung über den Betrag hätte, den man ihm zur Verfügung stellen wollte. Auch hierauf musste ich die Antwort schuldig bleiben. Ich erwartete nun, dass er fragen würde, warum ihm eigentlich von amerikanischer Seite finanzielle Hilfe angeboten wurde, aber er fragte etwas ganz anderes:

«Wann könnte ich das Geld bekommen?»

Ich konnte ihm hierauf nur antworten, dass nach meiner Vermutung sofort nach meinem telegrafischen Bericht in New York wohl Massregeln ergriffen würden, um das Geld schleunigst nach Deutschland zu überweisen, sofern man sich über den Betrag einig werden würde. Er fiel mir wieder ins Wort: «Nein, nicht nach Deutschland, das ist viel zu gefährlich. Ich traue keiner einzigen deutschen Bank. Das Geld muss bei einer Bank im Ausland eingezahlt werden, wo ich dann dar- über verfügen kann.»

Wieder sah er die Berechnung auf dem Blatt an, und dann rief er mir zu, als ob er mir einen strengen Befehl geben sollte: «Hundert Millionen Mark!»

Ich gab mein Erstaunen über seinen grossen Hunger nicht zu erkennen, versprach ihm, nach New York zu kabeln und ihm baldigst die Antwort meiner Auftraggeber mitzuteilen. Davon wollte er nichts hören: «Sobald Sie Bericht aus Amerika haben, schreiben Sie nur an von Heydt. Seine Anschrift ist Lützow-Ufer 18, Berlin.

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Der setzt sich dann mit Ihnen in Verbindung wegen der wei- teren Regelung.»

Hitler stand auf, streckte mir die Hand entgegen, ein deutli- cher Wink, zu gehen.

Hitler schimpfte auf Banken und Kommunisten

Unterwegs zu meinem Hotel rechnete ich aus, dass hundert Millionen Mark ungefähr vierundzwanzig Millionen Dollar entsprachen. Ich zweifelte an der Bereitwilligkeit Carters und der anderen, einen derartigen Betrag a fonds perdu in eine politische Bewegung in Europa zu stecken. Schliesslich über- legte ich, dass man das in New York auszumachen hatte und kabelte im Geheimcode eine kurze Zusammenfassung meines Gesprächs mit Hitler.

Am Abend des folgenden Tages ging ich zu einer Versamm- lung der Nationalsozialistischen Partei. Ich hatte am Morgen eine Einladung dazu erhalten. Erst sprach Hitler, und nach ihm ein gewisser Falkenhayn.

Genau wie bei unserem Gespräch fiel mir auch jetzt wieder der Mangel an Beweisführung auf. Nirgends ein Schimmer von Beweisführung. Kurze, kräftige Sätze, abgehackt und hinausgeschrien, demagogische politische Taktik, fortlau- fende Aufpeitschung. Ich bekam Mitleid mit den anwesenden Journalisten, die einen Bericht für ihre Zeitung schreiben mussten. Über eine derartige Rede, so schien es mir, ist kein Bericht zu machen.

Hitler sprach nicht über die Bewegung, auch nicht über ein Programm oder über Verbesserungen, die er mit seinem Gefolge einführen wollte. Er schalt auf die Regierungen seit 1918, auf die grossen Banken, auf die Kommunisten, auf die Sozialdemokraten, auf diu Juden und auf die grossen Waren- häuser. Seine Rede lief über von Worten wie Verräter, Diebe, Mörder, Gewissenlose, Volksverderber, Beschmutzer des deutschen Geistes. Er nannte keine Tatsachen, blieb unbe- stimmt und allgemein, aber er hatte Erfolg damit.

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Später hörte ich, dass an diesem Abend ungefähr 130 neue Mitglieder den Nationalsozialisten beigetreten waren. Fal- kenhayns Rede machte mir den Eindruck, dass sie dazu bestimmt war, die Zuhörer nach den aufhetzenden Worten Hitlers zu beruhigen. Langweilig und halb unverständlich wollte Falkenhayn beweisen, dass Sowjetrussland eine Gefahr für die Welt war, dass in der UdSSR von Sozialismus keine Rede sein konnte und dass die Hitler-Bewegung die erste Partei war, die den wirklichen Sozialismus ins Volk brachte. Sein Erfolg war mässig.

10 Millionen Dollar wurden zur Verfügung gestellt

Schon am dritten Tag bekam ich Antwort von Carter. Eine kurze Antwort im Geheimcode. Es wurden 10 Millionen zur Verfügung gestellt, ich brauchte nur noch zu kabeln, auf welche Bank in Europa ich diesen Betrag zu meiner Verfü- gung wünschte. Carter dachte darüber offenbar genau wie ich, 24 Millionen Dollar waren wohl etwas zu viel, um sie auf einmal in den Wind zu streuen. Ich schrieb sofort an von Heydt, und am folgenden Tag rief er mich aus Berlin an.

Von Heydt kam noch am selben Abend nach München, in Gesellschaft eines unscheinbaren kleinen Mannes, den er mir mit dem Namen Frey vorstellte. Ich empfing die Herren in meinem Zimmer und teilte ihnen mit, dass New York bereit war, auf meinen Namen 10 Millionen Dollar auf einer europäischen Bank zur Verfügung zu stellen. Ich sollte hier- über zu Hitlers Gebrauch disponieren. Es musste eine Rege- lung getroffen werden über die Auszahlung und die Überwei- sung des Geldes.

Beide nahmen alles zur Kenntnis, ohne das geringste Erstau- nen zu zeigen, und sagten, nichts beschliessen zu können, ohne mit dem Führer beraten zu haben. Ich begriff tatsächlich nicht, wen sie meinten, aber als ich mehrmals den Namen Hitler nannte, berichtigte mich der kleine Frey frech: «Sie meinen den Führer.»

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Später habe ich noch öfter bemerkt, dass in den Kreisen der Nationalsozialisten niemals der Name Hitler ausgesprochen wurde, sondern dass man stets vom Führer sprach. Mir gleich, dann eben der Führer.

Ich wartete in München auf eine Nachricht von von Heydt, und zwei Tage später kündigte er mir seinen Besuch an. Er kam wieder mit Frey in mein Hotel. Folgende Regelung wurde mir vorgeschlagen. Ich sollte nach New York kabeln, die zehn Millionen Dollar bei den Bankiers Mendelssohn & Co. in Amsterdam zu meiner Verfügung bereitzustellen.

Dann sollte ich nach Amsterdam fahren und besagte Bankiers ersuchen, mir zehn Schecks zu einer Million Dollar anzustel- len, ausgeschrieben auf den Mark-Gegenwert und verteilt auf zehn Städte in Deutschland. Die Schecks sollte ich dann auf zehn verschiedene Namen überschreiben und an von Heydt, der mit mir nach Amsterdam fahren wollte, aushändigen.

Mit Ehrerbietung und Untertänigkeit

Von Holland aus konnte ich dann nach Amerika zurückkeh- ren. Ich hatte das Gefühl, dass man mir diese Prozedur vorschlug, um mich so schnell wie möglich aus Deutschland verschwinden zu lassen. Ich hatte keine Bedenken gegen die Regelung, und die Sache lief so, wie von Heyd vorgeschlagen hatte. In Amsterdam fielen mir zwei eigenartige Umstände auf. In der Geschäftsstelle von Mendelssohn & Co. wurde ich mit ungewöhnlicher Zuvorkommenheit empfangen, und von Heydt, der dicht neben mir am Schalter stand, wo ich um eine Unterredung mit dem Direktor bat, wurde von niederen und hohen Angestellten behandelt, als sei er der beste Kunde der Bank.

Nachdem die Transaktion vollzogen war und von Heydt die zehn Schecks in seiner Brieftasche hatte, bat er mich, ihn zum deutschen Konsulat zu begleiten. Auch dort wurden wir mit einer Ehrerbietung und einer Untertänigkeit empfangen, die deutlich den grossen Einfluss von Heydts bewiesen.

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Über Southampton reiste ich mit der «Olympic» zurück nach New York. Im Büro der Guarantee Trust Company erstattete ich Carter Bericht. Er liess mich aber nicht aussprechen, son- dern fragte, ob ich nicht in zwei Tagen noch einmal kommen könnte, um in einer Plenarsitzung meinen Bericht vorzutragen.

Es waren dieselben Herren wie im Juli anwesend, aber ausser Glean, der für die Royal Dutch auftrat, war noch ein Englän- der zugegen, Angell, einer der leitenden Angestellten der Asia- tic Petroleum Company.

Carter war der Meinung, dass Hitler schon ein Mann war, der sich einiges zutrauen durfte. Zwar fanden alle, dass vierund- zwanzig Millionen Dollar ein ziemlich anspruchsvoller Betrag war, aber ich bekam den Eindruck, dass gerade die Höhe des Betrages Vertrauen in die Entschlussfähigkeit des Führers weckte.

Rockefeiler erkundigte sich mit aussergewöhnlich grossem Interesse nach den Auslassungen Hitlers über die Kommunis- ten, und als ich ihm einige Sätze aus der Rede, die ich in München gehört hatte, zitierte, sagte er, dass es ihn nicht wundere, dass Hitler vierundzwanzig Millionen Dollar ver- langt hatte. Ob ich auch hätte ermitteln können, wie sich Hitler die Bewaffnung der Nationalsozialisten vorstellte, ob er es vorzöge, seine Aktion auf der Strasse durchzuführen, oder ob er sie auf parlamentarischem Wege durchsetzen wolle.

Hierauf konnte ich nur sehr unbestimmt antworten, gab aber meinen persönlichen Eindruck wieder, dass Hitler, laut seinen ÄAusserungen, alle Mittel anwenden würde, da dies seine Le- bensaufgabe sei und er gewinnen oder mit ihr untergehen wolle.

Carter fragte mich ferner, wie Hitler zur Monarchie stehe, und ob ich den Eindruck bekommen hätte, dass es ihm letztlich nur darum ginge, in Deutschland wieder den Kaiser auf den Thron zu bringen. Ich antwortete mit den Worten, die ich be- reits von Hitler zitiert habe.

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Hitler übt Rednerposen ein. An Hand dieser Bilder wandelte er dann jede einzelne Pose so lange ab, bis sie wirkte.

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Amerika begann Hitler zu bewundern

Ich weiss nicht, ob in den Jahren 1929 und 1930 noch weitere Beträge aus Amerika an Hitler gezahlt wurden. Falls es ge- schehen ist, haben die Herren sich einer anderen Zwischen- person bedient.

Tatsache ist, dass ich einige Wochen nach meiner Rückkehr aus Europa in den Hearst-Zeitungen ein besonders grosses Interesse für die neue Partei in Deutschland bemerkte. Sogar in der «New York Times», der «Chicago Tribune», der «Sun- day Times» und in anderen Blättern wurden regelmässig kurze Berichte über Hitlers Reden veröffentlicht. Wo man früher fast kein Interesse für die inneren Angelegenheiten Deutsch- lands gezeigt hatte, wurde nun das Programm der Hitler- Bewegung in langen Artikeln besprochen und oft bewundert. Im Dezember 1929 kam sogar in einem Monatsblatt der Harvard-Universität eine lange Studie über die nationalsozia- listische Bewegung in Deutschland heraus, in der Hitler als Retter dieses Landes in den Himmel gehoben und ihm erst- mals der Titel des kommenden Mannes Europas verliehen wurde.

1931

Ich hatte versprochen, mich nicht mehr über die internationa- len Verhältnisse zu verbreiten. Dieses Versprechen war vorei- lig. Ich muss hier noch einige Ereignisse, die sich am Londo- ner und New Yorker Finanzmarkt abspielten, darlegen zum besseren Verständnis dessen, was weiter folgen wird. Es ist nicht romantisch, lieber Leser, aber beklagen Sie sich bei de- nen, die Geschichte machen, nicht bei mir.

Im September 1931 gibt die Bank von England dieGolddek- kung seiner Währung auf. Das will etwas bedeuten für ein Land, das das Gold stets als Basis seines ganzen Geldwesens

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betrachtet hat. Mit der kurzen Unterbrechung von 1921 hatte England seit den Tagen des grossen Penn das Geld als Eck- pfeiler eines Geldsystems betrachtet.

Diese grundsätzliche Veränderung in England hatte auch für Amerika grosse Folgen. Die Bedeutung der Federal-Reserve- Banken wurde hierdurch bedeutend vermindert. Aber am New Yorker Markt war das nicht die grösste der Sorgen, die man sich machte. Amerika begriff vielmehr die Gefahr, die auch für den Dollar entstehen konnte. Wie es mit dem Pfund Sterling gegangen war, fürchtete man, so könnte es auch mit dem Dollar gehen.

Den Glauben an die finanzielle Legende verloren

Die amerikanische Finanzwelt wusste, dass die Abschwä- chung des Pfund Sterling hauptsächlich eine Folge der Taktik Frankreichs war, London finanziell zu schwächen, um damit Hilfe für Deutschland unmöglich zu machen. Die Lage New Yorks im Jahr 1931 unterschied sich nicht so sehr von der Londons 1929 und 1930, so dass man in Amerika fürchtete, derselben Taktik Frankreichs ausgesetzt zu werden, wie sie London mitgemacht hatte.

Die französischen Finanzsachverständigen haben seit 1926 bewiesen, dass sie geschickte Manager sind, Poincare ist das grösste Finanzgenie dieser Zeit. Früher sahen amerikanische und englische Finanzleute und Sachverständige mit einer gewissen Verachtung auf ihre französischen Kollegen herab. Die Jahre 1926 und 1931 und alles, was dazwischen geschah, haben uns gelehrt, dass wir auf finanziellem Gebiet in Paris noch etwas lernen können.

New York war in Spannung. Die Spannung wurde zur Besorgtheit dasselbe, was in früheren Jahren in London geschehen war -, als enorme Goldverschiffungen von New York nach Europa anliefen, und es schien, dass die Verschif- fungen zum grossen Teil für Frankreich bestimmt waren. Aber ganz richtig ist das so nicht. Anfangs sahen wir die

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Goldverschiffungen gerne, denn wir hatten schon lange unse- ren Glauben an die finanzielle Legende verloren, dass grosse Goldvorräte tatsächlich Wohlstand für das Land bedeuten. Das französische Volk glaubt die Fabel noch. Aber als gegen Ende September und Anfang Oktober 1931 innerhalb von drei Wochen Gold im Wert zwischen 650 und 700 Millionen Dollar nach Europa verladen worden war, fing die Ge- schichte an, uns zu beunruhigen. Es ging hier vorerst nur um sogenannte private Verschiffungen. Die französischen Regie- rungsvorräte an Gold standen noch bei den Federal-Reserve- Banken. Gegen Ende Oktober wurden sie auf 800 Millionen Dollar geschätzt.

Aber wenn auch die einmal angefordert werden würden, was dann? Natürlich waren wir imstande, den Betrag abzugeben, aber das musste in den Staaten eine Panik hervorrufen, und die Flucht aus dem Dollar würde zur Tatsache geworden sein. Also, Frankreich hatte im Grunde den Schlüssel zur Situation des Dollars in der Hand.

Kindlich unbeholfen und naiv

Wir gehen wieder einige Wochen zurück. Hoover hatte in jenen Tagen einem Redakteur der «Chicago Tribune» ein Interview gegeben. Unbewusst spielten sowohl Hoover wie auch der Redakteur die Karten Frankreichs. Einsicht in internationale Finanzangelegenheiten haben nur wenige füh- rende Köpfe. Wussten Sie, dass Rockefeiler, ein Wanamaker, ein Harding, Sohn des früheren Präsidenten, und, ich will es ruhig sagen, Hoover selbst auf diesem Gebiet kindlich unbe- holfen und naiv sind? Ich kenne auch Spitzenleute aus euro- päischen Ländern, die wenig genug von internationaler Finanz und Wirtschaft ahnen. Das ist also keine spezifisch amerikanische Erscheinung.

Hoover hatte also dem Redakteur erzählt, dass binnen Kur-

zem mit einschneidenden Vorschlägen in Hinsicht auf die Reparationszahlungen Deutschlands und die Regelung der

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Kriegsschulden zwischen allen Staaten zu rechnen war. Aus den Mitteilungen dieses Redakteurs konnte man sogar die Möglichkeit herauslesen, dass Hoover den Vorschlag machen würde, die Reperationszahlungen ganz zu streichen.

In Amerika waren die meisten von diesen Vorschlägen sehr angetan, aber Frankreich war auf dem Quirive. Ich weiss nicht, ob Hoover im Oktober 1931 Laval aus eigenem Ent- schluss nach Washington eingeladen hat, oder ob Laval sich einladen liess. In Finanzkreisen der Wall Street behauptet man, das letztere sei der Fall gewesen. Laval sollte also nach Washington kommen.

Aber gänzlich unerwartet kamen zwei französische Fachleute bereits am 15. Oktober in New York an, am selben Tag, an dem Laval sich nach den Staaten einschiffte. Die französi- schen Fachleute waren Farnier, der erste Abgeordnete der Bank von Frankreich, und Lacour-Gayet, der frühere Finanz- attache& der französischen Gesandtschaft in Washington. Sie setzten sich umgehend mit den Spitzenleuten der Federal- Reserve-Banken in Verbindung, die sogleich zwei Vertreter des Finanzdepartments hinzuzogen.

Noch heute wird viel darüber gerätselt, was in dieser berüch- tigten Konferenz besprochen worden ist. Ich weiss durch Carter, was in der Hauptsache behandelt wurde. Über Details hat er sich nie auslassen wollen. Ich habe aber herausbekom- men, dass die Besprechungen nicht eben friedlich waren.

Die Franzosen waren nach New York gekommen, um mit den Federal-Reserve-Banken zu beraten, was in New York vor- ging. Sie behaupteten, dass die französische Regierung einige Millionen am Schwund des Pfund Sterling und durch die Aufgabe des Goldstandards in London verloren hätte. Die schwache Stellung des Dollars hatte in Paris Unruhe verur- sacht, und man wollte der Gefahr zuvorkommen, dass Frank- reich am Dollar womöglich ebenso grosse oder noch grössere Verluste erleiden würde wie am Pfund Sterling.

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Die Franzosen stellten Bedingungen

Darum wollten die französischen Vertreter wissen, was getan wurde, um den Dollar zu festigen. Natürlich kamen die enormen Goldverladungen nach Europa zur Sprache und damit die grossen Vorräte für französische Rechnung bei den Federal-Reserve-Banken. Die Franzosen erklärten sich bereit, einen Betrag von gut zweihundert Millionen Dollar, der für französische Rechnung bei amerikanischen Privatbanken ausstand, auf die Federal-Reserve-Banken zu überschreiben, wodurch ihre Stellung gestärkt werden würde.

Aber die Franzosen stellten Bedingungen. An erster Stelle sollten die Federal-Reserve-Banken einen Mindest-Dollar- kurs für die französischen Aussenstände in Amerika garantie- ren; zweitens sollte der Zinsfuss für diese Beträge auf vierein- halb Prozent erhöht werden, und drittens sollte ein Mini- mumbetrag bestimmt werden, den Frankreich auf Dauer in den Staaten stehenlassen wollte. Als die Amerikaner nicht sogleich bereit waren, auf diese Bedingungen einzugehen, teilten die Franzosen «en passant» noch mit wobei dies für sie im Grunde die Hauptsache war -, dass ein Übereinkom- men, das sie, Farnier und Lacour-Gayet, mit den Federal- Reserve-Banken treffen würden, die Grundlage einer allge- meinen Übereinkunft sein sollte, die Laval mit Hoover einige Tage später in Washington abzuschliessen gedachte. Hier kam die Katze aus dem Sack.

Es war offensichtlich, dass Hoover durch Laval von seinen Plänen bezüglich der Reparationszahlungen und der Schul- denregelung abgebracht werden sollte und dass Laval die Stützung des New Yorker Geldmarktes durch die Geldreser- ven der französischen Regierung als Druckmittel einsetzen würde, um den Präsidenten zur Aufgabe seiner Pläne zu zwin- gen.

Niemand kann sagen, was das Ergebnis dieser Besprechungen sowohl in New York wie auch in Washington gewesen ist. Die New Yorker Bankwelt widersetzte sich hartnäckig dem Gedanken, dass die Staaten sich für einen Betrag von 800

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Millionen Dollar die in Amerika ausstehenden französi- schen Beträge - an die französischen Ansprüche auf interna- tionalem Gebiet verkauft haben sollten.

Dennoch ist es Tatsache, dass Hoover Laval das Versprechen gab, in Sachen der Reparationsfragen oder bezüglich der Schuldenregelung nichts zu unternehmen, ohne vorher die französische Regierung zu Rate zu ziehen. Als dies in der Wall Street bekannt wurde, verlor Hoover hier mit einem Schlag sein Ansehen. Das hat noch bei den Präsidentschaftswahlen nachgewirkt, und viele Leute behaupten, dass es diesem Umstand zuzuschreiben ist, dass Hoover nicht wiedergewählt wurde.

Ein Brief Hitlers aus Berlin

Man vergisst aber auch leicht, dass Hoover zwischen zwei Feuern stand. Auf der einen Seite die amerikanische Bankwelt mit den Federal-Reserve-Banken an der Spitze, die den Stand- punkt einnahm, dass Amerika die französischen Bankeinlagen eher entbehren könnte, als dass diese von Frankreich dazu missbraucht würden, einen moralischen Einfluss auf die inter- nationale Politik der Regierung der Vereinigten Staaten aus- zuüben; auf der anderen Seite stand das Finanzdepartment, dessen Leiter auf das Vorbild England hinwiesen und die alles tun wollten, um einer Panik wegen des schwachen Dollar- stands zuvorzukommen.

Im Oktober 1931 war die Lage in der Wall Street gedrückt und die Stimmung düster. Ende des Monats bekam ich folgenden Brief Hitlers aus Berlin: "Unsere Bewegung wächst über ganz Deutschland mit einer Geschwindigkeit, die hohe Forderungen an die finanzielle Organisation stellt. Ich habe den Betrag, der mir durch Sie vermittelt wurde (sic!) zum Ausbau der Partei verbraucht und sehe jetzt, dass ich in absehbarer Zeit festsitzen werde, wenn keine neuen Ein- künfte gefunden werden. Ich verfüge nicht wie etwa unsere Feinde, die Kommunisten und die Sozialdemokraten, über die

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grossen finanziellen Quellen von Regierungen, sondern bin ausschliesslich auf die Beiträge aus der Partei angewiesen. Von dem Betrag, den ich erhalten habe, ist nichts mehr übrig. Im kommenden Monat muss ich die letzte grosse Aktion beginnen, die uns in Deutschland an die Macht bringen kann. Dafür ist viel Geld nötig. Ich bitte Sie, mir eingehend mitzu- teilen, mit wieviel ich von Ihrer Seite rechnen kann.»

An diesem Brief fielen mir zwei Dinge auf. Es war das erste Mal, dass Hitler mir gegenüber das Wort Partei gebrauchte, und sein Ton war mehr der eines Fordernden als der eines Bittenden. Der Brief war wohl in Berlin datiert, aber erreichte mich in einem Umschlag mit amerikanischem Postwertzei- chen, gestempelt in New York. Hitler hatte also schon einen Vertrauensmann in den Staaten, eigens in New York.

Am folgenden Tag war ich bei Carter und gab ihm den Brief. Carter war der Führer der Oppositionspartei gegen die wie man sie nannte «Alte-Weiber-Haltung» der Regierung bezüglich der französischen Forderungen. Die Berichte über die veränderte Haltung Hoovers hatten ihn derartig gereizt, dass er bei jeder Gelegenheit jedem gegenüber, der es nur hören wollte, seine Wut gegen Frankreich laut kundtat.

Nägel mit Köpfen

Carter ist ein jähzorniger Mann. Er las Hitlers Brief und

begann zu lachen. Dann fluchte er und schalt sich selbst einen

grossen Stümper. Zu mir sagte er: «Was für Esel sind wir doch schliesslich, seit 1929 haben wir nicht an diesen Mann Hitler gedacht. Die ganze Zeit hatten wir das Mittel in der Hand, um Frankreich kleinzukriegen, und wir haben es nicht gesehen. Warten Sie, heute Mittag noch müssen wir hier zusammenkommen, und ich werde versuchen, Montagu Norman von der Bank von England, der gerade in New York ist, zu erreichen. Wenn er kommen will, können wir Nägel mit Köpfen machen. Sie kommen natürlich auch!»

Die Versammlung im Büro des Guarantee Trust war vollzäh-

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lig. Ich kann das nur durch die Tatsache erklären, dass der gespannte Zustand auf dem Finanzmarkt die Anwesenheit der führenden Leute in New York nötig machte und dass Carter sie also alle leicht erreichen konnte. Die Meinungen waren geteilt. Rockefeiler, Carter und McDean waren die Hitlerischen, wenn ich so sagen darf, die anderen schwank- ten. Montagu Norman musste erst darüber in Kenntnis gesetzt werden, was sich 1929 abgespielt hatte. Er fand einen Betrag von zehn Millionen Dollar ziemlich hoch für die Finanzierung einer politischen Bewegung, eine Meinung, die die anderen nicht verstanden, um so weniger, als doch bekannt ist, dass die politischen Parteien Englands hohe Beträge für ihre Propaganda verbrauchen.

Glean von der Royal Dutch teilte die Meinung Montagu Normans. Er sagte weiter, dass er in den Veröffentlichungen über die Aktionen Hitlers nur wenig von Aggressivität gegen- über FranTrefcFFEätte feststellen können. Er habe den Ein- druck, dass Hitler ein grosser Schreihals sei, der aber nie zu Taten kommen würde. Auch fiel ihm auf, dass Hitler seine «Bewegung» offenbar in eine «Partei» verwandelt hatte, und dass damit dessen parlamentarische Absichten deutlich wür- den. Glean beschloss seine Auslassungen, indem er sagte, dass genug geschwätzt worden wäre, in Deutschland mehr als anderswo, und dass auch ein Mann wie Hitler, einmal mit der Mehrheit seiner Anhänger im Reichstag, nur dabei mittun würde, ohne einen Pfifferling an den bestehenden Zuständen zu verändern.

Carter und Rockefeller bestritten diese Meinung und sagten, dass Hitler, selbst wenn er die Mehrheit im Parlament erhal- ten würde, sich doch nicht von seinem Programm abbringen lassen würde, das ihn schliesslich gegenüber dem deutschen Volk band, und dass er folglich wahrmachen müsste, was er in seinen Reden und Schriften stets als das einzige Mittel ange- geben hatte, um aus den Schwierigkeiten herauszukommen. Trotz seiner parlamentarischen Tätigkeit müsste er mit seinen Leuten doch auf die Strasse gehen, wollte er seine grosse An- hängerschaft in Deutschland nicht verlieren.

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Überall das gleiche Bild

Endlich kam man zu dem Beschluss, dass Hitler grundsätzlich weitere finanzielle Hilfe gewährt werden sollte, aber dass es vor der Festlegung eines Betrages nötig sei, dass sich jemand über den Zustand in Deutschland unterrichtete und die Hitler-Partei aus der unmittelbaren Nähe studierte. Ich wurde gefragt, ob ich bereit wäre, diese Untersuchung anzustellen und einen Betrag an Carter zu telegrafieren, der nach meinem Befund ausfallen sollte und der über denselben Weg wie 1929 nach Europa gehen sollte.

Ich konnte mich nicht sofort von meinen Geschäften freima- chen und reiste deshalb erst zehn Tage später nach Europa. Seit 1929 hatte sich in Deutschland viel verändert. Die nationalsozialistische Bewegung, deren «Führer» mich 1929 in einem Münchener Bräukeller empfangen hatte, war nun an die Oberfläche gekommen und hatte in derselben Stadt ihr Hauptquartier in einem der schönsten Gebäude im besten Stadtviertel. In anderen Städten wie Berlin, Hamburg, Frank- furt. Düsseldorf, Köln besassen die Nationalsozialisten eben- falls cm eigenes Haus, vor dem, wie vor einer Kaserne, Tag und Nacht zwei Wachen in Uniform auf Posten standen. Ich sah zahlreiche Vorbeigehende die Wachen mit Armheben grüssen, was viel Ähnlichkeit mit dem faschistischen Gruss hatte. Dabei riefen sie einander «Heil Hitler» zu.

Es war wahrlich kein langes Studium notig, um zu sehen, dass Hitlers Anhang seit 1929 enorm gewachsen war. Meine Reise durch Deutschland konnte ich abkürzen, denn überall sah ich dasselbe Bild. An Sonnabendnachmittagen und an Sonntagen trug in den meisten Städten die Mehrheit der Jugend Uniform und zog in Formationen hinaus, die sich in nichts von militärischen Gruppen unterschieden. Es gab wohl Unterschiede in den Uniformen, aber Braun und Schwarz überwog doch.

Hakenkreuze, die Wahrzeichen der Hitler-Partei, sah man überall. Selbst Frauen trugen Hakenkreuze auf Taschen gestickt. Die Verkäuferin in dem Zigarrenladen in Berlin, wo

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ich regelmässig meine Einkäufe machte, trug ein grosses Ha- kenkreuz an einer dünnen Halskette.

In Hamburg hatte ich ein Gespräch mit einem Bankdirektor, den ich noch von früher kannte. Er war sehr eingenommen von Hitler, er bekannte, dass er früher einmal mehr Vertrauen zur Deutschnationalen Partei gehabt hatte, doch zweifelte er jetzt am Erfolg dieser Bewegung, weil da die Monarchisten die Herren waren, aber das deutsche Volk den Verrat der kaiserlichen Familie 1918 noch immer nicht vergessen hatte.

Es geht um den starken Mann

Es fiel mir schwer, seine Meinung ernst zu nehmen, weil er Jude war. Ich verlangte Aufklärung und fragte ihn, wie es möglich sei, dass er als Jude Sympathie für die Hitler-Bewe- gung haben konnte. Er lachte. «Hitler ist ein starker Mann und den hat Deutschland nötig. Es muss ein für allemal Schluss sein mit Schiebungen und Kompromissen. Das deutsche Volk ist nicht reif für die Demo- kratie. Als noch ein Kaiser ganz schlicht das Land regierte, und er allein haftbar für den Gang der Geschäfte war, wurde nie über ihn gemurrt. Jeder erfüllte seine Aufgabe und begriff seine Pflicht. Die Deutschen sind von anderem Schlag als die Engländer und die Amerikaner.

In Deutschland muss einer an der Spitze sein, zu dem das Volk aufsehen kann, dann tun sie, was befohlen wird, weil es in der letzten Instanz doch um den starken Mann geht, der obenan steht. Für einen Ebert haben sie im Grunde nie etwas anderes als Spott übrig gehabt, sogar die Sozialdemokraten nient. Und was Hindenburg angeht, so bringen ihm die Leute viel Ehrerbietung entgegen, aber sie bedauern, dass er nicht im wahrsten Sinne des Wortes als Regierender handeln kann. Ab 1918 haben wir bürgerliche Kanzler gehabt, die durch die Politik zur höchsten Sprosse der Leiter hinaufgeklettert sind. Vor denen hat man keinen Respekt. Ein Fürst von Geblüt in Opposition gegen den Kaiser ist ein guter Reichskanzler.»

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Ich merkte an, dass Hitler doch auch niederer Abkunft ist. Sicher, aber er ist ganz etwas anderes. Hitler baut sich selbst auf, kriecht nicht in eine politische Partei, um sein Ziel zu erreichen, sondern stampft eine eigene Partei aus dem Boden.

«Sie werden sehen, dass Hitler kommt. Es kann noch ein Jahr dauern, aber dann ist er ‚der‘ Mann in Deutschland. Er hat im Schützengraben angefangen und wird als Diktator enden.»

Wieder stellte ich meine Frage, wie mein Geschäftspartner, selbst Jude, Anhänger der Hitler-Partei sein könnte. Er be- gnügte sich mit einer Handbewegung.

«Mit Juden meint Hitler die galizischen Juden, die nach dem Kriege Deutschland verpesteten. Die Juden vom alteingeses- senen Stamm erkennt er als ‚ebenbürtig‘ mit den andern Deutschen an und wird, wenn seine Zeit kommt, uns wie gesagt nicht zur Last fallen. Auch darf man nicht verges- sen, dass in der Sozialdemokratischen und der Kommunisti- schen Partei der Ton von Juden angegeben wird. Die wird er wohl schnappen, aber nicht, weil sie Juden sind, sondern weil sie Kommunisten oder Sozialdemokraten sind.»

Ich stellte noch eine Frage, dass Hitler doch aber auch gegen das jüdische Bankkapital eingestellt sei, ich könne wohl sagen, gegen das Bankwesen im Allgemeinen. Mein Gewährsmann fand mich sehr naiv.

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«Hitlers Programm ist nicht in allen Punkten zur Verwirkli- chung geeignet», sagte er, «und das weiss Hitler auch sehr gut. Aber um die Masse für seine Bewegung zu gewinnen, muss er auch undurchführbare Wunschbilder in den Vorder- grund stellen, gerade dieser Punkt ist wohl der kleinste, über den wir uns zu beunruhigen brauchen. Wenn Hitler einmal an die Macht kommt, dann braucht er nicht mehr nach der Sympathie der Masse zu sehen, dann ist er stark genug, um seinen eigenen Willen durchzusetzen.»

Scharf bewacht von seinen uniformierten Abteilungen der SA und SS begibt sich Hitler zu einem seiner Parteitage.

Zwei Tage später sprach ich mit einem Grossindustriellen in Berlin. Auch er war Anhänger des Nationalsozialismus. Wei- ter las ich alle Zeitungen, und als ich eine allgemeine Über- sicht über die politischen Strömungen gewonnen hatte, musste ich zur Einsicht kommen, dass die Nationalsozialisti- sche Partei in Deutschland die grösste Aktivität an den Tag

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legte und ganz sicher festen Fuss in allen Schichten der Bevölkerung bekommen hatte und dass die Gegenwehr der Kommunisten, Sozialdemokraten und der anderen Parteien lau und entschieden ungenügend war. Ich kam mehr und mehr zur Überzeugung, dass Hitler nicht experimentierte, sondern ein klar umschriebenes Ziel in Übereinstimmung mit der Mehrheit des deutschen Volkes erreichen wollte. Es wurde nun Zeit für mich, mit Hitler Kontakt aufzunehmen, und ich schrieb vom Hotel Adlon, wo ich mich aufhielt, an die Anschrift in Berlin, die ich von ihm hatte. Am folgenden Tag wurde ich ans Telefon gerufen, als ich gerade in der Hotelhalle Zeitungen kaufte. Eine Stimme, vermutlich die einer Frau, fragte mich, ob ich am Abend in meinem Hotel zu sprechen wäre und bezog sich auf mein Schreiben, das ich an den «Führer» gerichtet hatte. Auf meinem Zimmer empfing ich von Heydt und einen mir Unbekannten. Er wurde mir als Lütgebrune vorgestellt. Nach einer kurzen Mitteilung durch von Heydt ergriff Lütgebrune das Wort. Es war, als ob er eine vorab verfasste Rede vortrug, von Zeit zu Zeit blickte er auf ein Bündel Notizen: «Unsere Aktion bei den Arbeitslosen hat über Erwarten eingeschlagen, kostet aber viel Geld. Unsere Organisation ist militärisch und eben deshalb nicht billig. Die Häuser in den verschiedenen Städten sind als Kasernen eingerichtet, unsere Männer schlafen dort, essen dort, alles auf Kosten der Partei. Uniformen werden von uns geliefert. Solche, die bezahlen können, kaufen die Uniformen, aber die Arbeitslosen dürfen durch die Kosten nicht abgeschreckt werden.

So sind wir verpflichtet, den arbeitslosen Mitgliedern Uni- form und Ausrüstung gratis zu liefern. Unsere Transport- mittel sind zum Teil Eigentum von Parteimitgliedern, aber wir haben Lastautos und andere Fahrzeuge auf eigene Kos- ten anschaffen müssen, vor allem in den Landesteilen, wo wir noch nicht stark genug sind. Es gibt Parteimitglieder, die ihre Lastwagen nicht an die Bewegung ausleihen kön- nen, weil sie befürchten müssen, dass ihre Kunden ausblei- ben.

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Dann sind da noch die Waffen. Wir müssen unsere Waffen von Schmugglern kaufen, und die stellen hohe Forderungen. An den Grenzen Österreichs, Hollands und Belgiens haben wir unsere Einkaufsposten, aber oft werden die Waffen durch die Behörden beschlagnahmt. Dabei gehen Tausende von Mark verloren, und wir müssen wieder neu beginnen.»

Das Wiedersehen machte Hitler Freude

«Zu unmittelbaren Verbindungen mit den Waffenfabriken sind wir noch nicht gekommen. Nur mit der F.-N.-Fabrik in Belgien haben wir jetzt einen Vertrag, aber die Menge, die man uns garantiert hat, ist zu klein. Unsere Sturmabteilun- gen sind unvollständig ausgerüstet. Maschinengewehre kön- nen wir noch nicht kaufen, Revolver und Karabiner sind nicht ausreichend vorhanden, um auf die Strasse gehen zu können. Dabei ist der Zustrom von Arbeitslosen in manchen Städten gewaltig, und jeder neue Mann kostet uns Geld.»

So redete Lütgebrune noch eine ganze Zeit weiter. Von Heydt ergriff nun wieder das Wort und teilte mir mit, dass der «Führer» mich am folgenden Tag morgens um elf Uhr im Haus Fasanenstrasse 28 empfangen würde. Ich bräuchte dem Dienstmädchen nur meinen Namen zu sagen.

Die Nummer 28 in der Fasanenstrasse ist ein gewöhnliches Herrenhaus. Von aussen konnte ich nicht sehen, dass hier der Führer seine Unterkunft hatte, keine braunen Uniformen, keine Bediensteten. Ein Besuch bei einem gewöhnlichen Bür- ger. Hitler war in den zwei Jahren, die ich ihn nicht gesehen hatte, gealtert. Ich fand ihn aber weniger nervös, würdiger, auch besser versorgt, äusserlich und in der Kleidung, ich würde sagen, dass er selbstbewusster geworden war. Das Wiedersehen mit mir schien ihm Freude zu machen, denn er fragte mit Interesse nach vielen Kleinigkeiten, die mich persönlich betrafen. Dann, ohne Einleitung, das war noch immer seine Gewohnheit, kam er zur Sache selbst:

«Ich habe nicht viel Zeit, Lütgebrune hat Sie bereits in allem

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auf den neuesten Stand gebracht. Was sagt man nun in Amerika? Gebt uns noch ein Jahr, und wir haben die Macht in Händen. Lesen Sie die Berichte aus dem Reichstag? Wie findet man bei Ihnen unser Auftreten? Wenn einer unserer Abgeordneten aufsteht, dann lauschen sie allemal, und die rauhe Bande zittert und bebt.

Wir kriegen die Schuldigen schon. Sie haben das deutsche Volk verkauft und verraten, aber dafür werden wir sie bestra- fen. Wir haben einen Mobilmachungsplan, der klappt wie am Schnürchen. Einer meiner besten Mitarbeiter ist Göring, den habe ich damit beauftragt.

Unsere Mannschaften können in zwei Stunden im ganzen Land bereit sein, auf die Strasse zu gehen. Als erstes haben wir die Sturmabteilungen, deren Aufgabe es ist, die Gebäude zu besetzen, die politischen Leiter gefangenzunehmen, dazu die Regierungsmitglieder, die nicht mit uns gehen wollen. Dann kommen unsere anderen Leute, die die Gebäude auf Dauer besetzen, und dann wird unsere Organisation ausgebaut. Wenn Blut fliessen muss, dann soll Blut fliessen. Eine Revolu- tion macht man nicht mit einem Taschentuch. Ob das Taschentuch rot oder weiss ist, tut nichts zur Sache. Nur mit Gewalt kann man Verrätern Mores lehren.»

«Die Verträge von Versailles erkennen wir nicht an»

Hier musste ich nun doch fragen, wie das Verhältnis zum Ausland werden sollte. Hitler stand auf und lief mit grossen Schritten durch das Zimmer:

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«Das Ausland teilen wir in zwei Lager, unsere Feinde und unsere Konkurrenten. Unsere Feinde sind Frankreich, Polen und Russland, unsere Konkurrenten sind England, Ame- rika, Spanien, die skandinavischen Länder und Holland. Mit dem Rest der Welt haben wir keine Abrechnung zu ma- chen.

Die Bevölkerung von Elsass-Lothringen muss zum Aufstand kommen, dasselbe gilt für Schlesien. Das ist unsere erste Aufgabe, sobald wir an der Macht sind. Will Frankreich es

auf einen Krieg ankommen lassen, dann nur Krieg. Die Verträge von Versailles und andere erkennen wir nicht an. Ich will Deutschland und das deutsche Volk frei sehen.

Wir dürfen uns nicht bewaffnen. Dann werden wir es heim- lich tun. Alle deutschen Regierungen haben sich von Frank- reich in die Karten sehen lassen, das tun wir nicht. Unsere Abteilungen sind keine Regimenter. Unsere Waffen sind kein Kriegsmaterial.

In zwei Jahren bilde ich ein deutsches Heer, das stark genug ist, um Frankreich zu überfallen. Ich werde die chemische Industrie für Kriegszwecke ausbauen. Mit unseren Konkur- renten ist die Sache noch einfacher. Ohne Deutschland kön- nen sie nicht arbeiten und leben. Ich werde Forderungen stellen. Überall dort, wo deutsche Erzeugnisse durch hohe Einfuhrzölle abgewehrt werden, werde ich zeigen, dass sie Deutschland nötig haben.

Die Landwirtschaft muss zu ungekannter Produktion hoch- gebracht werden. Das deutsche Volk muss seine Ernährung im eigenen Lande finden können. Und schaffen wir es nicht alleine gegen Frankreich, dann ziehe ich noch Russland hinzu.

Die Sowjets können unsere Industrieerzeugnisse noch nicht missen. Wir geben Kredit, und wenn ich Frankreich nicht kleinkriege, dann werden nur die Sowjets dabei helfen.»

Alle Juden verschwinden

Ich muss hier eine kurze Bemerkung einflechten. In mein Hotel zurückgekehrt, habe ich dieses Gespräch wörtlich auf- geschrieben, meine Notizen liegen vor mir. Ich bin daher nicht verantwortlich für das Unzusammenhängende und für das Unbegreifliche dabei. Hitler fährt fort: «Stalin hat einen Plan gemacht, der wird gelingen, weil das russische Volk dafür gewonnen ist. Auch ich werde einen Plan machen und mich strikt daran halten. Und was die Russen können, können die Deutschen doppelt so schnell, doppelt so stark.

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Nach einem Jahr meiner Regierung wird es in Deutschland keine Arbeitslosen mehr geben. Alle Juden verschwinden, alle Kommunisten auch, alle Sozialdemokraten. Die Lager, in die ich sie einsperren werde, sind jetzt schon angewiesen.

Die Reichswehr ist bis zum letzten Mann in unserer Hand. Die Regierung erkennt das nicht. Ich gönne ihr die Ahnungs- losigkeit, ich bin meiner Sache sicher. Göring, Goebbels, Streicher und von Heydt sind mehrmals in Rom gewesen und haben mit Mussolini, mit Rossi, mit Dumini und anderen faschistischen Führern die ganze Organisation dort bespro- chen.

Angepasst an unsere Zustände bauen auch wir unsere Orga- nisation auf. Mussolini und Stalin, der erste mehr als der zweite, sind die einzigen Führer in der Welt, für die ich Ehrfurcht empfinde. Alle anderen sind ein Trupp alter Wei- ber. Stalin ist Jude, leider.

Hat von Heydt Ihnen erzählt, wieviel wir nötig haben? Als Ihr Brief kam, haben wir alles genau berechnet. Hat man in Amerika wohl eine Idee davon, welche Schwierigkeiten wir hier haben? Wenn nur alles den gewohnten politischen Weg entlang ginge, dann wäre es leicht, es gibt nicht eine Stadt in. Deutschland, wo ich nicht mit Freude empfangen wurde. Politische Stimmenmehrheit erreiche ich sicher.

Aber das Volk muss Angst haben, dass für den Fall wenn meine politische Aktion nicht gelingt, die Nationalsozialisti- sche Partei nicht vor einer anderen Aktion zurückschrecken wird, um mein Ziel zu erreichen. Die Angst bekommen wir nur zustande durch das Zur-Schau-Stellen unserer Macht. Die Schaustellung der Macht ist nur möglich mit Uniformen und Waffen. Wenn von einer Gruppe Braunhemden ein paar Kommunisten totgeprügelt werden, dann ist das für unsere Partei von ebenso grossem propagandistischen Wert wie eine Rede von mir selbst.»

Jetzt sind wir an der Reihe

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«Mussolini hat eine neue Zeit im politischen Leben eingeläu- tet, er war der erste, der nationale Politik mit etwas anderem als grossen Worten und parlamentarischen Anträgen betrie- ben hat. Kurzum, der ganze Apparat, um die Macht unserer Partei nach aussen sichtbar zu machen und das Volk einzu- schüchtern, kostet Geld.

Ich habe Ihnen damals geschrieben, weil die Zeit drängt und jetzt der Augenblick gekommen ist, die weitere Sache richtig anzufassen. An einigen Orten waren wir schon gezwungen, Arbeitslose abzuweisen. Für die Bewegung ist das sehr zu bedauern, denn mit Arbeitslosen kann man alles anfangen, wenn wir ihnen nur Uniformen und Essen geben können. Kennen Sie unsere Kasernen? Ich werde Sie hier in Berlin einmal ein Haus besichtigen lassen. Ich brauche nichts von den Gutsituierten, die sind zu ängstlich, um ihren kleinen Besitz, wenn es darauf ankommt. Den gewöhnlichen Arbei- ter, den Proletarier, den haben wir nötig.

Haben Sie auch mit Lütgebrune gesprochen? Das ist ein Rechtsanwalt, aber ein Intellektueller der guten Art. Gegen Intellektuelle habe ich im Allgemeinen eine tiefe Abneigung. Sie kommen immer mit Wissenschaft und geschichtlichen Lehren daher. Was haben sie mit ihrer Wissenschaft erreicht? Nichts.

Jetzt sind wir an der Reihe, nun sollen einmal die Faust und das Schwert sprechen. Arbeit und Kampf, das ist doch das ganze Leben. Träumen und Spinnen hat noch nie etwas zustande gebracht.

Haben Sie auch Verbindungen zur Reichsbank? Da wird es auch Pfuscherei geben. Wenn ich mal an der Reihe bin, werde ich dort auch Hausputz halten. Schacht scheint mir noch der beste der ganzen Bande zu sein, aber er ist in der Wirklichkeit des Lebens unzuverlässig geworden. Auf das viele Studieren und die Träumereien müssen nun Taten folgen. Die Jugend muss aufs Land an die Arbeit und gedrillt werden, um sich sobald wie möglich bewähren zu können.»

Sie sollen mich auf Knien anerkennen

Ich wurde davon, wie er im Zimmer hin und her lief, nervös. Es kann auch sein, dass seine scharfen Worte und der Mangel an Folgerichtigkeit in seinem Sprechen mich ermüdeten. Aber Hitler redete weiter:

«Wenn ich in Amerika leben würde, würde ich mich nicht mit Politik befassen, denn dort ist das Volk wirklich frei, und Amerikaner zu sein ist ein Vorrecht. Deutscher zu sein ist in den letzten Jahren eine Schande geworden. Wir werden dafür sorgen, dass es wieder eine Ehre sein wird.

Wissen Sie, dass man mir diesen Schandnamen nicht zugeste- hen will? Ich bin in Österreich geboren und darum bin Ich kein Deutscher. Lächerlich. Aber sic sollen mich auf ihren Knien anerkennen, nicht als einen der Ihren, sondern als ihren Führer.

Die Kommunisten beginnen ängstlich zu werden, die Ju- den denken, dais die Reise nicht dahin gehen wird, die So- zialdemokraten glauben noch, dass sie ihre Haut mit parla- mentarischem Geschwätz und Anträgen retten können. Wir haben hier in Berlin die besten Leute bei den Kommunis- ten, die Führer klagen über ihre Not in Moskau und bitten um Hilfe. Aber sie wissen nicht, dass Moskau nicht helfen kann. Sie müssen sich selbst helfen, aber dazu sind sie zu feige.

Die schwierigste Geschichte ist das Verhältnis zu den Kirchen. Die lutherische macht mir keine Mühe, die anderen prote- stantischen Kirchen werden auch wohl beizeiten beidrehen, aber die Katholiken. Sie wissen ja, dass ich katholisch bin. Das Zentrum ist eine tüchtige Partei und kann mit den bayrischen Parteien als Stützen viel erreichen. Die Partei müssen wir beachten, bis wir die Stärkeren sind. Aber es sitzen auch Luder darin, das weiss ich wohl, aber vorläufig lasse ich sie links liegen. In manchen Distrikten stellen sich die Bischöfe gegen die Nationalsozialisten. Da sind Priester, die National- sozialisten keine Absolution erteilen und die Kommunion verweigern. Eine tüchtige Tracht Prügel würde das ändern

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können, aber das ist hier keine gute Taktik, wir müssen war- ten. Von Heydt hat also keinen Betrag genannt, Lüthgebrune auch nicht. Das konnten sie auch nicht, die kennen den Betrag nicht. Sehen Sie, wir haben alles genau ausgerechnet, und wir lassen Ihren Auftraggebern die Wahl. Es gibt zwei Möglich- keiten. Entweder gehen wir auf die Strasse, sobald unsere Sturmabteilungen vollkommen organisiert sind. Das ist eine Frage von drei Monaten, nachdem wir das Geld haben.

Oder wir arbeiten mit aufeinander folgenden Wahlen und halten unsere Truppen in der Hinterhand, um einzugreifen, falls nötig. Den ersten nennen wir den Revolutionsplan, den zweiten nennen wir den Staatsumstellungsplan. Wie ich sage, ist der erste eine Frage von drei Monaten, der zweite ist eine Frage von drei Jahren. Wie denken Sie darüber?»

«Alles hängt vom Geld ab»

Ich konnte nicht mehr tun, als mit einem Schulterzucken meine Unwissenheit erkennen zu lassen.

«Natürlich kennt ihr Amerikaner die Zustände hier nicht, und es ist schwierig zu sagen, welcher der beste Weg ist, den wir beschreiten müssen. Aber was meinen Sie denn, was Ihre Auftraggeber sagen werden?»

Auch diesmal konnte ich keine Antwort geben. Hitler fuhr

fort:

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«Sehen Sie mal her. Ich bin mir selbst mit meinen Mitarbei- tern noch nicht einig, welchen Weg wir einschlagen müssen. Göring ist für die Revolution, kurz und gut, die anderen sind mehr für die Umstellung, und ich selbst bin mit beidem ein- verstanden.

Die Revolution kann in ein paar Tagen die Macht in unsere Hand spielen, die Umstellung verlangt lange Monde an Vor- bereitung und viel Untergrundarbeit. Aber es gibt einen Grund, warum wir noch keinen Beschluss gefasst haben, und der ist, dass wir nicht wissen, auf wieviel Geld wir von seifen Ihrer Auftraggeber rechnen können.

Wenn Sie 1929 freigebiger gewesen wären, würde jetzt alles schon lange in Ordnung sein. Aber mit den zehn Millionen Dollar haben wir noch nicht die Hälfte unseres Programms durchführen können.

Ich werde Ihnen jetzt unsere Berechnung für die Sonderfälle mitteilen. Revolution heisst, dass wir mit reichlichen Zahlun- ‚gen an Arbeitslose die Menschen an uns ziehen müssen und in schnellem Tempo Waffen kaufen und unsere Sturmabtei- Jungen organisieren müssen. Damit werden die Schmuggler Missbrauch treiben und Preise verlangen, die unsere Ausga- ben gewaltig steigern. Mit viel Geld wird es uns gelingen, Maschinengewehre hereinzuschmuggeln, denn ohne Maschi- nengewehre ist es zwecklos, damit anzufangen.

Die Umstellung dagegen kann dann vollzogen werden, wenn wir verschiedene Wahlen durch Behinderung in Parlament, Reichstag und Landtagen erzwungen haben. Die Masse wird dann wahlmüde und lässt sich durch unsere forsche Propa ganda leicht bluffen. Während wir unsere parlamentarische Arbeit tun, bewaffnen wir unsere Männer und organisieren die Sturmabteilungen.

Einzelne von Zeit zu Zeit sich wiederholende Demonstratio- nen durch unsere Abteilungen gegen Kommunisten sind dann zweckmässig, um dem Volk eine Vorstellung von unse- gen. Bei der Wahl, die uns die wirkliche Mehrheit bringt, ist das Ziel erreicht, eben dasselbe, was eine Revolution uns nach einem Monat oder nach deren drei oder vier bringen könnte. Für beide Wege bin ich zu haben. Alles hängt vom Geld ab.»

Hitler setzte sich wieder an den Tisch. Er nahm ein kleines Notizbuch, sah zu mir und fuhr fort:

«Die Revolution kostet eine halbe Milliarde Mark. Die Um- stellung kostet zweihundert Millionen Mark.»

Er wartete einen Augenblick: «Was werden Ihre Auftraggeber da-

rauf beschliessen?»

Ich konnte nicht antworten. Ich versprach, dass ich mich mit New York in Verbindung setzen würde.

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«Ihr Interesse geht mich nichts an»

Hitler nahm wieder das Wort, stand auf und begann wieder zu wandern.

«Ihre Leute in Amerika haben doch sicher ein Interesse da- ran, dass unsere Partei die Macht in Deutschland in die Hände bekommt. Sonst wären Sie nicht hier und mir wären 1929 nicht die zehn Millionen Dollar überwiesen worden.

Ihr Interesse geht mich nichts an, und wenn Sie es gut begreifen, müssen Sie einsehen, dass ich ohne finanzielle Mittel nichts erreichen kann. DieJCommunisten bekommen Geld aus Moskau, das weiss ich und das kann ich bewei- sen. Die Sozialdemokraten werden von jüdischen Bankiers und durch Grossbanken unterstützt und haben eine starke Parteikasse. Die Deutschnationalen bekommen enorme Be- träge von der Grossindustrie, und ihr Leiter Hugenberg ist Besitzer verschiedener Zeitungen, die gute Gewinne bringen. Die Zentrumspartei bekommt jeden notwendigen Betrag von der katholischen Kirche und hat Milliarden zur Verfügung, vor allem in Süddeutschland. Wenn ich damit die armseli- ‚gen vierzig Millionen Mark vergleiche, die ich 1929 von Ih- ren Auftraggebern bekommen habe, dann verstehe ich noch nicht, wie wir es gewagt haben, mit den beschränkten Mit- teln unser grossartiges Programm anzufassen. Sie haben doch sicher sowohl in Deutschland wie hier in Berlin gese- hen, wie weit wir seit 1929 vorangekommen sind. Stehen Sie denn nicht erstaunt vor diesem Ergebnis?»

Es dauerte fünf Tage

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«Soll ich Ihnen mal was sagen? Die Reichswehr ist durch und durch nationalsozialistisch, das wissen Sie schon, aber es gibt keine Behörde, in der unsere Partei nicht starken Anhang hätte. Besonders in der Reichsbahn und in der Reichspost sind wir stark, und wenn unsere Revolutionsparole nach

einigen Monaten hinausgeht, dann können wir ohne viel Mühe die Hand auf die Behörden legen.

Als ich 1929 mit Ihnen sprach, musste ich noch sagen, dass der Norden und die Rheinstrecke noch lau waren. Das ist jetzt gänzlich geändert. Selbst in Frankfurt am Main, wo die Juden stark sind, haben wir unser eigenes Haus, und in Hamburg, wo die Deutschnationalen und die Kommunisten einen gros- sen Anhang haben, sind wir gut organisiert.

Auf zahlreichen Konsulaten im Ausland sitzen Parteigenos- sen, und beim ersten Signal aus Berlin gehen sie radikal mit uns. Besagt dies alles nichts?

Beweist das nicht, dass die ‚lumpigen‘ vierzig Millionen gut verwendet sind? Aber alles muss flugs und gut gehen, und unser Geld ist aufgebraucht. Sagen Sie Ihren Auftraggebern, dass sie in ihrem eigenen Interesse so schnell wie möglich die 500 Millionen Mark senden müssen, dann sind wir in höch- stens sechs Monaten klar.»

Die letzten Sätze hatte Hitler hinausgeschrien, als ob er vor einer Volksversammlung stünde, und er schnauzte mich an, als ob ich sein ärgster Gegner wäre. Ich hatte genug davon, wiederholte, dass ich meinen Bericht nach New York geben und eilig berichten würde, was ich dann auch noch am selben Tag erledigte.

Es dauerte fünf Tage, bis ich Antwort aus New York hatte. In den fünf Tagen hatte ich das Gefühl, nie alleine zu sein. Das heisst mit Ausnahme der Stunden, die ich in meinen Hotelräu- men verbrachte. Überall glaubte ich Männer zu sehen, die mir folgten. Ich weiss noch nicht, ob es Wirklichkeit oder Einbil- dung war, aber ich könnte verschiedene Begebenheiten erzäh- len, die sicher Beweise für eine fortlaufende Kontrolle waren, unter der ich in den fünf Tagen stand.

Aber ich will die detektivischen Fähigkeiten meiner Leser nicht prüfen. Einen Fall jedoch muss ich erzählen.

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Ich wurde beschattet und abgehört

Am zweiten Tag nach meiner Unterredung mit Hitler ging ich auf dem Kurfürstendamm in Richtung Wilmersdorf. Dort wohnte ein alter Freund meiner Familie in einer kleinen Villa. Ich wollte ihn besuchen. Als ich über den Damm ging und in die Strasse einbog, in der die Villa steht, sah ich deutlich, dass mir ein Mann vorausging, den ich in den letzten zehn Minu- ten mindestens drei- bis viermal hinter oder vor mir bemerkt hatte.

Ich kam an die Villa und wollte eben den Knopf der elek- trischen Klingel drücken, als ich ein Kärtchen an der Aussen- seite des Zaunes bemerkte. Mit Bleistift stand daraufin Druck- buchstaben geschrieben: «Abwesend». Ich klingelte nicht. Am Abend rief ich von meinem Hotel aus im Haus meines Freundes an, bekam aber keine Verbindung. Nach einigen Minuten des Wartens teilte mir das Telefonfräulein mit, dass niemand zu Hause sei. Dies alles war mir in Berlin noch sehr natürlich und nicht ungewöhnlich vorgekommen.

Später, in New York - ich hatte am letzten Tag, den ich in Berlin war, ein Briefchen an meinen Freund geschrieben und gesagt, wie leid es mir getan hätte, dass er nicht zu erreichen gewesen war —, bekam ich eine Antwort von ihm, in der er mir mitteilte, nicht aus Berlin fortgewesen zu sein und meine Bemerkung bezüglich seiner Abwesenheit nicht verstünde. Auch ich begriff nichts von der Geschichte, bis ich zu Beginn dieses Jahres hörte, dass unser alter Familienfreund in Berlin ein bekannter Sozialdemokrat war. Er ist übrigens inzwischen in die Schweiz geflüchtet.

Wir Amerikaner interessieren uns in der Regel nur mässig für die politische Überzeugung unserer Freunde. Ich hatte vorher nicht gewusst, dass er Sozialdemokrat war. Aber seit 1931 ist mir alles klar und ich glaube, dass ich in den fünf Tagen nicht nur beschattet wurde, sondern dass auch das Tele- Ion in meinem Hotelzimmer abgehört wurde. Dabei darf man nicht vergessen, dass Hitler 1931 noch nicht Reichs-

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kanzler war,sondern lediglich Führer einer starken politischen

Partei.

Carter antwortete mir undeutlich. Ich drahtete also zurück:

«Wiederholung» und bekam dann ein langes Kabel.

Von den genannten Beträgen könne keine Rede sein. «Wollen wir nicht und können wir nicht. Beweisen Sie dem Mann, dass derartige Überweisungen nach Europa den Fi- nanzmarkt zerrütten müssten. Erwarten langen Bericht, be- vor Beschluss gefasst werden kann. Bleiben Sie dort und set- zen Sie Ermittlungen fort. Überzeugen Sie den Mann, dass seine Wünsche unmöglich sind. Vergessen Sie im Bericht nicht eigene Einsicht in zukünftige Möglichkeiten.»

«Schwindler seid ihr alle»

Carter hatte keine hohe Meinung von Hitlers finanzpoliti- schen Einsichten, wollte darum einen ins Kleinste gehenden Bericht von mir vor der Beschlussfassung abwarten und erwartete von mir, dass ich den Führer von der Unmöglichkeit seiner Wünsche überzeugen und in meinem Bericht meine eigene Meinung über die Aussichten seines Erfolges angeben sollte.

Ich schrieb Hitler einen Brief und teilte ihm den Inhalt des Telegramms mit. Zwei Tage darauf bekam ich in meinem Hotel Besuch von zwei Herren, die ich noch nicht kannte. Göring und Streicher. Der erste war ein elegant aussehender Mann, forsch im Auftreten, sehr brutal. Der zweite machte auf mich den Eindruck eines Duckmäusers.

Göring begann das Gespräch, indem er sein Erstaunen dar- über ausdrückte, dass ich die Meinung des Führers nicht teilte. Mir als Amerikaner müsste es freilich schwerfallen, die deutschen Zustände zu begreifen, aber der Führer hätte mich doch über den Plan und das Programm der Partei so gut unterrichtet, dass ich jetzt darüber ausreichend informiert sein müsste.

Ich bremste ihn sofort. Meine Einsicht oder meine Meinung

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täten hier nichts zur Sache. Ich sollte ja kein Geld verschen- ken, ich war nur Zwischenperson. Das schien er nicht zu glau- ben und blieb dabei, mich persönlich anzusprechen, er ne- gierte vollkommen die Tatsache, dass ich Auftraggeber hinter mir hatte.

Streicher ergriff nun das Wort und schlug einen bittenden Tonfall an. Ich konnte diesen Mann nicht ausstehen. Wie unangenehm auch die Brutalität Görings war, sie war mir hundertmal lieber. Wir kamen nicht voran. Ich machte zum soundsovielten Mal klar, dass ich nichts an der Sache ändern könnte, dass ich meinen Bericht noch am selben Tag nach New York gesandt hatte und abwarten musste, was meine Auftraggeber beschliessen werden. Nun wurde Göring zornig und sagte mir buchstäblich: «Das ist alles Schwindel. Wir haben Sie doch nicht gerufen. Erst lassen Sie vor unseren Augen einen stattlichen Betrag schimmern, und wenn wir angeben, was wir brauchen, dann ist es zu hoch, und die Herren können nicht liefern. Schwindler seid ihr alle.»

Entschuldigung von Göring

Seine Unverschämtheit machte mich böse, und ich wies Goring die Tür. Er und Streicher gingen ohne Gruss. Ich schrieb einen Brief an Hitler persönlich und ersuchte ihn, fernerhin selbst mit mir zu verhandeln und keine Vertreter mehr zu senden, vor allem nicht Göring. Ich erzählte kurz, was vorgefallen war, und fügte noch hinzu, dass ich Göring keinesfalls mehr zu sehen wünschte.

Was sich zwischen Hitler und Göring abgespielt hat, weiss ich nicht, aber am folgenden Tag bekam ich einen Brief von Göring, in dem er mir seine Entschuldigung anbot und die Schuld für sein Auftreten auf die grosse Spannung schob, unter der er als Parteileiter und zweiter Mann nach dem Führer im Augenblick lebte.

Am folgenden Tag wurden mir wieder zwei Herren gemeldet.

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Amerikaner machen in Europa oft einen grossen Fehler. Sie empfangen jemand zu voreilig auf eine einfache Ankündi- gung hin. In Amerika ist das ohne Bedeutung, dort wird alles unbekümmerter erledigt. Unnötiges Gerede gibt es dort in der Geschäftswelt selten.

Ich empfing die beiden Herren. Es war von Heydt und eine neue Person. Vorgestellt als Gregor Strasser. Eine feinere Type als Göring, aber hinter seiner grösseren Förmlichkeit ebenso brutal.

Von Heydt sprach zuerst. Ich hörte kaum hin und fiel ihm ins Wort. Alles Gerede mit Leitern der Partei hätte im Augen- blick keinen Sinn. Es war auf New York zu warten. Wenn der Herr Hitler mich in der Angelegenheit sprechen wollte, dann würde ich gerne eine Unterredung annehmen und ihm den Standpunkt meiner Auftraggeber deutlich machen.

Strasser stellte sich zwischen uns beide. Ob ich den Stand- punkt denn teilte? Ich hatte in der ganzen Angelegenheit keinen Standpunkt. Ich führte einen Auftrag aus. Die Ant- wort war aber im Codestil gegeben. Und da ich sie Hitler unverändert durchgegeben hatte, konnte es vielleicht mög- lich sein, dass ich einige Punkte erhellen konnte. So musste meine Mitteilung verstanden werden.

Strasser begann wieder über das Programm auszupacken. Ich bekam den Eindruck, dass seine Aufgabe hauptsächlich das Bearbeiten der Arbeitslosen war. Er schalt, ohne aber grob zu sein, auf die Gewerkschaftsbonzen und die der Sozialdemo- kratischen Partei. Er nannte hintereinander vierzig bis fünf- zig Namen, und dann wies er todernst auf die Wand und sagte immer genauso ruhig: «Das ist der Platz für die Kerls und dann zehn Scharfschützen davor.»

Die gröbsten Worte, die er gebrauchte, waren Kanaille und Hunde, aber er sagte sie ebenso ruhig wie alle anderen.

Ich habe genug von seinem Geschwätz und bitte die Herren, mich jetzt allein zu lassen, weil ich noch eine Anzahl Briefe schreiben will. Strasser gibt mir eine Karte, eine Einladungs- karte, am folgenden Sonntag in Breitenbach einer nationalso- zialistischen Parade beizuwohnen. 60

Der Heldenmut eurer Leiber

Ein überraschender Anblick! Auf einer Buschwiese, von knor- rigen Baumstämmen umgeben, stehen im Viereck fünf Sturm- abteilungen und lauschen dem Pastor, der einen Feldgottes- dienst hält. Aus der Ansprache des protestantischen Pfarrers habe ich die folgenden Sätze behalten. Sie haben mir einen tieferen Einblick in den deutschen National-sozialismus gege- ben als die vielen Worte Hitlers und seiner Führer:

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«Ihr seid Streiter Gottes. Tag für Tag strömt das beste Blut, weil ihr mit Heldenmut eure Leiber zu einem Bollwerk gegen den Bolschewismus aufgerichtet habt, um zweitausend Jahre christlicher Kultur vor dem Untergang zu retten. Ihr, die ihr auf eure roten Fahnen der Volksgemeinschaft mit dem wei- ssen Feld der Reinheit und der Treue mit dem Runenzeichen des Sieges den bitteren Streit für deutsche Art und deutsches Wesen geschrieben habt, ihr handelt gut für euer Gewissen und für Gott.

Lasst euch nicht missleiten, lasst euch nicht unterdrücken. Christus’ Geist ist ein Geist des Kampfes gegen Satan und seine Hölle. Der Feind, der Christus durch seinen Kreuzestod besiegen wollte, versucht sich gegenwärtig wieder aufzurich- ten. Der Feind, der ewig rastlos ziehende Jude, hat beschlos- sen, Rache zu nehmen. Er trachtet danach, die Heiligkeit der Ehe zu vernichten, bewusst die Reinheit der Sitten und die Volksseele zu vergiften. Und da muss die christliche Näch- stenliebe, weil es um Sein oder Nichtsein des Christentums selbst geht, zum Kampf aufrufen.

Kameraden, unser Kampf ist eine gerechtfertigte Notwehr. Unser Nationalsozialismus ist die Rettung für Volk und Vaterland. Hört nicht auf die Politiker, die unseren fanati- schen Nationalismus als Verbrechen ausmalen, die jeden Nationalismus verfluchen. Unser Nationalismus ist derselbe wie der eines Pastors Wetterle, wie der eines Kardinals Mercier von Mechelen, eines Kardinals Dubois von Paris, die mit Tausenden ihrer Priester das französische Volk zur

Gregor Strasser musste sich nach der Machtübernahme der Natio- nalsozialisten selbst umbringen, weil er in Rotterdam bei der Geldübergabe an die National- sozialisten zugegen war.

flammenden Vaterlandsliebe anfeuerten und es mit glühen- der Begeisterung zum Standhalten bis zum Endsieg ermutig- ten.

Was gut ist für Franzosen und Belgier, ist es für uns Deutsche etwa weniger gut? Im Weltenbrand von 1914 stand der Feind an den deutschen Grenzen. Heute sitzt der Feind mitten im Land, verknechtet unser Volk und macht es zu Sklaven.

Im August 1914 zogen Millionen aus, gesegnet von der Kirche und unter der Hut der Gebete der Kirche auf die mörderischen Schlachtfelder, um Volk und Vaterland zu retten.

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Was damals erlaubt war, ja selbst unseren Priestern geboten wurde, soll jetzt falsch, Irrtum und verboten sein?»

Der Segen Gottes ruht auf dem Kampf

«Kameraden, das sind Lügen. Und darum sage ich euch, Nationalsozialist zu sein bedeutet, Streiter zu sein für ein Volk, das bereit ist, seinen Gottesglauben, seine Sittenreinheit und seine Ehre bis zum letzten Atemzug zu verteidigen. Ihr seid eine Vorsehung Gottes, weil ihr das Untermenschentum mit seinem tödlichen Vernichtungsgift bannen wollt. Der Segen Gottes ruhe aufeurem Kampf. Und nun Mütze ab zum Gebet.

Wir wollen, wie es die niederländischen Geusen taten, vor dem letzten, entscheidenden Kampf die Hände falten und singen, dass es tausendfältig über das Land schallen soll: Herr, mach uns freil»

Das Dankgebet ist zu Ende, der Feldgottesdienst ist damit beendet. Scharfe Kommandos klingen über das Feld, die brau- nen Reihen formieren sich zum Abmarsch.

Zwei Gendarmen in grünen Uniformen sehen mit Interesse auf die Sturmabteilung, die Polizei ist auf dem Posten. In ganz Deutschland vornehmlich in Preussen hat sie strengen Auftrag bekommen, allen Bewegungen der SA nachzugehen. Innenminister Severing hat vorige Woche im Reichstag über die gefährliche Putschvorbereitung der NSDAP gesprochen.

Drei Tage später bekam ich ein Telegramm aus New York. Bericht erhalten. Sind bereit, zehn, höchstens fünfzehn Mil- lionen Dollar zu liefern. «Weise den Mann auf die Notwendigkeit der Aggressions- drohung gegen das Ausland hin.»

Wieder schreibe ich an Hitler, um eine Unterredung zu vereinbaren. Ich teile ihm mit, dass ich Antwort aus New York erhalten habe und dass ich um den Vorzug bitte, ihn persönlich hiermit bekannt machen zu dürfen.

Noch am selben Abend bekam ich Besuch von von Heydt,

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wieder in Gesellschaft von Strasser. Der Führer ist überarbei- tet, auf Vorschrift des Arztes muss er mindestens zwei Wo- chen Ruhe halten. Sie haben Vollmachten, die sie mir zeigen, sie können in seinem Namen verhandeln.

Mit Unlust teile ich dann den Inhalt des Telegramms aus New York mit.

Fünfzehn Millionen Dollar das Maximum

«Fünfzehn Millionen Dollar» er nimmt tatsächlich das Maximum -, sagt von Heydt, «ist nicht viel für unsere ge- waltige Aktion. Aber ich weiss, dass der Führer es annehmen wird. Von Revolution kann nun keine Rede sein. So wie Göring und andere es sich vorstellen, so leicht geht es nicht. Ich würde selbst auch gern auf die Barrikaden gehen, ich habe genug von den Zuständen. Aber wir wollen uns keine Wahn- idee in den Kopf setzen. Wir würden abgeschossen werden, bevor wir wissen, was eigentlich im Gange ist. Das würde für uns Leiter unverantwortlich sein. Wir müssen Hitler nun Vorschläge präsentieren, um uns besser zu organisieren und unsere Leute gut zu üben.

Revolution jetzt würde Mangel an Soldatengeist und Kame- radschaft sein. Sinnlose Opfer in Kauf nehmen ist ein kom- munistischer Gedanke. Damit haben wir nichts zu tun. Die SA jetzt auf die Barrikaden, das würde Vernichtung unserer Bewegung bedeuten, das würde Blutvergiessen heissen, sogar kostbares Blut für nichts. Auf unsere toten Leiber würde die Fahne des Chaos und der Verzweiflung, die Fahne des Bol- schewismus gepflanzt werden. Wir haben in unserer Partei seit einigen Wochen einen Zulauf neuer Elemente festgestellt, die noch mit Mühe zu handhaben sind. Sie kommen aus anderen Parteien und von anderen Weltanschauungen, sie müssen sich noch in unsere Welt einleben.»

Von Heydt scheint ebenso wie alle Leiter der nationalsoziali-

stischen Partei, die ich nun schon empfangen habe, von der Manie angesteckt zu sein, überall, ob passend oder unpas-

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send, das Programm und die Taktik der Partei zur Sprache bringen zu müssen, als ob er auf einer Volksversammlung wäre.

Strasser fragt mich, wann nach meiner Meinung die fünfzehn Millionen Dollar in Deutschland ausbezahlt werden könnten. Ich antworte ihm, dass dies eine Frage weniger Tage ist, sobald ich weiss, ob Hitler mit dem angebotenen Betrag einverstanden ist, aber dass ich, vor allem um die nötigen Massregeln zur Überweisung des Betrages nach Europa zu treffen, doch wohl eine Unterredung mit Hitler haben müss- te. Von Heydt sagt mir, dass dies vorläufig unmöglich sei, weil Hitler vollkommene Ruhe halten müsse. Auf seine Rückkehr zu warten würde eine grosse Verzögerung bedeuten. Wenn ich Wert darauflege, will er eine Versammlung mit allen Par- teileitern anberaumen, morgen oder übermorgen, und da kann ich mitteilen, was ich Hitler persönlich sagen wollte. Ich bleibe bei meinem Standpunkt und sage zum Schluss, dass ich nichts tun werde, ohne mit Hitler persönlich gesprochen zu haben.

«Amerikaner kennen unsere Pläne nicht»

Am anderen Tag zu Mittag wurde ich vom Essen in meinem Hotel weggerufen. In der Halle wartet ein Chauffeur mit einem Brief an mich. Es ist ein eigenhändiges Schreiben Hitlers, worin er mich ersucht, mit dem gesandten Auto zu ihm zu kommen.

Eine Viertelstunde später sitze ich in seinem Zimmer in der Fasanenstrasse. Ich kann keine Übermüdung oder Krankheit an ihm sehen, spreche nicht über seine Gesundheit und führe unmittelbar meinen Auftrag aus. Hitler steht wieder auf, und während er im Zimmer umher- geht, schreit er: «Fünfzehn Millionen Dollar! Das sind ungefähr 60 Millio- nen Mark. Wie lange dauert es, bis dieser Betrag hier ist? Es ist viel und viel zuwenig, um die Dinge richtig anzu- packen. Die Amerikaner kennen unsere Pläne nicht.»

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Ich mache ihm klar, dass fünfzehn Millionen das Maximum sind und dass er aus der Abschrift des Telegramms, die ich ihm zugesandt habe, wohl gesehen hat, dass man über zehn, maximal fünfzehn Millionen spricht. Zuerst hört er mir andächtig zu. Ich benutze die Gelegenheit, hinzufügen, dass im Kabel auch steht, dass ich ihn auf die Notwendigkeit eines aggressiven Auftretens nach aussen hinweisen soll.

Amerika hat vermutlich den Eindruck, dass seine Tätigkeit im übrigen Europa noch nicht genügend nachwirkt. Ich will nicht weiterreden, vielleicht will er jetzt wissen, was meine Auftrag- geber eigentlich damit bezwecken. Aber Hitler beginnt wieder zu schreien: «Denken die, dass ich mit den Menschen hier Wunder tun kann? Habt ihr wohl eine Idee von der Gleichgültigkeit der Deutschen? Das Tudenpack hat hier den Menschen einen Geist von Schwindel, Geldverdienen, Internationalismus, Pazifismus beigebracht. Dagegen müssen wir Tag für Tag auftreten.

Erst müssen wir dem Volk Mut beibringen, und dann erst können wir etwas beginnen. Es gibt keine Disziplin in Deutschland. Wir müssen wieder von Grund auf anfangen. Wartet nur, bis wir mit unserer Arbeit am deutschen Volk erfolgreich sind, dann kommt das Ausland an die Reihe. Lest doch unser Programm, wir werden keinen Daumenbreit davon abweichen.

Lest die Punkte eins bis sieben. Punkt 1: Errichtung eines geschlossenen Nationalstaates, der alle deutschen Stämme umfasst. Die Erläuterung dazu lautet: Wir verzichten auf keinen Deutschen in Sudetendeutschland, in Elsass-Lothrin- gen, in Polen, in der Völkerbundkolonie Österreich und in den Nachfolgestaaten des alten Österreich.

Lest das Vorwort von Punkt 2: Erzbergerische und Strese- mannsche Liebedienerei gegenüber dem Ausland hat ein Ende, und man wird dann auf einmal sehen, dass das Aus- land vor einer kraftvollen Vertretung der deutschen Interessen ganz anderen Respekt haben wird, und statt Fusstritten und

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Ohrfeigen wird Achtung und Rücksichtnahme auf deutsche Wünsche auf dem Gebiet der auswärtigen Politik und des Internationalen die Folge unseres Auftretens sein.

Juden werden des Landes verwiesen

Was sagt Punkt 3: Das Ausscheiden der Juden und aller Nichtdeutschen aus allen verantwortlichen Stellen des öffent- lichen Lebens.

Und Punkt 4: Die Einwanderung von Ostjuden und anderen minderwertigen Ausländern wird nicht mehr’ zugelassen. Lästige Ausländer und Juden können des Landes verwiesen werden.

Lest doch mal Punkt 6: Wer nicht Deutscher ist, kann nur als Gast im deutschen Staat leben und steht unter Fremden- recht.

Und Punkt 7: Die Rechte und Interessen der Deutschen gehen vor Interessen und Rechten der Angehörigen fremder Völker. Und obenan stellen wir doch unser Ziel: die Wiedergeburt Deutschlands im deutschen Verständnis deutscher Freiheit. Was wollen Sie noch mehr? An diesem Programm halten wir fest, und wir werden es bis zum letzten Buchstaben durchfüh- ren. Ich weiss wohl, dass ich uns damit Frankreich, Polen, die Tschechoslowakei, vielleicht auch Russland, Italien und Ungarn an den Hals hole, aber das hat vorläufig keine Bedeutung. Daran können wir erst denken, wenn unser Volk bereit ist, die Folgen einer deutschen Politik im Interesse des deutschen Volkes ohne jeden Vorbehalt auf sich zu nehmen. Unser Volk ist entartet, und die fremden Flecken müssen erst hinaus.»

Hitler setzt sich wieder und denkt kurz nach. Jetzt spricht er ruhiger:

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«Gut, die fünfzehn Millionen Dollar nehme ich. Unserem Programm werden wir weiter folgen, nur die Taktik muss geändert werden. Ich werde den langsamen Weg wäh- len, den Weg der Umstellung, aber wir werden kommen. Es muss schon beim Reichspräsidenten Hindenburg anfangen. Wenn ich die aristokratische Clique, die um ihn herum-

scharwenzelt, aus dem Wege geräumt habe, dann habe ich freie Bahn.

Aber sein Sohn hält nichts von mir, und er hetzt seinen Vater gegen mich auf. Der Reichspräsident ist ein alter Mann und lässt sich von anderen führen. Gut, dann nur mit den fünf- zehn Millionen. Von Heydt wird dann mit Ihnen besprechen, wie ich den Betrag entgegennehmen will.»

«Was ich erreicht habe, bürgt für mich»

Ich machte ihm noch deutlich, dass meine Auftraggeber die fünfzehn Millionen nicht auf einer Überweisung schicken würden, sondern dass sie erst zehn Millionen und später noch fünf Millionen überweisen könnten und dass sie noch auf meine Mitteilung warteten, bevor sie tätig würden. Ich wies Hitler noch auf die Bedeutung der Bedingung hin, die im Telegramm Carters angegeben war: das forsche Auftreten nach aussen hin.

Diesmal begann er nicht, in seinen abgerissenen Sätzen zu maulen und sein Programm zu schmettern, sondern sprach bestimmt und ruhig: «Überlassen Sie dies nur ruhig mir. Was ich bereits erreicht habe, bürgt für das, was ich erreichen kann»

Hiermit war das Gespräch beendet, was ich sehr angenehm fand, denn ein Gespräch mit Hitler ist etwas Ermüdendes. Er schreit und rast in einem fort. Offenbar packt ihn immer die Gewohnheit, wie in Volksversammlungen zu sprechen, so dass er ein normales, ruhiges Gespräch nicht mehr führen kann. Am selben Tag noch drahtete ich einen breit angelegten Bericht über mein Gespräch mit Hitler nach New York und verwies auf seine Programmpunkte, die die ausländische Politik betrafen und auf sein festes Versprechen, keinen Daumenbreit davon abzuweichen. Ich glaubte nicht, dass dies ausreichen würde, um Carter in Bezug auf die aggressive Haltung der Nationalsozialisten gegenüber dem Ausland zu beruhigen, und meinte, dass die Sache hiermit gestorben sei.

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Italienische Kultur mit deutschem Geist

Aber drei Tage später bekam ich von Carter eine Antwort, die diametral gegen meine Meinung stand. Fünfzehn Millionen Dollar sollten auf meine Anforderung hin bei der europäi- schen Bank, die ich benennen würde, eingezahlt werden. Unverzüglich schrieb ich diese Antwort an Hitler.

Von Heydt suchte mich auf und bat mich, sofort den Betrag auf folgende Weise nach Europa überweisen zu lassen: fünf Millionen auf meinen Namen bei Mendelssohn & Co, Amsterdam, fünf Millionen bei der Rotterdamschen Bank- vereinigung, Rotterdam, und fünf Millionen bei der Banca Italiana in Rom.

Mit von Heydt, Gregor Strasser und Göring reiste ich in die drei Städte, um die Beträge abzuheben. Es musste eine grosse Zahl Schecks ausgeschrieben werden auf grosse und kleine Orte in Deutschland und auf zahllose Namen. Die NS-Führer hatten lange Namenslisten bei sich.

In Rom, im Hauptgebäude der Bank, wurden die Herren durch Jen Hauptkommissar empfangen, und als wir fünf Minuten in seinem Büro waren, kamen zwei an ihren Uniformen zu erkennen - hochgestellte Faschisten ins Büro. Vorgestellt als Rossi und Balbo. Göring nahm das Wort, er sprach italienisch mit den Herren. Was gesprochen wurde, konnte ich nicht verstehen.

Wir wurden zum Essen in Balbos Haus eingeladen. Ich war der einzige, der nicht in Uniform war. Die NS-Führer hatten ihre braunen, die Faschisten ihre schwarzen Uniformen an. Nach dem Essen wurde in einem grossen Saal mit geöffneten Türen zu einem prächtigen Garten getanzt. Die braunen Uniformen waren bei den Damen sehr beliebt.

Ein alter Italiener, auch im schwarzen Hemd mit zahlreichen Dekorationen, sass neben mir, um nach den Tänzern zu se- hen. Er begann ein Gespräch in Deutsch. Italien hätte nie seine Bundesgenossenschaft mit Deutschland aufgeben sollen, dann ständen wir jetzt viel stärker Frankreich gegenüber. Aber unsere Freunde in Deutschland sind auf dem besten

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Wege, und wenn die Revolution dort Tatsache werden soll- te, kommen die alten guten Tage von früher zurück. Es ist keine schönere Kombination möglich als die italienische Kul- tur mit dem deutschen Geist. Sie wird die Welt erneuern und erobern.

Hitler ist kein Phantast

Schon am Tag nach meiner Rückkehr aus Europa berief Carter wieder eine vollzählige Versammlung ein. Rockefeller erkundigte sich sofort, ob ich meine, dass Hitler einen offenen Kampf mit Hindenburg wagen würde. Ich gab meiner Mei- nung Ausdruck, dass ich Hitler zu allem fähig fand, wenn es zur Erreichung seines Zieles beitragen konnte, aber dass er kein Phantast und sich der Schwierigkeiten bewusst sei, mit denen er zu kämpfen hatte. Er würde auch nicht leichtsinnig experimentieren, wenn er vorher nicht sicher sein konnte, das Ziel zu erreichen.

Ich musste wörtlich erzählen, was in den Gesprächen, die ich mit Hitler gehabt hatte, gesagt worden war. Auch fragte man genau nach meinen Eindrücken von den Zuständen in Deutschland. Als ich die Meinung des hamburgischen Ban- kiers wiedergab, wollte Glean wissen, ob bei den besitzenden Klassen in Deutschland nicht Furcht vor der Finanzpolitik des Hitlerprogramms bestand, besonders vor der Brechung der Zinsknechtschaft, wie Hitler es nenne.

Ich antwortete mit der Wiederholung der Worte des Berliner Industriellen und der Meinung des hamburgischen Bankiers, dass in jedem politischen Programm Punkte gefunden werden könnten, die die Masse anziehen müssen, aber in der Praxis nie durchgeführt werden. Ich äusserte die Annahme, dass die deutschen besitzenden Klassen darum diesen Teil des Hitler- programms nicht ernst nähmen.

Während des Gesprächs über Hitlers Wünsche bemerkte Carter, dass Beträge, wie ich sie gekabelt hatte, doch absurd seien und deutlich bewiesen, wie wenig Einblick Hitler in die

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internationalen Finanzverhältnisse hätte. Ich sagte, dass dies nicht nur bezüglich der finanziellen Verhältnisse der Fall sei, sondern dass ich ebenso erstaunt gewesen wäre über seine Unkenntnis in Bezug auf die internationale Politik.

Aber niemand interessierte sich hierfür, eine allgemeine Erscheinung in Amerika. Carter fragte mich noch, was ich von Hitlers Mitarbeitern hielte. Ich erzählte den Zwi- schenfall mit Goring. Das schien ihm besonders zu gefallen, und er sagte rundheraus, dass seiner Meinung nach so je- mand ein geeigneter Mitarbeiter für einen Führer wie Hitler wäre.

Meine dritte Reise zu Hitler

Reichlich ein Jahr später, im September, nachdem die natio- nalsozialistische Partei in Deutschland am 14. September 107 Abgeordnete in den Reichstag bekommen hatte, erhielt ich einen kurzen Brief von Carter, in dem er mich an die zwei Reisen nach Deutschland und die Gespräche, die ich mit Hitler geführt hatte, erinnerte. Er fragte mich, ob ich bereit wäre, wieder nach Deutschland zu reisen und mit dem Führer eine weitere Unterredung führen könnte.

Eine Woche lang überlegte ich, was ich hierauf antworten sollte. Ich hatte nach meiner letzten Reise nach Deutschland von von Heydt, von Strasser und von Göring regelmässig Briefe mit umfangreichen Buchsendungen, Broschüren und Zeitungen empfangen. Der Nationalsozialismus war mir jetzt sehr gut bekannt, und die Person Hitlers hatte durch meine Begegnungen mit ihm nicht mehr viel Mysteriöses für mich, wie etwa für die anderen aus unseren Kreisen.

Ein weiterer Kontakt mit diesen Menschen in Europa war für mich keine angenehme Aussicht. Weder von den Personen noch von ihren Buchveröffentlichungen, noch von ihrer Propaganda ging viel aus, was mich anzog. Vielleicht hat meine deutsche Herkunft im Getriebe des amerikanischen Lebens für mich ihre Bedeutung verloren. Mein Grossvater

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kam vor neunzig Jahren nach Amerika, mein Vater wurde hier geboren, meine Mutter ist gebürtige Amerikanerin. Darum konnte ich vielleicht die mir aufgezwungene Vorstel- lung von der Überlegenheit des deutschen Volkes, die für Hitler der Schlüssel seines gesamten Programms ist, nicht nachvollziehen. Und so blieb seine Arbeit und sein Ziel mir auch vollkommen fremd.

Ferner war ich mir persönlich darüber klargeworden, dass meine Freunde auf dem falschen Weg waren und dass Hitlers Aggressivität in der Aussenpolitik Frankreich vielleicht fle- xibler und anpassungsbereiter machen konnte, zugleich aber auch eine Gefahr für die Welt darstellte. Man weiss wohl, wo so jemand als Diktator beginnt, aber was das Ende sein wird, das ist niemandem bekannt.

Ich hatte mit Glean im Lauf des Jahres meine Ansichten besprochen, und er wollte mich beruhigen mit dem Hinweis, dass Mussolini, auch unumstrittener Diktator eines grossen Landes, inzwischen sehr abgekühlt sei. Er hatte zwar durch seinen grossen Mund und seine Drohungen die Welt, beson- ders Frankreich, einige Augenblicke in Angst gehalten was nach Glean sehr gut war -, aber war, wenn es darauf ankam, doch wieder artig in sein Nest gekrochen. Glean zufolge würde es mit Hitler nicht anders gehen.

Natürlich war es nicht Hitlers Absicht, einen Krieg zwischen Deutschland und Frankreich hervorzurufen, sondern nur die Kriegsgefahr akut zu halten, so dass Frankreich im Hinblick auf die mögliche Unterstützung in internationalen Finanzan- gelegenheiten anpassungsbereiter und flexibler würde.

1933 Im Schlafwagen nach Berlin finde ich eine Nummer einer

deutschen Tageszeitung. Auf der ersten Seite der Leitartikel: «Aus dem Stadtkern strömen die Menschen in Massen zur

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Jahrhunderthalle und zur Versammlung auf den Messehof, an die umliegenden Aussenplätze und Gebäude. In den Stras- sen der Umgebung sind die Omnibusse, die Lastwagen, die Privatwagen und die Motorräder geparkt. Links an den Fahrzeugen entlang sausen die vollgestopften Strassenbahn- wagen, und seit drei Uhr warten ungeduldige Frauen und Männer mit Falthockern und Proviantpäckchen vor dem Eingang der Gebäude.

Um fünf Uhr sind die Oderbrücken, die zum Messegelände führen, schwarz von Menschen und Fahrzeugen. Der Fahr- plan wird genau eingehalten, und doch gibt es Aufenthalte. Und stets wieder klingen die Heilrufe, wenn Transporte mit Parteigenossen und SA-Männern singend und mit entfalteten Fahnen auf die Sammelplätze kommen. Die Polizei läuft mit Brotbeutel und Feldflaschen herum. Man sagt, dass ihre Überfallwagen mit Maschinengewehren und Tränengasbom- ben ausgerüstet sind. Auf den Bahnhöfen laufen einer nach dem anderen die Sonderzüge ein.

Freude, Begeisterung, Fröhlichkeit auf allen Gesichtern. Männer und Frauen, Arbeiter, Bauern und Bürger, Beamte und Angestellte, Studenten und Arbeitslose, alle werden in das Gejubel mit einbezogen, das die innerliche Spannung der gewaltigen Wahlparade erzeugt. Unvergesslicher Tag! Hitler spricht!

Zum ersten Mal marschiert die vollständige SA der Provinz. Es gibt Sturmabteilungen, die zehn Stunden und länger auf offenen Lastwagen sassen, bevor sie am Bestimmungsort ankamen. Die SA-Kolonnen werden mit Blumen überschüt- tet. Es wird ein Triumphzug. Immer wieder gehen die Arme grüssend in die Höhe. «Heil, SA! Heil!... » Die Trommeln tönen, die Hörner schallen.

In das riesige Betongebäude der Jahrhunderthalle, das mäch- tige Denkmal, das für alle Zeit das Volk von Preussen an die grossen Zeiten von 1813 erinnert, wogt eine tausendköpfige Menge. Lange Transparente sind an der Brustwehr und an den Bogen des zweitgrössten Kuppelbaues der Welt aufge-

hängt. Da steht: «Wir kämpfen nicht um Mandate, wir 122

kämpfen für unsere Weltanschauung. Der Marxismus muss zerstört werden, damit der Sozialismus leben kann. Für ein feiges Volk ist kein Platz auf dieser Welt. »

«Achtung! Achtung!» klingt es aus den Lautsprechern. «Achtung! Jeder auf seinen Platz! Die SA marschiert ein!»

Das Heer vom Hakenkreuz

Und sie rücken ein. Das Riesengebäude zittert. Ein Jubel und ein Orkan bricht los. Zwanzigtausend Menschen stehen von ihren Plätzen auf. Unter Jubelrufen ziehen die Standarten und Fahnen ein. Da ist eine schwarz umflort. Eine Mutter schreit. Ein unbekannter SA-Mann ist den Heldentod für sein Volk gestorben.

Die Sturmabteilungen marschieren auf. Draussen hört man sie schon singen: «Wir sind das Heer vom Hakenkreuz Die Begeisterung steigt auf die Spitze.

Immer neue Kolonnen, Männer, die nichts anders kennen als Hingabe und Kampf. Der Boden dröhnt unter dem Marsch- tritt, unter der Kraft und Disziplin der braunen Bataillone. «Achtung! Achtung! Soeben ist Hitler angekommen! Ach- tung! Achtung!» Die Begeisterung rast. «Heil, heil!» Er kommt! Tausende Augen suchen den Führer! Da ist er!

Der Frontsoldat Hitler spricht

Forsche Kommandos. Ein Jubelruf «Adolf Hitler!» Dann wird es still. Der Gauleiter ist vor das Mikrofon gekommen. «Meine lieben deutschen Volksgenossen!» beginnt er. Nach einigen markigen Sätzen schliesst er: «Der Führer hat das Wort!» Wieder erschallt ein gewaltiges Jubeln. Dann lauschen die Massen. Adolf Hitler spricht. Erst langsam, gemessen und kühl. Der erste Beifall. Hitler winkt zu schweigen.

Er spricht weiter, mit mehr Überzeugung, unwiderlegbar. Er wird heftig und fordernd. Die Nicht-Nationalsozialisten sind

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getroffen. Was dieser Frontsoldat, Unteroffizier Adolf Hit- ler, dieser Mann aus dem Volk sagt, das ist alles so einfach, so gewohnt und recht nach Brauch und Sitte, und es ist alles so wahr, dass die immer auf ihre Entwicklung Stolzen und die Besserwisser und Vernunftmenschen mit ihren ewigen sachli- chen Einwänden schweigen. Mit Spannung folgen sie dem Sprecher. Sie geben sich Mühe, diesen Mann, den zu sehen sie aus Neugier kamen, zu verstehen und zu begreifen. Aber sie spenden ihm Beifall. Hitler winkt zu schweigen.

«Wer zu den Unseren gehört, weiss, dass nicht alle fünf oder zehn Jahre, aber vielleicht einmal in hundert Jahren ein Umschwung in der Geschichte unseres Volkes erreicht wird... .!» Und nun schreit er laut: «Programme sind wert- los... .!» Sie, die am Rande stehen, die Entzauberten, die schon so häufig verraten wurden, horchen nun scharf hin.

«Als Volk wurden wir vor dreizehn Jahren zerbrochen, und auf das zerbrochene Volk folgte das zerbrochene Wirt- schaftsleben. Einst, vor hundert Jahren, haben nicht die dem deutschen Volke neuen Segen und neues Glück gebracht, die nur an das Wirtschaftsleben dachten, sondern die, die Gut und Blut einsetzten für die Ehre des deutschen Volkes. Es kann nicht anders sein, das deutsche Wirtschaftsleben ist nicht gebrochen, aber das deutsche Volk ist gebrochen .. .!»

Ein geknechtetes Volk erwacht

Der Frontsoldat Hitler spricht nicht über Programme, son- dern von Hingabe, Arbeit und Opfern. Jetzt klingt seine Stimme wie ein Trommeln. Jetzt spricht er über Deutschland, und wie. Die Herzen entflammen. Das ist ein Zeugnis, ein Wille und ein felsenfester Glaube! Hitler liebt Deutschland. Er lebt und kämpft nur für Deutschland und immer nur Deutschland!

Die Augen glänzen. Die Gesichter sind fest überzeugt. Die Zweifler werden mutig. Die Ungläubigen beginnen wieder zu hoffen. Er zieht die Lauen und die Gleichgültigen mit, und die

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alten Kämpfer werden zu neuen Taten angefeuert. Hitler zieht alle mit seinem glühenden Freiheitswillen in den Bann seiner Meisterschaft. Ein geknechtetes Volk erwacht. Klas- sengrenzen fallen. Keine klassenbewussten Arbeiter und unzufriedenen Bürger, nein, zwanzigtausend deutsche Volks- genossen glauben und jubeln, glauben dem Führer und jubeln ihm zu!»

Dies alles lese ich im Schlafwagen nach Berlin. Auch noch, dass von Pfeffer durch den Führer abgesetzt ist, dass von Heydt aus der Partei ausgetreten ist, dass Strasser kaltgestellt worden ist, weil sein Bruder in den Sturmabteilungen zur Meuterei aufgerufen hat.

Ich bin beinahe froh, dass ich zum dritten Mal den Auftrag zu einer Unterredung mit Hitler auf mich genommen habe. Hier in diesem Land geschehen Dinge, die uns nur aus der Geschichte bekannt sind. Dabeizusein, mitten drin zu stehen, mit dem Führer sprechen zu können und seine tiefsten und geheimsten Beweggründe vernehmen zu können, das ist wahr- lich nur wenigen vorbehalten.

In Berlin herrscht eine eigenartige Stimmung. Ob das die Stille vor einem gewaltigen Sturm ist? Ich weiss es nicht. Niemand spricht über Politik. Ich besuche den alten Freund in Wilmersdorf. Sein Haus ist verlassen. Diesmal sehe ich wohl, dass er wirklich abwesend ist.

Ich habe ein Gespräch mit dem Direktor eines grossen Waren- hauses. Über die Situation lässt er sich nicht aus. Er sagt nur auf meine vielen Fragen, dass mühselige läge kommen wer- den, aber mehr bekomme ich mehr heraus.

An manchen Punkten Berlins ist das Stadtbild ungewöhnlich. Schupos mit Gewehren und Maschinengewehren. In rasen- dem Tempo fahren offene Lastwagen, mit Reichswehrsolda- ten bemannt, durch stille Strassen. Motorbrigaden fliegen über den Kurfürstendamm, und im Bereich der Regierungs- gebäude dicht bei meinem Hotel sieht man überall bewaff- nete Truppen. Wenig braune Uniformen, für mich eine unbe- greifliche Erscheinung.

Hitler ist doch in die Regierung aufgenommen, die wenigen

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Zeitungen, die das Thema anzusprechen wagen, nennen sei- nen Namen als den des Reichskanzlers der Zukunft, einer sehr nahen Zukunft. Ich hatte in Berlin mehr Zurschaustel- lung der Macht der Hitlerpartei erwartet. Aus den Zeitungs- berichten wurde ich nicht schlau.

Reichswehr nicht gegen Hitlers Truppen

In einem Gespräch mit einem Attach& der amerikanischen Gesandtschaft wurde mir aber vieles deutlich. Er erzählt mir, wie Hitler die Presse schon an die Leine gelegt hat, obwohl er noch nicht Reichskanzler ist; aass seine Sturmabteilungen in der Umgebung von Berlin mobil aufgestellt sind, um beim ersten Alarm in die Stadt einzufallen; dass das Erscheinen der Reichswehr staatliche Machtdemonstration, aber ohne Bedeutung ist, weil die Regierung, wenn es darauf ankommt, die Reichswehr nicht gegen Hitlers Iruppcen einsetzen darf, weil sie unzuverlässig ist und viele nationalsozialistische Elemente enthält; dass Hitler seinen Sturmabteilungen und SA-Abteilungen eine neue Gruppe Kämpfer hinzugefügt hat, der er selber den Namen Mord-Trupps gegeben hat.

Niemand in den politischen Parteien protestiert gegen diese brutale Benennung, die ein Hinweis auf Hitlers Gesinnung ist. Die Sozialdemokraten sind zermürbt, denn sie sehen ein, dass ihre parlamentarische Arbeit von Jahren zu nichts geführt hat. Die Kommunisten sind auch schon ängstlich, obwohl sie es doch gewesen sind, die immer am lautesten geschrien haben. Gestern wurde ihr Karl-Liebknecht-Haus überrumpelt und vom Dach bis zum Keller durchsucht.

Amtlich hiess es, durch Polizei und Reichswehr, aber mein Gewährsmann behauptet, dass die Mord-Trupps Hitlers einen grossen Anteil an der Verwüstung des Karl-Liebknecht- Hauses gehabt haben. Fs smd schon zahlreiche kommunisti- sche Leiter gefangengenommen, die «Rote Fahne» ist verbo- ten zwar nur vorübergehend, aber sie wird vor den Wahlen doch nicht mehr erscheinen.

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Die Ernennung von Hjalmar Schacht zum Präsidenten der Reichsbank. Ein Beweis, wer die wirkliche Macht hinter Hitler war. Die Ernennungsurkunde ist von Hitler und von Max Warburg unterzeichnet, dem Bruder Paul War- burgs.

Die Sozialdemokraten sind lau in ihren Manifesten und Zeitungen. Alle fühlen, dass sie dem Nationalsozialismus nicht gewachsen sind. Das deutsche Volk will Imponierendes sehen, nur vor Kraftprotzen hat es Respekt. Die Deutschen sind grosse Kinder. Naive. Ein grosser Gedanke allein reisst sie nicht mit.

Fürs erste bekam ich eine gedrängte Übersicht über die politischen Zustände. Mein Gewährsmann wagt sich sogar an Voraussagen. Hitler ist nicht mehr zu bremsen, sagt er. Sie werden es sehen. In der nächsten Woche wird er Reichskanz- ler. Dagegen kann ein von Papen nicht an. Ein von Schleicher hat es versucht, sogar mit Unterstützung des jungen Hinden- burg, aber es ist ihm nicht geglückt.

Hitler kann, wenn er will, Reichspräsident werden. Vorläufig wird er es mit der Kanzlerschaft genug sein lassen, aber Hindenburg ist alt, und jeden Tag kann etwas passieren. Dann ist Hitler allein Diktator ohne den Schein eines verfas- sungsmässigen Staatsoberhauptes hinter sich. Bei dem Mann sei alles möglich. «Ich habe ihn einige Male gesprochen und auch seine Reden gehört. Er macht mit seinen Zuhörern, was er will. Er lässt sie nicht zum Nachdenken kommen, schreit und schreit in einem fort, bis die Menschen sich nicht mehr auflehnen können. Ich hatte immer, wenn ich ihn hörte, das Gefühl, dass ich mich stark wehren müsste gegen seine Sugge- stivkraf, um ihm nicht hundertprozentig zuzustimmen. Nachher, wenn man sich fragt, was er gesagt hat, kann man es nicht wiederholen. Was denken Sie über den Nationalso- zialismus?»

Nachts brannte der Reichstag

Ich wollte keine Antwort geben, jedenfalls keine endgültige. Abwarten, sagte ich, wir Amerikaner haben schliesslich nichts damit zu tun. Wenn das deutsche Volk in Hitler seinen Retter sehen will, dann ist das sein gutes Recht, das geht uns nichts an.

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Mein Gewährsmann meinte es anders und versuchte mir zu beweisen, dass Hitler ebenso wie Mussolini eine Gefahr für Europa sei und dass die italienische Gefahr durch die Macht- ausbreitung der Nationalsozialisten in Deutschland und eine Hitlerdiktatur vergrössert werden würde.

Am selben Abend schrieb ich an die alte Anschrift Hitlers in Berlin, dass ich angekommen sei und ihn um eine Unterre- dung ersuche.

Diese Nacht brannte das Reichstagsgebäude. Mittags kam Göring in mein Hotel, noch brutaler als früher, arrogant und autoritär. Er wurde von einem Neuling begleitet, den er mir mit dem Namen Goebbels vorstellte. Beide waren voll von dem Brandereignis. Sie schalten auf die Kommunisten, die das Gebäude angezündet hätten, und wollten mich wahrhaf- tig zum Bekenntnis meines Glaubens an ihr heiliges Recht bringen, dass die Kommunistenbrut bis zum letzten Mann umzubringen sei.

Ich folgte wie immer meiner eigenen Taktik und gab keine Meinung zu erkennen. Auf meine Frage, wo und wann ich Hitler sprechen könne, gingen sie erst ein, nachdem sie sich ausgetobt hatten. Der Führer würde mich am Abend um halb zwölf in der Fasanenstrasse empfangen.

Hitler war sehr aufgeregt. Er selbst hätte wohl «aufgeregt» gesagt, für einen Aussenstehenden raste er. Aufgeregt war er im wahrsten Sinne des Wortes immer. Kaum, dass er mich begrüsste, wie es sich gehört. Er tobte über die Kommunisten, die den Reichstag in Brand gesteckt hätten, beschuldigte die Sozialdemokraten, dass sie dabei die Hand im Spiel hätten, rief das deutsche Volk auf, als ob er Tausende Zuhörer vor sich hätte.

Ich kann hier die rasende Rede nicht wiedergeben, denn ich habe sie nicht behalten. Ihr fehlte jeder Zusammenhang. Seine Raserei dauerte wohl eine halbe Stunde, bevor er am Tisch Platz nahm und mit mir ein einigermassen normales Gespräch begann, immer wieder unterbrochen von seinem Schelten und Lärmen gegen die Kommunisten.

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Es geht um den letzten Schlag

Ich wusste nicht, was ich eigentlich bei Hitler sollte. Die Sache war so: Carter hatte von Hitler einen Brief bekommen, in dem dieser ihn bat, schnellstens den früheren Vertrauensmann nach Deutschland zu schicken, um mit ihm verhandeln zu können. Den Brief hatte Carter mir gezeigt, und veranlasst durch meine Zusage von einigen Monaten zuvor, hatte er mich gebeten, umgehend nach Berlin zu reisen.

Jetzt sass ich vor Hitler, wusste aber nicht, was er mich fragen oder mir sagen wollte. Ich wartete ruhig ab.

Dann begann Hitler:

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«Ich finde es von grossem Belang, Sie von dem Fortschritt in unseren Reihen zu unterrichten. Seit 1931 ist unsere Partei in einem Verhältnis von 1 zu 3 gewachsen. Es gibt Abteilungen, in denen die Zahl der Arbeitslosen die der noch Arbeitenden weit übertrifft.

Die verschiedenen Wahlen haben unsere Mittel stark bean- sprucht, jetzt stehen wir am Vorabend der Veränderung. In der Partei selbst habe ich einen Hausputz machen müssen. Verschiedene Elemente, selbst solche auf hohen Posten, waren unzuverlässig. Aber das ist alles vorbei.

Es geht nur noch darum, den letzten Schlag mit Erfolg tun zu können. Durch den Brand im Reichstag haben die Kommuni- sten sich selbst für immer ausgeschaltet. Schwieriger ist es, in einem letzten Anlaut die Sozialdemokraten zu überwältigen. Auch dürfen wir die Deutschnationalen nicht vergessen, und die haben Geld.

Nach Berlin können wir mit unseren Truppen nicht hinein, weil wir zwar sind wir sicher vor der Reichswehr nicht sicher sind vor dem Gros der Bevölkerung, vor allem nicht im Norden und in der Judengegend. Um Berlin ist ein grosser Kreis gezogen, und darin habe ich drei Viertel der Truppen unserer Partei zusammengezogen.

Noch einige Tage, dann haben wir den grossen Tag der Wahlen. Diese Schlacht müssen wir durch die Wahlurne oder

mit Gewalt gewinnen. Mein Plan ist klar: Wenn der Ausgang der Wahl nicht günstig ist, werden Hindenburg, sein Sohn,

von Papen, von Schleicher und Brüning ausgehoben und in eine Festung gebracht. Auch die Führer der Sozialdemokra- ten werden wir gefangen nehmen.

Bis in die kleinsten Einzelheiten ist dafür alles geregelt. Aber die Hälfte unserer Sturmabteilungen hat nur Gummiknüp- pel, und viele Mannschaften haben nur altertümliche Karabi- ner. Grosse Waffenlager liegen bereit an den deutschen Gren- zen in Belgien, Holland und m Österreich. Aber die Schmugg- ler geben keinen Kredit. Sie verlangen schändliche Preise, sie wissen natürlich ganz gut, was hier geschieht, und sehen auf ihren Vorteil. Mit den Kerlen zu verhandeln führt zu nichts, klingende Münze verlangen sie, sonst nichts.

Wieviel können Ihre Leute geben?

Ich dachte, dass Sie schon viel früher nach Berlin gekommen wären, dann hätte ich alles regeln können, jetzt, im letzten Augenblick, muss es fest angefasst werden. Lange zu reden hilft deshalb nicht. Was meinen Sie, was Ihre Auftraggeber tun werden? Wollen Sie uns weiter unterstützen?

Vergessen Sie nicht, dass wir gegen Moskau kämpfen, gegen die ganze deutsche Schwerindustrie, gegen die katholische Kirche und gegen die Internationale. Das sind Feinde, die wir nicht unterschätzen dürfen. Die Beiträge in unserer Partei sind kaum gestiegen, obgleich ich den Eintritt auf zwei Mark und den Beitrag auf eine Mark erhöht habe. Es gibt zu viele Arbeitslose, die wir freistellen und mit Uniformen und Waffen versehen müssen. Auf dem flachen Land geht es noch an. Da haben unsere Leute Karabiner und Jagdgewehre. In den Städ- ten ist es schwieriger. Wieviel werden Ihre Leute geben?»

Ich konnte nicht antworten, weil ich auf diese Frage nicht vorbereitet war und vor meiner Abfahrt mit Carter keine Überlegungen angestellt hatte. Und Hitler fuhr fort: «Ich habe keine Berechnung gemacht, dazu hatten wir keine Zeit, und zu meinen Mitarbeitern habe ich bis auf wenige

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Ausnahmen kein Vertrauen mehr. Unsere Partei ist in kurzer Zeit so gewaltig gewachsen, dass es für mich zunehmend schwieriger wird, die ganze Leitung in der Hand zu halten. Es muss aber gehen, denn vertrauenswürdige Führer sind selten. Die Monarchisten beginnen in unsere Reihen überzulaufen, aus dem Stahlhelm kommen jeden Tag neue Anmeldungen, sogar Anmeldungen in Massen. Wir können nicht anders als darüber jauchzen, aber die Führer, die mitkommen, müssen wir scharf kontrollieren.

Ich habe Hindenburg nun persönlich kennengelernt. Das Gespräch war fern davon, angenehm zu sein. Der Alte war sehr zurückhaltend, aber ich habe getan, als ob ich nichts merkte. Ich habe Zeit, er wird bald genug merken, mit wem er es zu tun hat. Und wenn ich ihm einmal klaren Wein eingeschenkt habe, dann wird er mit uns mitgehen oder verschwinden. Kompromisse kenne ich nicht.

Sie sind doch Jude

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Aber Sie sind doch ein Jude? Nein, dessen erinnere ich mich noch. Ihr Name ist ja deutsch. Ja, deutscher Herkunft. Es ist besser, dass Sie in Deutschland mit einem deutschen Pass reisen. Goebbels kann das besorgen, Sie kennen ihn ja. Er und Göring sind meine Besten Mitarbeiter. Von Heydt ist draus- sen und von Pfeffer auch. Der Strasser ist lächerlich, eine Meu- terei der SA gegen mich.

Eine vollzählige Versammlung der Gauleiter, und die Sache war aus. Kraft, Mut, starkes Auftreten sind alles. Anstatt loszuschlagen, nicht zu warten, haben Strasser und seine Leute heimlich Vorbereitungen getroffen, alles im Stillen geregelt, aber ich war von ihrem Tun unterrichtet und habe im rechten Augenblick eingegriffen. Schwache Brüder. Noch viel zu sehr politisiert. Manieren, die sie von der roten Brut zurückbehalten haben.

Was sagt man in Amerika über den Brand im Reichstagsge-

bäude (er vergass offenbar, dass ich schon hier war, als das Gebäude in Flammen aufging)? Aber wir wissen, wer die Schuldigen sind. Beweisen können wir alles. Ein Kommunist hat den Brand gelegt, aber hinter ihm sitzen an- dere Kommunisten und Sozialdemokraten. Dafür sollen sie büssen.»

Hitler hatte sich langsam wieder zu einer Art verhaltener Raserei hochgearbeitet und lief nun wieder im Zimmer hin und her. Plötzlich lief er zur Tür, riss sie weit auf und sah ins Vorzimmer. Er begann zu toben und zu schelten gegen jemand, der sicher im Gang stand, aber ich konnte niemand sehen. Was er in dem Moment mit seinem Geschrei bezweck- te, weiss ich nicht. Zuerst dachte ich, er wolle jemandem verbieten, im Vorzimmer unser Gespräch zu belauschen. Aber das war nicht der Fall, denn sobald er wieder im Zimmer stand, tobte er weiter gegen den Unsichtbaren über etwas, was noch nicht klar war, über das leidig lange Warten auf unbegreifliche Dinge, über das geringe Vertrauen, das man gegenwärtig in untergeordnete Leute setzen konnte.

Er nahm wieder Platz und schnauzte mich an:

«Sie haben noch keinen Betrag genannt!»

Es gibt Augenblicke, in denen Hitler den Eindruck eines Wahnsinnigen macht. Ein geregeltes Gespräch mit ihm zu führen ist immer unmöglich, aber manchmal ist sein Von- einem-aufs-andere-Springen so hinderlich und so närrisch, dass man an seinem geistigen Gleichgewicht zweifelt. Ich bin der Meinung, dass er eine übernervöse Natur hat. Die letzten Jahre haben sein Wesen vollständig mit seiner Idee in Beschlag belegt. Er hat unter einer dauernden Spannung gelebt. Viele hätten dem nicht standgehalten, aber Hitler scheint eine gewal- tige, kräftige Natur zu haben.

So sehe ich Hitler

Ich glaube aber nicht, dass Hitler über einen grossen Verstand verfügt. Wenn ich versuche, aus dem Inhalt aller Gespräche, die ich mit ihm geführt habe, einen Schluss zu ziehen, komme

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ich zu dem Ergebnis, dass er nicht intelligent ist, sondern seltsam starrköpfig und unnachgiebig. Das ist meiner Mei- nung nach seine Stärke. Wir kennen alle in unserer eigenen Umgebung diese Sorte Menschen, die häufig dumm und wenig gebildet an irgendetwas festhalten einer Idee oder einem Besitz und alles dafür aufopfern, um damit unterzu- gehen oder zu siegen. So sehe ich Hitler.

Ob Hitler für ein Volk wie das deutsche ein Segen oder ein Fluch ist, kann nur die Zukunft zeigen, aber ich glaube., dass das deutsche Volk das einzige auf der Welt ist, bei dem ein Mann wie er es zu einem solchen Einfluss bringen konnte. Denn es gibt so viele schwache Punkte in seiner Person und in seinem Auftreten, dass in anderen Ländern der Mann selbst so wie seine Partei schon lange verspottet und verhöhnt wor- den wären.

Nachdem ich den Mann aus den verschiedenen Gesprächen kenne, die ich mit ihm geführt habe, verstehe ich auch, warum er - seit seinem endgültigen Sieg weder zu deut- schen noch zu ausländischen Journalisten Vertrauen hat. Es ist in der Tat für ihn und seine Partei gefährlich, wenn er ein Interview gibt, denn er kann sich nicht beherrschen, schwätzt alles heraus und äussert seine Absichten ohne jede Hemmung. Schon in unserem ersten Gespräch war mir das aufgefallen. Zwar war ich ausreichend eingeführt worden, meine Identi- tät stand fest, an allem konnte er erkennen, dass er es mit jemand zu tun hatte, der als Vertreter der stärksten Finanz- gruppe der Welt auftrat, aber auch das hatte bei Hitler keinen Anschein staatsmännischer oder von politischer Einsicht zutage gefördert, da er mir so unumwunden seine geheimsten Absichten anvertraute. Im Jahre 1933 war das nicht mehr so gefährlich wie in den Jahren 1929 oder 1931, aber in beiden Jahren war er mir gegenüber ebenso offenherzig wie im Jahre 1933.

Auch die Juden lassen ihn nicht los. Die Judenfrage ist für ihn der Kern, um den es für das deutsche Volk geht. Er hat in dieser Sache Vorstellungen, die für einen Oberschuljungen in den Vereinigten Staaten lächerlich sein würden. Geschichtli-

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che Tatsachen schiebt er gewöhnlich beiseite, ich meine, dass er über den modernen «Rasse»-Begriff nichts weiss. Nach seiner Frage oder eigentlich seinem Vorwurf

«Sie haben noch keinen Betrag genannt» fing er mit der Judenfrage an, und er begann das Problem in Deutschland mit dem Negerproblem in Amerika zu vergleichen. Das war für mich genug, um mir eine Meinung über Hitlers Verstand und Einsichten bilden zu können. Die beiden Probleme sind über- haupt nicht zu vergleichen!

Hundert Millionen für den endgültigen Sieg

Es war inzwischen etwa drei Uhr früh, und ich wusste

eigentlich noch nicht, was er von mir wollte. Darum nutzte

ich eine kurze Pause in seiner Beweisführung, um zu fragen: «Sie sprachen doch von einem Betrag?» «Gerade darum geht es... Wir haben nicht mehr viel Zeit. Die Sache ist also die: Sind Ihre Auftraggeber weiter bereit, uns zu unterstützen? Welchen Betrag wollen Sie mir ver- schaffen? Ich habe mindestens hundert Millionen Mark nö- tig, um alles durchzusetzen und die Chance eines endgülti- gen Sieges nicht entgleiten zu lassen. Was denken Sie dar- über?»

Ich versuchte ihm deutlich zu machen, dass von einem derarti- gen Betrag nicht die Rede sein könne, weil er erstens schon fünfundzwanzig Millionen Dollar empfangen habe und zweitens die Überweisung eines derartigen Betrages binnen weniger Tage von New York nach Europa den Geldmarkt erschüttern müsste. Davon verstand Hitler nichts, und er gab es auch unumwunden zu: «Von den verwickelten Bankangelegenheiten habe ich keine Ahnung. Wenn Ihr in Amerika Geld habt, dann kann es doch nach Deutschland gebracht werden, oder so. Mir scheint das alles ziemlich einfach.» Es war hoffnungslos, und ich hatte keine Lust, ihm Unter- richt in der internationalen Finanzwissenschaft zu erteilen. Ich schloss damit, ihm zu versprechen, Bericht an meine Auftraggeber über unser Gespräch zu erstatten und dann

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abzuwarten, was sie beschliessen würden. «Sie telegrafieren doch, nicht wahr? Dann tun Sie es hier, dann wird Ihr Telegramm schneller behandelt. Code? Wir können Ihnen auch helfen, ich werde eben für Sie telefonie- ren.»

Ich musste ihm erklären, dass ich mit Carter im Geheimcode korrespondierte, und er fragte mich nach einer Erklärung dafür. Ob denn niemand das Telegramm lesen könnte? Auch die Direktion der Telegrafenbetriebe nicht?

Hitler war erstaunt und fand es nicht gut, dass Privatleute miteinander telegrafieren konnten, ohne dass die staatlichen Stellen der verschiedenen Länder ihre Berichte entziffern konnten. Er bekannte rundheraus, noch nie davon gehört zu haben.

Es ging auf halb fünf, als ich mein Hotelzimmer betrat, und ich begann sofort mit dem Zusammenstellen meines Codete- legramms an Carter.

Ausmisten, wählt Nationalsozialisten!

Es war irgendwie befremdlich, wenn man die deutschen Blätter in diesen Tagen las. Es wurde mir allerdings erzählt, dass noch kommunistische und sozialdemokratische Tag- und Wochenblätter zu haben waren, aber die Hotelboys, die ich danach aussandte, kamen stets mit den bekannten Berliner Tageszeitungen zurück.

Ohne Ausnahme wurde der Brand im Reichstagsgebäude als eine kommunistische Sabotage-Missetat abgestempelt. Andere Stimmen, die es auch schon gegeben hat, habe ich nie hören können. Später, in Amerika und anderswo, habe ich andere Erklärungen gelesen.

Aber wenn es wahr ist, dass die Hitlerpartei beim Brand die Hand mit im Spiel gehabt hat, dann ist Hitler der geschickte- ste Schauspieler, den ich in den fünf Weltteilen kenne. Göring und Goebbels stehen ihm nur wenig nach. Seine Empörung, seine Raserei über diesen Brand waren so echt oder ausser- gewöhnlich geschickt geheuchelt -, dass ich jetzt noch, nur

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beim Gedanken an die Unterhaltung, wieder den Eindruck seiner wilden Gefühlsausbrüche empfinde. Einiges Merkwürdige bemerkte ich in diesen Tagen in Berlin.

An Strassenecken und auf Plätzen sah ich häufig zehn, zwan- zig braun Uniformierte mit Hakenkreuzen im Kreise aufge- stellt. Eine Viertelstunde lang riefen sie laut: «Ausmisten, wählt Nationalsozialisten!» Dann gingen sie weiter, stellten sich wieder auf und riefen: «Das allerneuste Judenei das ist die daitsche Staatsparteil»

Gegen Mittag sah ich bei einem Blick aus meinem Hotelfen- ster wohl vierzig braune Uniformen im Kreise stehen. Eine halbe Stunde schrien sie in bestimmtem Rhythmus: «Prolet, erwache! Wenn du die Freiheit der deutschen Arbeit erkämp- fen willst, dann wehr dich, wehr dich, Arbeiter der Stirn und der Faust! Nur Liste neun!»

Ich musste stets an Hitler denken, wenn ich die Leute sah. In Berlin nannten sie diese Propaganda «Sprechchöre».

Alles Hitler. Kurze Sätze. Immer nur sprechen, schreien, rufen ohne Gegenrede von anderen. Der andere kann nicht einmal zu Wort kommen. Wohl eine neue Art Propaganda. Bei uns haben wir auch schon manches Neue auf dem Gebiet der Wahlpropaganda erfunden, aber etwas so Suggestives, etwas, was auf die Masse so nachdrücklich einwirkt, hatte ich noch nirgends gesehen. Und die erste Partei, die damit beginnt, ist natürlich Herr der Strasse, denn wenn eine andere Partei in der Nachbarschaft auch Sprechchöre hält, dann läuft dies auf Streit und Rauferei hinaus. Das kann gar nicht anders sein.

Für Hitler noch einmal sieben Millionen Dollar

Der Rhythmus und das stete Wiederholen derselben Wörter peitscht die Sprecher auf zu einer Art Ekstase, und in der Ekstase sind sie zu allem imstande. Ich habe welche von den braunen Leuten gesehen, die über die Köpfe der Menge hinüber sahen, als ob sie eine bessere Welt sehen könnten, und

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Adolf Hitler kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945: «Trotz aller Schwere der Zeit bin ich davon überzeugt, dass wir bei diesem Kampf den Sieg erringen werden.»

in deren schönem Anblick schwelgten. Die Ekstase war deut- lich von ihren Gesichtern zu lesen. Kann ein Mensch in Ekstase noch logisch denken? Die Psychologen haben das Wort.

Gestern las ich in irgendeiner Dissertation, dass Faschismus und Nationalsozialismus eine Krankheit seien, eine Seelen- krankheit vielleicht.

Aber ich fahre fort. Carter drahtete mir, dass höchstens sieben Millionen Dollar überwiesen werden könnten, das heisst, fünf Millionen Dollar würden aus New York nach Europa auf die zu bestimmenden Banken überwiesen werden, und zwei Mil- lionen Dollar würden in Deutschland durch die Rhenania Aktien-Gescllischaft an mich selbst gerichtet werden. Die Rhena- nia ist die deutsche Filiale der Royal Dutch in Düsseldorf.

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Ich schrieb die Antwort an Hitler und wartete. Am folgenden Tag, schon früh am Morgen, wurde Goebbels bei mir ange- meldet. Er brachte mich zur Fasanenstrasse.

Hitler empfing mich im selben Zimmer. Göring war bei ihm. Das Gespräch war ganz kurz, beinahe schroff. Ich bekam den Eindruck, dass die drei Männer mit der Regelung nicht zufrieden waren und sich Gewalt antun mussten, um gegen mich nicht ausfallend zu werden. Alles lief aber schnell, Hitler bat mich, die fünf Millionen Dollar wieder auf die Banca Italiana in Rom überschreiben zu lassen, Göring sollte mir auf der Reise Gesellschaft leisten.

Die zwei Millionen aus Düsseldorf mussten in deutschem Geld in fünfzehn gleichwertige Schecks, alle auf Goebbels’ Na- men, ausgeschrieben werden. Damit war die Unterhaltung be- endet. Ich ging.

Bis zum letzten habe ich meinen Auftrag gewissenhaft ausge- führt. Hitler ist Diktator des grössten Landes Europas. Die Welt hat ihn jetzt schon einige Monate lang am Werk gesehen. Meine Meinung über ihn hat nun keine Bedeutung mehr. Seine Taten werden beweisen, ob er der Narr ist, für den ich ihn halte. Für das deutsche Volk hoffe ich von Herzen, dass ich mich irre. Die Welt leidet und seufzt weiter unter dem System, das sich eines Hitler bedienen muss, um bestehen zu bleiben.

Arme Welt, arme Menschheit!

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IH. Rudolf Sand: Kannte Brüning Hitlers Geldgeber?

Wie steht es mit Hitlers Geldgebern? Diese Frage hat viele nachdenkliche Menschen seit Jahrzehnten und länger beschäftigt und ist recht eigentlich und dankenswerterweise nie zur Ruhe gekommen. Hat Hitler über holländische und italienische Banken vor und nach der Machtergreifung des Jahres 1933 erhebliche, in viele Millionen gehende Geldbe- träge erhalten und - das ist das Wesentliche von welcher Seite oder auch von selchen Seiten?

Wieder und wieder gab es Anlass zu den gewagtesten, aber auch zu durchaus substanziierten Vermutungen, als Reichs- kanzler Brüning, damals meines Wissens nach Professor an der Kölner Universität, seinen berühmten Brief an den Her- ausgeber der «Deutschen Rundschau» Dr. Rudolf Pechel (Heft 7/Juli 1947) schrieb, der der Vollständigkeit halber wiederholt sei:

«Ich habe niemals öffentlich darüber gesprochen»

«Andere wollten eine Regierung bilden, die die Nazis ein- schliessen sollte. Die letztere Gruppe hatte unter ihren Mit- gliedern eine Anzahl von Bankiers, die einen besonderen, indirekten Druck auf den Präsidenten (von Hindenburg) ausübten. Zum mindestens einer von ihnen hatte, wie man wusste, seit Oktober 1928 grosszügig die Fonds der Nazis und die Parteien der Nationalisten mit Geld unterstützt. Er starb, kurz nachdem die Nazis an die Macht gekommen waren. Das Finanzieren der Nazipartei, teilweise von Menschen, von denen man es am wenigsten erwartet hätte, dass sie sie

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unterstützen würden, ist ein Kapitel für sich. Ich habe nie- mals öffentlich darüber gesprochen, aber im Interesse Deutschlands könnte es notwendig werden, es zu tun und auf- zudecken, wie dieselben Bankiers im Herbst 1931 den ameri- kanischen Botschafter Sackett gegen meine Regierung zu- gunsten der Nazipartei zu beeinflussen versuchten.»

In einem Nachsatz zu diesem Brief sagte Brüning:

«Einer der Hauptfaktoren bei Hitlers Aufstieg, den ich nur im Vorübergehen erwähnt habe, war die Tatsache, dass er grosse Geldsummen von fremden Ländern 1923 und später empfing, und gut für die Sabotage des passiven Widerstandes im Ruhrgebiet bezahlt wurde. In späteren Jahren wurde er bezahlt, um Unruhen hervorzurufen und revolutionäre Ten- denzen in Deutschland zu ermutigen, von Männern, die sich einbildeten, dass dies Deutschland schwächen könnte und das Bestehenbleiben irgendeiner verfassungsmässigen zentralen Regierung unmöglich machen würde. Diejenigen, die so lan- ‚ge versucht haben, diese Tatsachen zu unterdrücken, täuschen sich, wenn sie glauben, dass sie dies auf die Dauer tun kön- nen.»

Es sind vielverschlungene Pfade

Zwar sind diese Schreiben Brünings nicht ohne Substanz, aber man kann sie andererseits wiederum als recht orakelhaft bezeichnen. Warum schenkt er nicht klaren Wein ein? Wen, so muss man fragen, wollte er schonen? Jedenfalls, wenn er schon von «aufdecken» spricht, hat er es nicht mit Friedrich Schillers Worten in dessen «Demetrius» gehalten:

«Zerreissen will ich das Geweb’ der Arglist, Aufdecken will

ich alles, was ich weiss!» Oder soll man, damit selbst in einer so ernsten Angelegenheit der Humor zu seinem Recht kommt, mit Wilhelm Busch sa- gen:

«Den einen Teil versteht man,

Den andern niemand verstehen kann?»

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Es sind vielverschlungene Pfade, die Brüning hier andeutend aufzeigt. Sie geben Raum für allerlei Vermutungen. Was hinderte Brüning daran, mit einfachen, schlichten, aber den Nagel auf den Kopf treffenden Worten der Wahrheit die Ehre zu geben? Gewiss sagt er keine Unwahrheit, durchaus nicht, aber er hätte dem deutschen Volk in seiner tiefen Not entscheidend und in die Zukunft weisend nützen und helfen können, wenn er die Geldgeber klar beim Namen nannte. Trondheim gibt in seinem Aufsatz Hinweise auf die Wider- stände, die dem entgegengestanden haben können.

So jedenfalls war die Lage, als der Verfasser am 25. Februar 1953 Gelegenheit nahm, einem Vortrag Brünings beizuwoh- nen, den er an diesem Tag im Schwurgerichtssaal des Bonner Landgerichts vor den Richtern des Bonner Landgerichtsbe- zirks und geladenen Gästen hielt. Sein Thema lautete «Die politischen und verfassungsrechtlichen Auswirkungen der Weltkrise 1928 bis 1934». Der Vortrag bot leider gar nichts über die Geldgeber Hitlers. Darum legte ich Wert darauf, Brüning selber zu sprechen, und dazu bot sich Gelegenheit bei einem anschliessenden Empfang in den Amtsräumen des Landgerichtspräsidenten. Brüning sass freundlich lächelnd an einem runden Tisch, ich wurde ihm vorgestellt. Sofort ging ich auf mein Ziel los und fragte ihn unter Bezugnahme auf obige Veröffentlichungen in der «Deutschen Rundschau», die ihm naturgemäss bekannt waren, rundheraus nach den Geld- gebern Hitlers. Brüning überlegte eine Weile und antwortete mit den folgenden Worten, für deren genauen Wortlaut ich mich verbürge: «Man darf die Fährten nicht verwischen!» Damit war das Gespräch beendet. Es war nicht zu erwarten, dass der Reichskanzler weiteres verlautbaren würde, zumal sich andere Gäste an den Tisch setzten.

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Der Schleier über den Dingen

Ich habe gleichwohl umgehend unter dem 3. März 1953 an Brüning geschrieben und ihn an seine mir gegenüber gemachte Ausserung erinnert. Daran schloss ich folgende Sätze:

«Trotz dieser negativen Antwort möchte ich Sie, verehrter Herr Reichskanzler, doch inständig bitten, mir nunmehr die Antwort auf meine Frage durch nunmehrige Bekanntgabe Ihres Wissens über diese Dinge nicht zu verweigern. Ich meine, Ihre bisherige Erwiderung könnte ja geradezu dazu beitragen, ‚die Fährten zu verwischen‘, und es ist meiner Überzeugung nach eine unabweisbare Notwendigkeit, die Öffentlichkeit schnellstens über die Geldquellen zu unter- richten, die Hitler sein unheilvolles, politisches Wirken ermöglichten, ja, zu seiner Machtergreifung wesentlich. bei- getragen haben. Die politische Wirkung einer solchen aus der allgemeinen Wahrheitspflicht entspringenden Veröffentli- chung muss unter Umständen eine ungeheure sein. Sie kann sich aber nur im guten Sinn für unser armes, so in den Abgrund geschleudertes Volk auswirken. Darum bitte ich Sie, Ihre Zurückhaltung in dieser Frage aufzugeben und meine aus ernstem Wollen und sittlicher Verpflichtung heraus gestellte Frage zu beantworten.»

Darauf antwortet mir Reichskanzler Brüning ebenso umge-

hend:

«Ich würde gern die an mich von Ihnen schon persönlich ge- stellten Fragen ausführlich beantworten, wenn ich es für op- portun hielte. Man muss auf die Zeit warten, wo von anderer Seite, nicht von den ausgesprochenen Gegnern des National- sozialismus, der Schleier von den Dingen, die Sie erwähnten, gezogen wird. Nur dann hat es eine Wirkung. Ich kann Sie versichern, dass viele an der Arbeit sind, auch im Ausland, diese Funktion auszuüben.»

Unser deutsches Volk aber steht nun erschreckt vor der Tatsache, dass Brüning sein Wissen ins Grab genommen hat. Wenn dem so ist, dann wächst die Schuld des früheren Reichskanzlers ins Unermessliche. Denn wir erfahren ja aus

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den neuen Veröffentlichungen, dass die Memoiren Brünings keinen oder nur einen überaus dürftigen Hinweis auf die Geldgeber Hitlers enthalten.

Hier handelt es sich um den archimedischen Punkt, um ein Kardinalproblem, das das Schicksal unseres Volkes weitge- hend bestimmt hat. Der Streit um die Echtheit der Erinnerun- gen wurde erwähnt. So liegt die Frage nahe; gibt es denn noch weitere, bisher nicht veröffentlichte Aufzeichnungen Brü- nings, die endlich Klarheit geben?

Wissen darüber etwa Frau Klare Nix, die Mitarbeiterin und Assistentin Brünings, und der Herausgeber der Memoiren, Professor und Prälat Dr. Theoderich Kampmann in Mün- chen, oder der T’estamentvollstrecker Rechtsanwalt Eulerich in Münster/ Westfalen Bescheid? Oder gibt es «Interessenten», die womöglich dafür gesorgt haben, dass entsprechende Auf- klärungen und Schriftstücke vor dem Licht der Öffentlich- keit bewahrt bleiben.

Es muss eine furchtbare Wahrheit sein

Immerhin bei näherem Zusehen ist die Äusserung Brünings «Man darf die Fährten nicht verwischen» doch nicht so negativ, als es auf den ersten Blick scheint. Wer verwischt die Fährten und hat ein Interesse daran, so zu verfahren? Es sind, wenn man es von der kriminellen Seite aus betrachtet, Schwerverbrecher, die alles darauf anlegen, die Fährten ihrer Untertaten zu verwischen und so eine Aufklärung zu verhin- dern. Daher ist die Bemerkung Brünings, jene Fährten nicht zu verwischen, sondern zu erhalten, nicht ohne Berechtigung, damit die Wahrheit, die furchtbare Wahrheit, die das Antlitz der Gorgo tragen wird, eines Tages doch offenbar wird.

Der Brief Brünings vom 5. März 1953 aber beweist, dass er in der Lage war, die an ihn gestellten Fragen ausführlich zu beantworten. Er wusste also viel, wenn nicht alles und hat es nur nicht für «opportun» (welch blasser Ausdruck!) gehalten, sein Wissen mitzuteilen. Weiterhin spricht Brüning davon,

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dass eines Tages «der Schleier von den Dingen, die Sie erwäh- nen, gezogen wird». Das ist doch recht vielsagend.

Hinter einem Schleier pflegen sich Geheimnisse zu verbergen, die das Licht der Öffentlichkeit zu scheuen haben. Und wer sind «die vielen, die an der Arbeit sind, auch im Ausland diese Funk- tion auszuüben», nämlich, «den Schleier von den Dingen zu ziehen».

Fragen über Fragen, die Beantwortung erheischen. Dass die Bekanntgabe der vollen Wahrheit einen starken Mut, einen leidenschaftlichen Wissensdrang, ein grosses Mass an Verant- wortungsgefühl, einen unbestechlichen Wahrheitswillen be- dingt, wer möchte daran zweifeln?

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IV. Walter Nelz: Was ist wahr im Fall Warburg?

Die Frage, welche Kreise und Kräfte es waren, die Hitler an die Macht gebracht haben, ist auch heute noch, nicht nur wegen der sogenannten Schuldfrage des deutschen Volkes, sondern auch wegen der richtigen Erkenntnis der politischen und geschichtlichen Realität unserer Zeit, von brennender Aktualität. Die grossen geschichtlichen und politischen Ent- scheidungen des 20. Jahrhunderts fallen grundsätzlich auf höchster, das heisst internationaler Ebene. Auch die Erschei- nung Hitlers ist nur zu verstehen, wenn man in ihm nicht nur den Exponenten deutscher, sondern internationaler Mächte- gruppen und Machtkonstellationen sieht. Hitler ist keine rein deutsche, er ist eine internationale Erscheinung. Es ist mehr als fraglich, ob Hitler innenpolitisch gesiegt hätte, wenn er in der Zeit seines Aufstiegs ausschliesslich auf deutsche Unter- stützung angewiesen gewesen